Den halben Tag verbringen wir im Auto, es will nicht aufhören zu stürmen über Udabno. Dann wird´s endlich besser, wir ziehen die Jacken an für einen Spaziergang.
Der einzige Dorfladen gehört Alekos Mutter. Das Sortiment besteht aus Cola, Wasser, Bier in 2Literflaschen, ein paar Dosen und Wodka. In der Tiefkühltruhe liegt Brot. Tomaten hätten wir brauchen können.
Geradeaus geht es vorbei an der Schule und dem modernen Gemeindehaus.
Am Wegrand graben freilaufende Schweine den Boden um. So aus der Nähe und ohne Zaun sind sie ganz schön groß…
Außer uns und den Schweinen ist kaum jemand unterwegs.
Schließlich landen wir beim Oasis Club. Vor der Tür steht ein Klavier, es sieht einladend aus, wir kehren ein. Im Garten sitzt man windgeschützt in der Sonne, schön hier!
Der Wirt ist aus Polen und spricht sehr gut englisch. Über der Theke hängt die Speisekarte. „Sollen wir den Steyr holen und heute abend hier essen?“ fragt Martin. Sehr gerne!
Camping ist umsonst, wir erkundigen uns, wie lange die Küche geöffnet hat. Bis 22 Uhr. „Dann holen wir jetzt unser Auto und kommen wieder“ sagen wir. Als wir unser Bier bezahlen wollen, meint der Wirt: „das könnt ihr später machen.“ Klasse!
Gesagt, getan. Kurz darauf rollt die Rappelkiste auf die Wiese hinter der Herberge. Eine Gruppe junger Leute aus Österreich logiert hier und noch ein Paar aus Holland mit einem kleinen Offroader.
Zum Essen bestellen wir alles, was vegetarisch ist. Und Hauswein, rot und weiß.
Ein Fest! Rote Betesalat mit Ziegenkäse, Kürbissuppe. Imeretisches Khachapuri, ( ein mit Käse gefülltes, flaches Brot ) gegrillltes Gemüse ( unter anderem eine ganze Knolle Knoblauch ) gebratener Sulguni mit süßen Kirschen, Salat und zartschmelzendem Kartoffelpürree, ein Gedicht! Alles schmeckt soo gut! Wir schlemmen…..
Die Küche lässt uns Zeit zum genießen. Die Gerichte kommen optimal abgestimmt hintereinander. Nicht zu hektisch und nicht alles auf einmal. Super!
Zum Abschluß ein Chacha. Hui, das sind mal ordentliche Schnapsgläser! Mild rinnt er die Kehle hinunter…Gaumarjos!
Wir sind mehr als zufrieden. Den Oasis Club in Udabno können wir wärmstens empfehlen!
Ein Feuerwerk aus Pink und Orange am Himmel bekommen wir beim Sonnenuntergang noch dazu.
Bis morgen!
Heute fahren weiter in die Steppe hinaus. Bevor wir aufbrechen kaufen wir vom Hauswein, zweimal weiß, zweimal rot und ein Glas Erdbeermarmelade. Wasser können wir um die Ecke volltanken.
Gut ausgestattet starten wir auf die altbekannte Piste.
Martin hat seinen Leatherman verloren, vielleicht an unserem Wiesenplatz. Wir schauen dort nach, aber vergeblich, dort ist er nicht.
Die Piste führt weiter in die Grassteppe hinein. In dieser Richtung soll es Höhlenkirchen mit herrlichen Fresken und Mosaiken geben, so erzählten uns gestern die Holländer. Schwerer zugänglich als das David Garetja Kloster, deshalb auch ziemlich unbekannt. Das macht uns neugierig, die suchen wir jetzt.
Blau, Weiß und Grün sind die Farben des Tages.
Nicht immer ist der Pistenverlauf sofort zu erkennen. Zum Beispiel, wenn eine Schafherde auf den Fahrspuren lagert…
Was für ein Blick! Schier endlose Weite….
Ein einsamer Grabstein am Pistenrand, eigentlich sehr schön, hier begraben zu sein.
Tiefe Rillen, die Rappelkiste schaukelt und schwankt, gerät in Schieflage – die Spur passt nicht so ganz zur Reifenbreite. Schöne Piste!
Teilweise so steil runter, daß man nach vorne in den Gurt gedrückt wird. Tief eingesunkene Hufspuren deuten darauf hin, daß der Boden sehr weich ist. Hoffentlich sinken wir nicht auch….
Weit voneinander entfernt liegen einzelne Bauernhöfe. Wer die Einsamkeit sucht, ist hier richtig.
Obwohl man mit dem Pferd querfeldein auch bald in Udabno wäre.
Wir bleiben weiter auf Kurs. Es wird karg und wüstiger.
