Griechenland: Die Rindomo Schlucht

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Mittags um halb 12 machen wir uns an den Abstieg in die Rindomo Schlucht. Die Uhrzeit scheint perfekt, jetzt erreicht das Sonnenlicht die tiefe Felskluft. Am Wegrand blühen wilder Safran und zarte Alpenveilchen, auf dem Boden liegen leer geschossene Schrotpatronen, die Jagdsaison hat begonnen.

Die ersten 2 Kilometer führen über knirschenden Schotter steil bergab, in mehreren Serpentinen. Nach einer Dreiviertelstunde sind wir an einem verfallenen Picknickplatz unter großen Platanen, meine Knie zittern leicht, Herbstlaub raschelt unter unseren Wanderstiefeln.

 

Dem Wegweiser folgend marschieren wir ins trockene Flussbett. Grobe Steine, aber gut zu gehen. Am Waldrand wächst wilder Salbei.

Immer größere Felsbrocken liegen uns im Weg, wir steigen drüber oder suchen den Pfad dazwischen. Baumwurzeln fließen über die Felsen, wie holzgewordenes Wasser.

Nicht lang und die ersten Kletterpartien kommen in Sicht. Wir stehen vor einer Felsbrockenwand, aber zum Glück sind Steighilfen in den Stein gehämmert. Na dann….klettern!

Es wird anspuchsvoller. Nicht immer ist der Weg auf Anhieb zu erkennen – wir schauen uns um, hier lang? Oder hier? Probieren links rum und rechts rum, bis wir den Aufstieg gefunden haben.

Selten gibt es Steighilfen. Manchmal sind sie durch Steinschlag demoliert und nicht mehr zu gebrauchen. Dann heißt es: improvisieren.

 

Manche Steine schimmern weiß-silbrig, metallisch. Das wir stellenweise klettern müssen, wußten wir aus der Vorbereitung auf diese Wanderung. Aber das nimmt hier echt Formen an, die Wegsuche ist spannend, aber zeitaufwendig. Wie lange geht das so weiter?

Die Sonne scheint auf die Felsen, entschlossen überwinden wir jedes Hindernis.

Entschlossen, aber auch schon ziemlich ermattet. Mittlerweile ist es sehr anstrengend. Wir keuchen und schwitzen. Wieder mal unschlüssig, prüfen wir, ob diese Höhle vielleicht weiterführt – nein, es muß einen anderen Weg geben…..wo denn?……wir sehen uns um…..vielleicht hier links rauf?

Nein, nirgends eine Möglichkeit diese Wand zu überwinden…..gibt´s doch nicht! Zurück zur Höhle….Oh!

Wir haben da was übersehen, direkt rechts neben der Höhle…

Leute! Ist das kräftezehrend! Und steil! Wir klettern und klettern…..

2 Stunden unterwegs, wir brauchen dringend eine Pause.  Auf einem sonnenwarmen Steinbrocken packen wir unsere Vesperbrote aus. Sehr weit voran sind wir noch nicht gekommen, der weitaus größte Teil des Weges liegt noch vor uns.

 

 

Halb 2, wir dachten, daß wir ungefähr die Hälfte der Schlucht jetzt geschafft haben müssten. Pustekuchen!

Gut, aber die Kletterei müßten wir doch jetzt langsam hinter uns haben. Laut Internetbeschreibung sollte es ja nur ein paar „leichte“ Kletterpassagen geben.

 

Vergiß es, es geht erst richtig los!

„Vielleicht muss man hier durchkriechen?“ Wieder mal ratlos stehen wir vor einer Felsbrockenwand. Ich probiere es aus…..nein, das ist eine Sackgasse. Also zurück. Zeitweise fühlen wir uns mächtig alleine hier zwischen den Felsen. Martin krallt die Finger in einen winzigen Felsspalt, zieht sich hoch, hier geht es weiter! Wie dankbar wir sind, als dahinter endlich mal ein ganz normaler Steinweg kommt. Endlich Erholung von der elenden Kletterei. War´s das jetzt? Haben wir es geschafft?

