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„Ei du bischt doch a Kataschtroof!!“ schimpft unser Nachbar auf dem Campingplatz in Essaouira mit seinem kleinen Hund.
Wir sind schon früh abfahrbereit, heute wollen wir einen Strandplatz für ein paar Tage finden. Wir düsen auf die N1. Taxis kommen uns entgegen, allesamt Mercedes 123er, bei uns längst ausgemustert, hier in hellgelb oder leuchtend blau lackiert und mit mindestens 8 Personen besetzt.
An der nächsten Tankstelle sichten wir einen Steyr! Wir gehen in die Eisen, denn das ist Micha aus der Schweiz, den wir im Oktober beim Dani getroffen haben! Wir plaudern eine Weile, die beiden sind schon auf dem Rückweg, ihre drei Wochen Urlaub schon vorbei. Was für ein lustiger Zufall!
Weiter, die Strecke führt in unzähligen Kurven durch tiefgrüne Wälder, im Hintergrund ist das Hochgebirge zu sehen, weit geht der Blick über die Landschaft.
Dann prägen Arganbäume die Umgebung, die Ziegen klettern geschickt und trittsicher bis in die Baumkronen. Es gibt mehrere Frauenkooperativen die Argan – Produkte herstellen und vertreiben. Bei einer stoppen wir und schauen uns um. Die junge Verkäuferin ist sehr nett, wir bekommen Tee serviert und probieren alles, was sie produzieren. Orangenhonig, Argan- und Olivenöl, Amlou, die superleckere Mandelpaste. Vergesst Nutella! Auf dem Boden sitzt eine betagte Berberin, vor sich einen kindskopfgroßen, runden Stein. Argannuß drauflegen, mit einem kleineren Stein aufschlagen, fertig. Das läuft wie am Fließband. Das Öl ist außergewöhnlich köstlich und hat seinen Preis: ein Viertelliter kostet 75 MAD, ungefähr 7,50€. Wir kaufen Öl und natürlich auch ein Glas Amlou.
Gemüse brauchen wir auch, im nächsten Ort halten wir an der Durchfahrtstrasse bei den typischen Verkaufsbutzen. Neben dem Gemüsehändler eine Geflügelbude. Während wir unser Gemüse zusammensuchen, beginnt nebenan plötzlich ein Huhn verzweifelt um Hilfe zu schreien!! Schreit und schreit!! Tschock!! Knallt das Beil auf den Hackklotz….Ruhe….So frisch bekommt man bei uns kein Geflügel im Geschäft….
Brot, noch ein paar Kilo Orangen und Mandarinen vom Holzkarren, dann sausen wir weiter, lassen die Arganwälder hinter uns. Die Gegend wird kärger, ockerfarben. Bei Tamri sehen wir viele Autos auf einem Strandparkplatz, super! Total schön, weicher, feiner Sand, Surfer sorgen für Unterhaltung, wir haben unseren Platz gefunden! Stühle raus, ab in die Sonne!
Zum Sonnenuntergang leert sich der Parkplatz, ein paar Holländer mit Womos sind auch noch da. Ein junger Marokkaner spricht uns an, ob wir übernachten wollen. Das geht leider nicht. „Securité!“ Oh, nein! In den Bergen sind im Dezember zwei Touristinnen ermordet worden, seitdem räumt die Polizei den Strand am Abend. Wir müssen zusammenpacken. Die Holländer fahren nach Tamri in die Stadt, wir hoffen, in der nächsten Bucht weiter südlich stehen bleiben zu können. Ein paar Kilometer weiter sehen wir auf einer Klippe schon etwa zehn Wagen, die Dunkelheit fällt schon ein, okay, hier scheint´s zu gehen. Heftiger Wind schaukelt uns in der Nacht. Fantastischer Sternenhimmel über uns und ganz hinten am Horizont die Lichter von Agadir.
Aber wir wollen doch Strand?! Am nächsten Morgen, nach ca drei Minuten Fahrtzeit finden wir Aghroud Plage. Eine ganz kleine Ortschaft, quietschbunt in zitronengelb, giftgrün, pink und lila gestrichen an einem großen Strand, Müll inklusive, aber wir beschließen, das ab jetzt zu ignorieren. Die holländische Familie mit ihrem MAN-Truck ist auch schon da, sie erzählen, daß sie hier letzte Woche fünf Tage in Ruhe standen. Alles gut! Der Ort ist total niedlich, hat sogar zwei kleine Einkaufsläden mit allem, was man brauchen könnte, die Leute winken und lachen, sehr nett. Wir geben den wilden Hunden Wasser und richten uns ein.
