Weil wir sonst nichts zu tun haben, ist heute Waschtag. Martin holt mit der Dax Wasser, das wir auf dem Herd erwärmen.
Ali bringt schon mittags unser arabisches Essen. Heute gibt es Dscheriesch. Wir heben es für den Abend auf.
Zum Wäsche spülen fahren wir zum Haus der Farmarbeiter. Als der Vorarbeiter sieht, das wir Wäsche machen, zeigt er uns seine Waschmaschine.
Hui, das ist ein anderes Leben. Das freundliche Angebot, die Waschmaschine zu nutzen, lehnen wir dankend ab. Wir haben ja schon gewaschen….zum Glück…..Aber klarspülen können wir in einem großen Bottich.
„Come, have Tea!“ Sehr sehr freundlich, aber wir haben vorhin die Küche gesehen….vielleicht ein anderes Mal….
Mal ganz ehrlich: es müsste nicht so aussehen. Selbst wenn die Ausstattung schlicht und minimal ist, könnte man ja auch mal putzen. Macht aber keiner, dann ist das eben so.
Munter flattert unsere Wäsche zwischen den Palmen im Wind.
Sonst gibt´s nicht viel zu tun. Wochenende in Deutschland, da geht nichts ab mit Spedition oder ähnlichem. Aldamer kommt vorbei, zum täglichen Plausch. Wir können die Tax-ID von seinem Freund Abdul nehmen. Wieder ein Problem gelöst. Aldamers Nichten kommen zu Besuch, wir plaudern ein Viertelstündchen. Ich frage, ob Frauen im Roten Meer baden gehen können. „No problem!“ Das klingt super, freut mich!
„Mit einer langen Hose und einem langen Shirt kannst du selbstverständlich ins Wasser, kein Problem!“ Oh…Aha….Die jungen Frauen sind lustig, sie studieren in Riyad, keine von ihnen trägt Abaya oder Gesichtsschleier. Aldamer hat erzählt, daß alle Leute mit Geld ihre Kinder von ausländischen Nannies aufziehen lassen, auf die International School schicken und möglichst im Ausland studieren lassen. Seine Tochter ist Managerin im oberen Bankmanagement einer großen Bank in Riyad. Darauf ist er sehr stolz. Die jungen Frauen bekommen irgendeine wichtige Nachricht aufs Telefon, kicher, kicher und verabschieden sich.
Mit einem kühlen Moussy genießen wir auf der Treppe den Sonnenuntergang
Zum Abend wärmen wir das Dscheriesch auf. Auch das ist köstlich. Wir werden rundum ausgezeichnet bewirtet.
Um Viertel nach 5 in der Früh begrüßt der Muezzin den neuen Morgen. Um 7 Uhr blinzelt die Sonne durch die Palmblätter.
Nachmittags kommt wie jeden Tag Aldamer vorbei, heute mit Mittelchen gegen Erkältung. Es ist schließlich Winter.
Wir zeigen ihm Fotos von der Rappelkisten-Rettungsaktion und den zwei Saudis, die uns so geholfen haben. „Ah! Abdullah Rahman und Abdullah Saud! Söhne vom Sohn meines Onkels!“ Aldamers Familie scheint ganz Judah zu bevölkern. Das Land gehört jedenfalls größtenteils ihnen.
Später besuchen uns ein paar Mädchen aus der Nachbarschaft. Sie wollen Fotos mit mir machen.
Für ihre Selfies stehen sie hinter mir und nehmen den Gesichtsschleier ab. Ich darf sie aber nicht ohne Schleier fotografieren. „No, no, my face!“ kichern sie. Ich soll irgendwie die Finger krümmen, sie zeigen mir wie…was wird denn das? Oh! Ein Herz! Wie süß!
Wir düsen zum Shop, Limo und Moussy kaufen. Ein Pickup hält, der Fahrer schenkt Martin eine Schachtel Pistazienkekse. Mit einer Spur Kardamom – sehr lecker!
Es wird jetzt nachts so richtig kalt, man könnte heizen. Der Nordwind bringt´s, heißt es. Soll bald wieder vorbei sein.
Vierter Advent. Endspieltag der Fußball WM in Qatar.
Der Türgriff der Beifahrertür ist abgebrochen, Martin bastelt ein Provisorium.
Eine letzte Wäsche, bei der Palme fließt Wasser. Leicht salziges Grundwasser. Schon in zwei, drei Metern Tiefe stößt man hier auf Grundwasser. Aldamer kommt zum daily check, heute mit einer Tüte Gurken.
Nachmittags satteln wir die Dax für einen Ausflug zu Judah´s Thumb. „Hättest du gedacht, daß wir mal mit der Dax in Saudi Arabien fahren?“ fragt Martin. Nein, sicher nicht! Ein irres Gefühl!
Vorbei am „little Village“ von Aldamers Familie, dort steht das Haus, in dem gegessen wird. Durch Judah hindurch auf die Wellblechpiste.