Nein, hinter einer Kurve wartet schon der nächste Aufstieg…

Sagenhaft, wie die Pflanzen sich in dieser Felsenwelt ihren Lebensraum erobern. Baumwurzeln umschließen die Steine, ergießen sich über den Boden, kräftige Finger krallen sich in die Felsen, die dicken Wurzeln verkanten sich wie mit langen Beinen….

Wir verkanten uns auch….aber mit müden Beinen…..

Den Stock hat jemand als Leiter aufgestellt, klasse! Leider biegt er sich so durch, daß er uns nicht weiterhilft. Über aufgetürmte Holzbüschel erklimmen wir den nächsten Steinbrocken, unsere Hände suchen Halt in den Felsspalten. An einer Stelle sind die Kletterhilfen rausgebrochen, wir stecken die Finger in die Löcher und ziehen uns hoch. Manchmal weiß ich nicht, wo soll ich drauftreten, wo mich festhalten, wie soll ich meinen Fuß da hoch bekommen? Hätte ich nicht die langen Hosen an, wären meine Knie schon längst aufgeschürft. Ist das noch „wandern“? Und es nimmt kein Ende……

Ganz schön kaputt….seit 2 Stunden kraxeln wir die Felswände rauf…..

 

 

Wieder eine Felswand mühsam überwunden, ich bin erschöpft.

Da scheint es plötzlich vorbei zu sein! Ein harmloser Pfad durch den Herbstwald liegt vor uns, über holperige Steine, aber wie angenehm läßt sich das jetzt laufen! Hoffentlich bleibt das so. Wir blicken zurück über die Schlucht, die Kraxelei scheint vorüber, Halleluja!

Halb 4, noch sind wir nicht durch. In eineinhalb Stunden wird es dunkel, bis dahin müssen wir es aus der Rindomo Schlucht hinaus geschafft haben. Hunger meldet sich, gerne würden wir eine Pause machen und unsere restlichen Brote aufessen. Aber wir wagen es nicht, wir liegen nicht gut in der Zeit und wollen lieber vorwärts kommen.

Die Wände rücken näher, durch ein Felsentor gelangen wir in eine Talenge.

Eine ganz andere Landschaft: von nun an begleiten uns hohe, von dickem Moos und Flechten überwachsene Felswände. Kühl und feucht ist die Luft, die Vögel warnen in der Klamm vor uns Wanderern. Der Durchgang ist bald nur noch spaltbreit, höchstens eineinhalb Meter. Manchmal können wir unsere Arme nicht mehr links und rechts ausstrecken. Vor uns am Boden liegen Steinbrocken, von oben auf den Weg gestürzt, hoffentlich kommt da jetzt nichts runter…..

Immer höher ragen die Wände empor, der Weg wird schmaler und dunkler. Und immer unheimlicher…..irgendwo plätschert Wasser, die Steine unter unseren Füßen sind nass und schlüpfrig….es geht hinein in einen finsteren Tunnel….

Hohl klingen unsere Stimmen, es ist gruselig. Und grandios!

Aus dem Dunkel hinaus taucht über uns die erste Brücke auf. Ein sehr gutes Zeichen, denn am Ende der Schlucht soll man zwei Brücken unterqueren. Dann wären wir fast angekommen. Über dem kleinen Wasserfall – eher eine kleine Dusche – schwebt die zweite Brücke, jetzt noch unter dem fetten Klemmblock hindurch…

Geschafft! Wir sind draußen! Was für ein Highlight am Ende dieser Schluchten“wanderung“!

 

 

Wir treten den Rückweg an. Linkerhand geht´s bergauf, über Stufen, Steine und Schieferplatten, immer dicht am Rand der Schlucht entlang. An beiden Brücken vorbei, immer weiter hinauf, Kurve um Kurve.