Es ist Wochenende und die Marokkaner kommen an den Strand, bauen Feuerstellen, fangen an zu kochen, die Kinder rasen rum. Die Jungs gehen ins Wasser. Ein paar europäische Touristen auch. Ein merkwürdiger Anblick die Gegensätze: auf der einen Seite die Europäerinnen im Bikini und auf der anderen Seite eine Frau, die im schwarzen Nikab mit Handschuhen im Wasser steht.
Nach ein paar ruhigen Strandtagen ziehen wir weiter, schnell an Taghazout vorbei, das touristisch voll erschlossen ist. In Agadir kaufen wir nur ein, dann nix wie raus hier. Die Berberfrauen tragen große leuchtend farbenfrohe und wild gemusterte Tücher als Kleider, sieht ganz toll aus! Aglou Plage wurde uns oft empfohlen. Der riesige Camping sieht gut aus, aber nicht für uns heute. Im Ort mehrere Mobile auf einem kleinen Parkplatz. Hm…. so dicht an dicht….wir gucken mal am Strand. Eine große Kamelherde grast zwischen verwaisten neu angelegten Strassen.
Unten am Strand nix gutes zu finden. Lieber weiter. Unterhalb einer Paragliderstation rumpeln wir wieder auf die Klippe. Zwei Franzosen stehen da. Ah, sagen sie, vielleicht geht es für eine Nacht, der Paraglidertyp schickt immer sofort die Polizei, wenn hier mehrere Wagen stehen, sie haben eine Autorisation von Dorf. Irgendwie blöd. Weiter, bei einem kleinen Hafen stehen drei Womos. Wir fahren runter, bonjour, ah, nein, hier geht´s nicht, wir drehen einen Film, haben eine Erlaubnis, ihr könnt nicht bleiben, aber wartet kurz, wir brauchen euch als Kulisse. Was soll das denn? Wir finden´s blöd, machen aber fünf Minuten mit, dann – bedaure Madame – drehen wir um zurück zur Strasse. Das ständige „No Camping, no camping“ nervt. Es wird dunkel. So weit wollten wir gar nicht fahren. Bei Mirleft ein Parkplatz voller Womos. Unten ca zehn Franzosen in umgebauten großen Möbelwagen und Pferdetransportern. So elf Meter lange LKW´s. Dazwischen ein paar kleinere Lieferwagen. Oben normale Wohnmobile. Unten laute Musik, Superboxen, Soundgarden läuft, nicht schlecht denken wir und bleiben. Ein kleiner Junge ist der „Parkwächter“,20MAD ( ca 2,-€ ) will er haben, natürlich ohne Quittung, der Schlingel, egal, warum nicht. Das war ja mühselig heute! Marokko´s Küste macht´s uns nicht leicht. Zwei junge Österreicher begeistern sich für unseren Steyr, beim Bundesheer sind sie auch Steyr gefahren. Der eine fragt, ob wir nicht vielleicht noch einen Stiefsohn brauchen, dem wir die Rappelkiste vererben können. Unten wechselt die Musik auf Techno, wir befürchten eine Nacht mit musikalischer Beschallung, aber als es dunkel ist, endet auch die Musik.
Früh brechen wir wieder auf, irgendwo hier in der Nähe sollen spektakuläre Felsentore sein. Ziemlich genau in der Mitte zwischen Mirleft und Sidi Ifni stehen ein paar Mobile auf der Klippe, auch ein großer MAN Offroader. Abbiegen, hinfahren. Prima Platz! Die MAN – Leute, Sascha und Verena mit ihren beiden Kindern, sind total nett, alle anderen sind junge Franzosen, ein Italiener mit einer Elfmeterschrankwand, ich meine seinen Möbeltransporter. Trancemusik läuft. Mittags trudeln die anderen Franzosen von Mirleft langsam ein, der große Pferdetransporter voraus. Ein paar junge Marokkaner bauen Zelte auf. Jetzt wird´s voll. Einer der Franzosen kommt rüber, spricht gut englisch, wir plaudern. Ein älterer Marokkaner läuft vorbei, schimpft auf deutsch, wir seien zuviele, das sei sein Land, einer oder zwei okay, aber so viele!! Wir versuchen zu beschwichtigen. Bitte nicht schon wieder den Platz wechseln! Er zieht wieder ab. Pünktlich zum Sonnenuntergang ist die Musik aus, so wie gestern, prima!
