Neujahrsmorgen, 1. Januar 2022
Badezeug an und Handtuch geschnappt: die Verabredung zum Neujahrsschwimmen steht!
Unsere Freunde sind skeptisch, ich habe auch Angst vor dem kalten Wasser, aber als Martin losrennt und kopfüber ins Meer taucht, sprinte ich hinterher. „EISSCHWIMMER!!!“ schreien wir beide aus voller Kehle, das Wasser ist kalt, aber längst nicht so ein Schock wie erwartet! Im Gegenteil: ist man erstmal drin, will man gar nicht mehr raus. Herrlich! Jetzt können auch die beiden anderen nicht länger widerstehen und springen ins Wasser.
Die Silvesternacht haben alle gut überstanden, das Bad hat alle Lebensgeister geweckt. Auf dem Frühstückstisch am Strand liegen frisch gebackene Brötchen, es ist warm und sonnig. Wir haben nicht viel vor, bleiben am Strand, dösen in der Sonne und lassen den Tag vergehen. Bodo gibt die Hoffnung nicht auf, wirft die Angel aus und verliert ein weiteres Mal die gesamte Blinkermontage an die Felsen……
Zum Sonnenuntergang wird das Neujahrsessen aufgetischt, ganz klassisch: Sauerkraut, Kartoffelstampf und Kassler. Schon vor ein paar Tagen haben wir die vegane Variante von „Kassler“ zubereitet und eingelegt. Ein alter Aberglaube sagt, daß man am Neujahrstag sehr viel Sauerkraut essen muß, um Geldsegen für´s neue Jahr heraufzubeschwören. Wir legen uns ins Zeug und futtern…
Nach einer kleinen Runde am Feuer gehen alle früh ins Bett.
Was ist denn das da am Spiegel?! Eindeutig zu lange geparkt, wir brauchen Fahrtwind – es geht nach Argolien!
Über Molai fahren wir ostwärts in die Berge. Eine wunderschöne Strecke abseits der Hauptrouten durch Bergdörfer mit dem Schneepanorama des Hochgebirges im Hintergrund.
Noch dominieren Olivenplantagen die Landschaft, aber je höher wir fahren, desto karger und steiniger wird es. Die Dörfer sind oft nicht mehr als ein paar einsam gelegene Bauernhöfe.
Höhenmeter um Höhenmeter hinauf, wir notieren einige schöne Pisten und Übernachtungsplätze für zukünftige Touren. Im Westen schimmert das Meer. Mit Gewehren bewaffnete Männer stehen am Strassenrand und warten auf Jagdbeute. Zum Glück gehören wir nicht zum Beuteschema….
Weiter geht es über eine felsige Hochebene auf fast 1000 Metern Höhe. Außer einer großen Ziegenherde, begleitet von mutigen Hütehunden, sehen wir keine Seele.
Von der Passhöhe hat man einen hinreißenden Blick auf den argolischen Golf. Von nun an geht´s bergab. Tolle Landschaft hier oben, wir müssen unbedingt wiederkommen und uns das genauer ansehen.
Handgemalte Schilder weisen den Weg. Im Dorf Peletá, bewacht von majestätischen Eichen, rücken die Hauswände auf Spiegelbreite zusammen.
Wir sind noch lange nicht unten an der Küste. In Pyrgoudi stoppen wir an der Kreuzung. Es gibt 2 Möglichkeiten: steil und direkt abwärts zur Küste schlingern oder mit Umweg, dafür entspannter? Kurze Beratung…..lieber entspannt.
Am Rand einer Schlucht entlang, die einspurige Strasse ist durchlöchert von Steinschlag. Gegenverkehr gibt es glücklicherweise kaum und wenn, dann einigt man sich schnell über die Vorfahrt, denn alle weichen uns sofort aus.
Unten liegt die Ebene von Leonidio, nur noch ein paar Kilometer Kurverei entfernt. Um ½ 2 parken wir im trockenen Flussbett zwischen der Stadt und dem Meer. Mittagspause.
Sonne satt, früher Nachmittag, Strand um die Ecke und Leonidio soll ja auch schön sein, vielleicht sollten wir bleiben. Nee, wir fahren weiter.
Die Strecke verläuft jetzt oberhalb der Küste. Einzelne, schicke Villen an den Hügeln, winzige Orte schmiegen sich um kleine Sandbuchten. Vielleicht sollten wir da für heute Feierabend machen? Winzige Orte und die Rappelkiste – eine bedenkliche Kombination. Wir sollten uns vorher genau ansehen, ob wir da überhaupt durchpassen. Und verschwindet hier nicht auch die Sonne schon sehr bald hinter den Bergen?
Erstmal weiter. Eine Ziegenherde rettet sich mit flinken Sprüngen von der Strasse hinter die Leitplanke, wir passieren mehrere Fischfarmen und eine große Kaktusplantage.
Bei Agios Andreas biegen wir spontan ab zu einem kleinen Hafen. Ganz zauberhaft! Wenn jetzt noch die Taverne geöffnet hätte….. ist aber leider zu. Wir drehen um.
Am späten Nachmittag erreichen wir Astros, genug für heute, am weitläufigen Strand stellen wir die Autos ab. Unsere Freunde radeln in die Stadt, wir lassen es ruhiger angehen und genießen die letzten Sonnenstrahlen am Strand. Bereits ab 17 Uhr beginnt es zu dämmern, wir sind weit im Osten des Peloponnes. Ein älteres Paar kommt vorbei und fragt, ob sie Fotos von der Rappelkiste machen dürfen. „It´s the dream of our son“ sagen sie, so ein Auto ist der Traum ihres Sohnes. Natürlich dürfen sie fotografieren, wir unterhalten uns ein wenig auf englisch und sie schenken uns ihre Tüte mit Orangen und Zitronen. Gerade aus ihrem Garten geholt, sagen sie.