Schließlich verbreitert sich der Weg. Vor uns am Horizont setzt die Dämmerung ein, hinter uns ziehen tiefe Wolken über die Berge. Es wird kühl. Wir stapfen wie ferngesteuert vor uns hin, Schritt für Schritt, müde, erschöpft. Halb 5. Und noch lange nicht vorbei…..

Irgendwo dahinten unterhalb der kleinen Kapelle steht die Rappelkiste. Noch ein weiter Weg…..etwas Erschöpfungshysterie macht sich bemerkbar…aber wir laufen tapfer weiter, dem Sonnenuntergang entgegen. Nun beginnt es auch noch zu tröpfeln….

Nicht verzagen, weiter, weiter….im Wald knallen Schüsse, hoffentlich verwechseln uns die Jäger nicht mit Wild ….es wird dunkler und dunkler…..eineinhalb Stunden unterwegs, seit wir aus der Schlucht gekommen sind….wir taumeln weiter….

Da!!! Was schimmert da durch die Sträucher?

Die Rappelkiste! Hurra! Nur noch wenige Meter…..

 

 

Wir sind am Ziel!!! Geschafft!!

Welch unbändige Freude! Wir sind beide total kaputt, alles tut weh…..17:34 Uhr – nach 6 Stunden wandern und klettern haben wir unser Zuhause wieder erreicht.

Jetzt nur noch raus aus den Wanderbotten, trockene Sachen anziehen, hinsetzen und unsere restlichen Vesperbrote aufessen, wir haben so Hunger! Und ein guter Rotwein darf auch nicht fehlen…keine halbe Stunde später senkt sich tiefdunkle Nacht über das Tal, wir haben es gerade vor der Dunkelheit geschafft.

Stolz sind wir: wie oft haben wir heute vor den hohen Felsen gestanden und gedacht: hier kommen wir nie rauf! Zurück ging es auch nicht mehr. Und jedesmal haben wir einen Weg gefunden, uns hochgeangelt, durchgeschoben, gerutscht, gezogen, mit müden Muskeln und zitternden Waden. Das gibt einen feinen Muskelkater!

Rindomo – absolut großartig! Wenngleich auch wesentlich mehr Abenteuer und Bergsteigen als erwartet – für uns eine echte Herausforderung!

Liebe Grüße, bis bald!

Julia & Martin

Drink positive!

Auf Instagram: rappelkisteberlin

 

4 Antworten

  1. Helgaki

    Ich noch mal! Am 14.9.23 habe ich diese Schlucht nun als Highlight-Wanderung ziemlich am Schluss von meinem Urlaub in Angriff genommen. Und ich muss sagen: eine der besten Schluchten, die ich bisher gemeistert habe. Das hat richtig Spaß gemacht!!!! Ich war nur enttäuscht, als es plötzlich vorbei war mit der Kletterei… Och, schon um… schade! 😀
    Start 9:56 Uhr, Picknickplatz 10:20 Uhr, Ende der Schlucht 12:20 Uhr, zurück am Auto 13:27 Uhr. Summa summarum 3 Stunden und 31 Minuten

    • rappelkiste

      Chapeau! Dreieinhalb Stunden! Flott unterwegs!
      Wir denken gerade darüber nach, die Wanderung nochmal zu machen, macht so viel Spaß!
      Grüße! J&M

  2. Helgaki

    Danke für diesen anschaulichen Bericht und die hilfreichen Fotos! Plane u.a. diese Schlucht für September, aber es gibt sehr unterschiedliche Beurteilungen. Ohne Bilder… Deswegen war ich mir bislang unsicher, doch nach euren Bildern weiß ich nun, dass das schaffbar ist für mich 🙂
    Grüße aus dem Münsterland

    • rappelkiste

      Vielen Dank! Es ist kein einfacher Wanderweg, aber die Mühe lohnt sich auf jeden Fall! Viel Spaß!

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