Am nächsten Tag entdecken wir, daß wir praktisch direkt bei den Felsentoren von Legzira stehen, wir müssen nur die Klippe runterklettern. Ideal! Wir wandern los. Spektakulär!
Leider ist das zweite Riesentor vor ein paar Jahren eingestürzt. Wir müssen eine Klippe umrunden, dafür die Wellen abwarten, um nicht komplett nass zu werden. Dahinter kehren wir bald um, die Flut kommt und wir wären vom Weg abgeschnitten.
Wieder zurück wandern wir unten zum kleinen Dorf, Strandrestaurants mit Stühlen auf dem Sand, Surferherbergen, schön. Wir kehren ein, bestellen Tajine, gegrillten Fisch, Jus d´Orange. Nach 20 Minuten kommt jemand und wischt den Tisch ab, sehr freundlich. Nochmal 15 Minuten, unser Saft kommt. Dann eine Weile nichts. 20 Minuten, etwas Brot und Oliven werden gereicht. Der Kellner sehr, sehr freundlich. Dann wieder nichts. Wir fragen uns, ob der Fisch vielleicht erst geangelt werden muß? Schon mehr als eine Stunde warten wir. Unser Kellner sitzt nebenan mit Freunden auf dem Sand und spielt ein Abzählspiel. Nach einer weiteren halben Stunde, wir haben schon nicht mehr dran geglaubt, kommt unser Essen! Hurra! Hier kann man Geduld lernen! Das Essen ist gut, erstaunlich preiswert, ca 10,-€ für alles, dann wandern wir zurück zur Rappelkiste.
Sonnenuntergang, Juan, der nette Franzose von gestern, kommt rüber auf ein Weinchen. Kaum ist es dunkel, kommen plötzlich zwei PKW´s und ein Bagger auf die Klippe gefahren. Polizei. Oh no! Wir müssen alle gehen, sie wollen jetzt die Strasse bauen. Quoi?! Was?! Im Dunkeln?! Was ist das für ein Quatsch? Ein Blaulicht kommt noch angefahren. Wir sind total abgenervt, alle laufen durcheinander, die jungen Marokkaner sind blitzschnell in der Dunkelheit verschwunden….Diskussion. Die Polizisten sind verwirrt, keiner packt zusammen oder startet sein Auto. Stattdessen zünden ein paar Franzosen erstmal ein Lagerfeuer an, ein anderer beginnt Apfelkompott zu kochen. Wir wandern rum, unterhalten uns mit einigen Leuten, Julia aus der Schweiz kommt vorbei und sagt, wenn wir alle nicht fahren, können sie auch nichts machen. Wir bleiben. Der Baggerfahrer verliert die Lust und fährt zurück, die Polizei schreibt noch alle Nummernschilder auf, nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei, sie ziehen ab. Wir gehen rüber zu Tim und seinem Pferdetransporter, Musik geht an, überall Lagerfeuer, wir lernen die jungen Leute kennen. Später stellt einer eine Tajine auf den Tisch, Teller und Besteck gibt´s nicht, wir essen alle mit den Fingern. Total lustig, ein super Abend! Wir bleiben noch in Legzira…
Bis bald, viele Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Andreas Mathias Bull
Hallo ihr zwei Buletten, endlich ist es mir mal gelungen auf eurer Seite etwas zu verweilen. Als wir uns im November in Spanien kennenlernten war das auch unsere feste Absicht mit euch in Kontakt zu bleiben. Wir waren die mit dem Knaus neben euch. (Kerstin + Andreas) Wir denken öfter an euch und sind, da bleiben wir uns treu, immer noch etwas neidisch auf die Erlebnisse und Touren die ihr einfach macht. Bei uns gibt es außer viel Arbeit nur kaltes Wetter. Heute scheint die Sonne bei -3,5 Grad und kurze Hose ist nicht zu empfehlen. Kerstin ist zur Zeit in Berlin auf Familienrunde und ich werde gleich nach Bamberg starten und wieder versuchen etwas die Welt zu retten. Euch weiterhin eine geile Zeit, bleibt gesund und wir werden jetzt öfter mit euren Berichten und Bildern die Verfolgung in den Gedanken aufnehmen. LG bis bald mal.