Mit den Fahrrädern erkunden wir die hübsche Stadt und treffen unsere Freunde. Die Bars und Restaurants am Strand sind riesig, ganz auf Touristenströme eingestellt. Im Sommer muss es hier unvorstellbar voll sein. Etwas abseits finden wir ein uriges, sehr schönes Lokal mit Kaminfeuer. An den Tischen sitzen alte Männer, alle grüßen freundlich zurück, als wir den Raum betreten – hier sind wir richtig. Der Tisch am Kamin ist frei und gutes Essen haben sie auch noch.
Morgens um 7 Uhr 48 schaut die Sonne wieder über den Horizont. Das wird ein herrlicher Tag!
Astros gefällt uns sehr gut. Wir beschließen, zu bleiben. Bei einem Stadtrundgang entdecken wir im Hafenbecken einige Meeräschen und senden ein Foto an Bodo. Der Zugang zum Leuchtturm ist leider versperrt. Auf der Sonnenterrasse des „Armonia“ trinken wir einen Freddo Cappucino vor dem geschmückten Weihnachtsbaum. In der Apotheke fragen wir nach, ob unsere AMKA freigeschaltet ist, unsere temporäre Steuernummer. Ja! Der freundliche Apotheker schaut nach einem Impftermin in Kyparissia, aber er kann nur 10 Tage im Voraus buchen. Da müssen wir morgen nochmal kommen für unseren Wunschtermin.
Zurück am Strand legen wir uns in die Sonne, Bodo radelt zum Hafenbecken, mit der Angel im Gepäck. Doch die Fische haben kein Interesse an den Ködern, er kehrt später mit leeren Taschen zurück. Noch ein gemeinsames Abendgetränk, von den Bergen bläst ein kräftiger Wind – kalt – wir verziehen uns nach drinnen.
Morgens um 6 steht das Sternbild des großen Wagens direkt über unserer Dachluke. Der eisige Wind schläft ein, wir stehen auf.
Martin schaut draußen in der Sonne Skirennen. Zum Abendaperitif laden wir Jutta & Bodo ein, servieren selbst gebackenes Brot und Olivenöl dazu. Unser letzter gemeinsamer Abend, die beiden wollen morgen nach Nafplio und von dort gleich weiter nach Corinth und Patras. Zum Abendessen sitzen wir wieder im „Armonia“ am Kamin.
Später entscheiden unsere Freunde, noch einen Tag dranzuhängen. Prima!
Morgens starten sie früh Richtung Nafplio. Wir checken den Impftermin in der Apotheke. Die dauertelefonierende Apothekerin weiß nicht so gut Bescheid, der Computer gibt ihr Rätsel auf, die Martin für sie löst. Das Telefon weiter am Ohr bucht sie uns die gewünschten Termine in Kyparissia, wenn das mal gut geht….
An uralten, verdrehten Olivenbäumen vorbei gelangen wir auf die Küstenstrasse nach Nafplio.
Die letzten Kilometer führen an der Wasserkante entlang, im Dunst liegt die Bourtzi Festung. Im Hafen von Nafplio machen wir kurz Halt, dort stehen eine Menge Wohnmobile.
Wir fahren weiter zum Karathona Strand. Durch die wuselige Neustadt Nafplios hindurchgezwängt, düsen wir auf breit ausbegauter Strasse hinunter zur Bucht.
Einige Ausflügler haben ihre Picknicktische am Strand, ein paar Angler versuchen ihr Glück. Unter Womofahrern hat die Gegend keinen guten Ruf: die Polizei kassiert hier gerne mal 300,-€ pro Person, wenn man übernachtet. Warten wir´s mal ab.
Ein 4 Kilometer langer Radweg führt um den Berg herum nach Nafplio, unsere Freunde radeln los und wandern durch die Altstadt, ein Traumziel der beiden. Aber irgendwie funkt es nicht, ihre Erwartungen werden nicht erfüllt, sie kehren etwas enttäuscht zurück. Wir werden uns die Stadt später ansehen, auf dem Rückweg nach Kyparissia. Die Sonne versinkt hinter den Berge von Lakonien, es wird sofort spürbar kühler. Im Windschatten der Rappelkiste können wir es noch lange draußen sitzen.
Ein kleiner Jachthafen liegt am westlichen Ende der Bucht, morgens spaziere ich hin. Meeräschen stecken ihre Mäulchen in die Luft und suchen Futter. Keine Gefahr, Bodo hat das Angeln in Griechenland aufgegeben. Die Polizei fährt tags Streife und winkt uns freundlich zurück, keine Probleme.
Nun ist es soweit, nach einem weiteren Tag Verlängerung müssen unsere Freunde wirklich los. Ein außergewöhnlicher Sonnenuntergang läutet den Abend ein. Für das Abschiedsessen machen wir frische Nudeln, im Licht der Stirnlampen rollt Bodo den Teig und ich schneide. Dazu einfach Aglio/Olio und Salat, köstlich!
Die gemeinsame Reisezeit ist vorüber, im Morgengrauen startet der T4 mit unseren Freunden, ihre Fähre geht am Nachmittag. Danke euch für die lustige Zeit, die wilden Diskussionen und die schöne Reise! Wir sehen uns in Mecklenburg!
Für uns geht´s jetzt auf eine Pistenstrecke, quer durch die argolischen Berge.
Bis bald, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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