Aldamer hat uns erklärt, warum so viel Land eingezäunt ist. Zu viele Tiere, sagt er. Die großen Kamelherden fressen alles kahl. Früher war alles grün mit Büschen und Bäumen. Es gab viel mehr Wildtiere, Hasen und Füchse. Seit es immer größere Herden gibt, verschwindet die Vegetation und die Wildtiere. Dazu kommt, daß es seit zwei, drei Jahren kaum regnet. Durch die Zäune schützen sie das Land vor Kahlfraß. Und tatsächlich grünt es hinter den Zäunen.
Weit voraus sticht der Felsdaumen in den Himmel, noch ganz winzig. Rechts von uns die verhängnisvollen Red Mountains. Die kleine Dax saust übers Wellblech und arbeitet sich durch weichen Sand, wir fliegen nur so durch die Landschaft!
Da ragt er empor, der Riesenklops. Wird größer und größer
Beeindruckend. Jedes Mal.
Keine fünf Minuten später hält ein Wagen mt fünf jungen Saudis. „Hello! Come, have Tea!“ rufen sie uns zu.
Sie kriegen die Heckklappe ihres Autos nicht auf, kicher, kicher…. Einer wandert mit Holzbündeln links rum, der andere rechts rum. Noch mehr Gekicher….
Eine lustige Truppe, sehr nett!
Zuerst spricht nur einer englisch, dann trauen sich die anderen auch.
Fahad, Mohamed, Abdullah, Meschal und Moab. Meschal ist Kapitän auf Ozeanriesen und zeigt Fotos von seinem wunderschönen Araberpferd. Einer ist Doktor der Pharmazie, einer Soziologe und zwei machen was mit Medien. Sie haben in den USA studiert.
Fröhliche junge Männer
Das Wasser im Kessel kocht. „Abdullah is the best Tea Barista in Saudi Arabia!“ verkündet Fahad. Dampfend heißer Tee, wir nehmen ohne Zucker. Ein Glück, denn die Jungs schütten Unmengen an Zucker in die Becher. Ah….und noch ein bißchen mehr….
Eine Familie aus Südkorea kommt vorbei. Sie arbeiten bei einer Ölcompany. Fotostop….
Natürlich kennen die jungen Männer Aldamer. „He is my Uncle!“ Einer der Jungs raucht, wir sollen das auf gar keinen Fall Aldamer sagen! Wenn jemand sieht, daß er raucht, wird ihn keine Frau mehr heiraten wollen!!
Was machen die denn in den Tee?! Jetzt fangen wir auch schon an zu kichern!
Eine Stunde Geplauder und Heiterkeit, dann packen alle wieder zusammen. Vielen Dank für die schöne Teestunde! Hat sehr viel Spaß gemacht!
Die Dax bringt uns sicher wieder nach Hause. „Bye Bye!“
Gerade noch im Hellen tuckern wir auf die Plantage. War das ein lustiger Nachmittag!!
Nicht viel Zeit, das Endspiel beginnt in einer Stunde. Um halb 6 düsen wir wieder los. Stirnlampen beleuchten den Weg, das Daxlicht ist etwas schwächlich….
Das Zelt hell erleuchtet, noch keiner da. Fußball interessiert die Saudis nur ganz am Rande.
Aldamer kommt mit einer Riesentüte. „So….you are leaving tomorrow?“ Ja, wir reisen morgen ab, nach Hofuf zur Werkstatt. „I have some presents for you…“ Aus der Tüte zieht er einen langen, bestickten Mantel. Warm gefüttert. „This is a Farwah, it will keep you warm, it´s winter!“ Wunderschön!! Ich kann´s kaum glauben!
Für Martin hat er ein Bisht mitgebracht, ein weites Männergewand.
So viel Großzügigkeit! Wieder einmal wissen wir kaum, wie wir uns bedanken können….
Sehr berührend..
Das Endspiel beginnt: Argentinien gegen Frankreich. Es kommen ein paar Freunde, plaudern munter, gehen wieder. Außer uns interessiert sich eigentlich niemand für das Spiel. Ali serviert Tee, wir knabbern Datteln, prima!
Der erste Elfmeter für Argentinien ist an den Haaren herbeigezogen…
Frankreich spielt ideenlos…..Am Ende wird es doch noch spannend mit Verlängerung und Elfmeterschießen, dann die Entscheidung!
Argentinien ist Fußball Weltmeister 2023
„Come back, it was wonderful to have you here“ sagt Aldamer zum Abschied. Wir sollen unbedingt wiederkommen. Und Fotos von der Reise schicken. Und entspannt durchs Leben gehen, Inshallah! Falls wir im Oman Schwierigkeiten haben, sollen wir anrufen, er hat viele Freunde dort.
Wir bedanken uns vielmals und herzlich, es war eine fantastische, entspannte, erholsame Zeit auf der Farm. Unvergesslich.
Vielen vielen Dank Aldamer, für die herzliche Gastfreundschaft und Ali für das freundliche Lächeln und den guten Zitrone-Ingwer Tee.
Durch die kalte Nacht sausen wir zurück zur Rappelkiste.
Morgen rollen wir im Schneckentempo, spurstangenschonend, die 100 Kilometer bis nach Hofuf.
Bis dann, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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