Doch schon hinter dem nächsten Hügel sieht´s wieder anders aus….
Nach einer Stunde Fahrt begegnet uns ein Auto. Huch! Gegenverkehr!
Ein Blick zurück über die Steppe…..
Schlagartig erstrecken sich nun Weizenfelder, wohin das Auge reicht.
Südlich verläuft die azerbaidjanische Grenze, man erkennt eine dünne Trennlinie. Vielleicht ein Wall oder eine Piste. Ferne Welt, die Grenze zu Azerbaidjan ist geschlossen. Offiziell wegen Corona.
So langsam denken wir über Feierabend nach. Wir stellen die Rappelkiste auf ein Plateau mit Rundblick und laufen ein bißchen. Traum Aussicht!
Wunderschön hier, aber das Gefühl stimmt nicht. Darauf hören wir immer. Wir suchen weiter.
Einen halben Kilometer weiter hebt ein Bagger neben der Piste einen tiefen Graben aus. Was hat das zu bedeuten?
Für uns bedeutet das auf jeden Fall: keine Zufahrt auf freies Gelände. Links Felder, rechts Graben. Und das über etliche Kilometer, wie es scheint.
Bei einem blühenden Distelfeld biegen wir nach links, erklimmen einen Hügel und landen vor einem Security Auto….
Die Männer machen gerade ein Päuschen. Nicht weiter schlimm, allerdings belegen sie die einzige Parkmöglichkeit.
Wir drehen um und fahren zurück. Unser Plan: hinter dem Bagger auf die Wiese fahren. Da hat er den Graben noch nicht ausgehoben.
Ha! Ausgetrickst! Auf die Idee sind auch schon andere gekommen, wie die Fahrspuren belegen. Wir rumpeln über die Wiese, schwenken nach rechts auf den Hügelkamm. Da hinten! Das könnte unser Feierabendbäumchen werden!
Wir halten, sondieren die Lage. Abfallendes Gelände, kaum Platz, um die Rappelkiste auch nur halbwegs gerade abzustellen. Nichts gegen etwas Schieflage, da sind wir unempfindlich, aber hier können wir die Treppe nicht ausziehen, die stünde dann auf dem Weg. Nicht gut. Ob wir noch ein Stück weiter nach vorn fahren?
Nein, wir wenden am Schräghang. Nur ein kurzes Stück des Weges zurück biegt Martin ab auf die Wiese neben dem Graben. „Hier ist es fast gerade! Ich hab´s!“ ruft Martin.
Es duftet nach Kräutern. Vom Himmel trillert der Feldlerchenchor, hier gefällt´s uns.
Plopp! Springt der Korken aus der Sektflasche!
Prost! Auf Dich liebe Jane!
Ein Hütehund interessiert sich sehr für die Rappelkiste, hält aber vorsichtig Abstand zu uns. Für uns die erste nähere Bekanntschaft mit einem dieser Riesen.
Es wird windiger und dunkler, Gewitter kommt von Westen herangezogen.
Bedrohliche Wolken, Donnergrollen, Regenfahnen in der Ferne. Unbeeindruckt davon blöken die Schafe und zwirbeln die Feldlerchen.
Ganz besonderes Licht – Sonne im Süden und tiefes Gewitterdunkel im Norden. Wie die Schafe leuchten!
Ein seltsam geteilter Himmel.
Schließlich fallen ein paar Tropfen, glitzernd im Sonnenlicht. Aber nur ein paar Minuten, während die letzten Tröpfchen fallen, scheint schon wieder die Sonne.
Drei Höllenhunde lassen kurz ihre Herde im Stich um uns zu besuchen. Freundliche Kerle, schwer bewaffnet mit martialischen Stachelhalsbändern.
Die Hütehunde haben einen gefährlichen Job. Um sie für Kämpfe mit Wölfen zu rüsten, bekommen sie die Ohren abgeschnitten und die Stachelhalsbänder umgelegt. So ist der Kopf und vor allem die Kehle vor Angriffen geschützt.
Abends reißt die Wolkendecke im Süden auf und schenkt uns einen phänomenalen Blick auf verschneite, hohe Berggipfel. Das müssen Berge in Azerbaidjan sein. Wir schauen auf die Karte. Könnte der Kaputdschugh sein, ein toller Name! Der ist es bestimmt.
Feuer frei für den Sonnenuntergang…
Wir gehen jetzt rein und kochen.
Morgen machen wir uns weiter auf die Suche nach den Höhlen von Sabereebi.
Bis dann! Liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
Jane gewidmet. Martin hast du das Leben geschenkt und mir damit zugleich das größte Geschenk meines Lebens gemacht.
Für immer in unseren Herzen.
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