Vormittags versammeln sich kurz vor 10 Uhr ein paar Leute an der Rezeption. Wir sind die Auserwählten…..
Gleich am ersten Tag unserer Reise hatten wir gefragt, ob wir den Maschinenraum besichtigen dürfen.
Nein, eigentlich nicht, hieß es. Vielleicht den Kontrollraum. Sie würden mal den Chefmaschinisten fragen. Vorgestern dann nahm uns der Rezeptionist beiseite. Ja, wir können den Kontrollraum sehen. Aber PSSSSST! Es können nur 10 Leute teilnehmen, es soll sich nicht rumsprechen. Super! Okay! Sehr konspirativ.
Jetzt fällt diese Versammlung natürlich auch anderen auf. „Warum steht ihr hier alle? Gibt es irgendwas Besonderes?“ Und schon sind aus 10 Leuten 16 geworden.
Der Chefingenieur holt uns ab, etwas irritiert über die vielen Leute….
Durchs Basecamp geht es in den Kontrollraum.
Uiuiuihh, die vielen Bildschirme und Leuchtknöpfe! 24/7 wird von hier aus alles überwacht. Nach dem Kapitän ist Chefingenieur Andreev der wichtigste Offizier an Bord.
Er erklärt, was wir da sehen. Welche Maschine gerade läuft, die Backups, die Stabilisatoren etc etc…Wir stellen viele Fragen. Das alles im Blick zu behalten! Überhaupt: stundenlang auf diese Bildschirme zu gucken, auf denen ja im besten Falle garnichts passiert….Hut ab!
Und dann kommt die Überraschung: wir bekommen Ohrstöpsel und die Warnung, daß es sehr laut und sehr warm wird und wir steile Treppen steigen müssen. Von wegen: nur Kontrollraum. Es geht in die Eingeweide vom Schiff! Maschinenraum! Hurra!
Abwärts in die Katakomben. Rechts geht es zum Küchentrakt und den Kühlhäusern.
Wir schwenken nach links, durch mehrere Schotts. Zuerst ins Kraftwerk. Ein gekühlter Raum. Hybridmotoren treiben das Schiff an.
Alles, alles, alles mehrfach abgesichert. Backups ohne Ende. Diesen Kontrollraum zum Beispiel, gibt es an anderer Stelle im Schiff noch einmal. Krass!
Andrey erklärt und beantwortet alle Fragen, sehr ruhig und geduldig. Das Schiff wurde in Helsinki gebaut, er war bei der Entwicklung der Schiffstechnik mit dabei.
Weiter geht´s, vorbei an der Werkstatt. Armlange Schraubenschlüssel.
Eine Treppe tiefer. Filteranlagen, Ölfässer, Schläuche, Kabel, Leitungen….langsam wird es wärmer und viel lauter
Andrey erklärt, inzwischen ist es so laut, daß man ihn kaum noch hören kann.
Wir sehen die Welle, die die Schiffsschrauben dreht, wow, ein Höllenlärm! Oben an Deck und in den Kabinen hören wir nichts davon. Kaum zu glauben. Nur ein sehr leises Summen.
Weiter durch das Maschinen- und Leitungslabyrint, wir haben längst die Orientierung verloren. Sind wir im Heck? Im Bug? Steuerbord? Keine Ahnung…
Durch einen Spalt im Boden sehen wir hinunter, hier schlägt das Herz. Wir steigen abwärts. Wie tief unter Wasser sind wir jetzt wohl?
Einer der vier Hybrid Diesel Elektro Motoren. Bis auf den Lärm etwas unspektakulär. Bei Schiffsmotor denkt man doch eher an hämmernde Ventile und jemand, der mit dem Ölkännchen daneben steht.
Weiter zur Entsalzungsanlage. Das gesamte Wasser an Bord wird aus Meerwasser gefiltert.
„In der Antarktis kann man das sehr gut machen, die Wasserqualität ist sehr gut. Vor afrikanischen Küsten machen wir das nicht.“ erklärt Andrey.
Als nächstes zeigt er uns die Kläranlage.
Ein Fettabscheider für die Küche.
Weiter hinten eine Zentrifuge, die Feststoffe aussortiert. Dinge, die nicht ins Klo gehören und trotzdem reingeworfen werden. Aus der restlichen braunen Brühe wird am Ende wieder glasklares Trinkwasser, wir können es in den Röhren sehen. „Das bekommt ihr aber nicht serviert“ versichert uns Andrey. Es wird zurück ins Meer geleitet.
Ein Schott, eine Treppe rauf, wir durchqueren die Wäscherei.
und befinden uns im verstärkten Bug, Polarklasse 6.
Hier endet nach einer Stunde unsere Führung. Super interessant war das, toll, das es möglich gemacht wurde!
Andrey leitet uns einige Treppen hinauf, vorbei an der Kabine vom Hoteldirektor. Durch eine Tür – zu unserer Überraschung landen wir in unserem Flur.
Prima! Und nu?
Ab in die Sonne! Lunch wird heute an der Poolbar serviert, asiatische Bowls. Alle lieben es, es bildet sich schnell eine lange Warteschlange.
Och, Schlange stehen….wir holen uns lieber Pizza.
Und Champagner….
Hinter diesen Gipfeln liegt Kap Hoorn. Es ist soweit: Einfahrt in den Beaglekanal.
Ein kleines Mittagsschläfchen in der Sonne…
Gegen 15 Uhr weckt mich Martin.
„Der Lotse kommt an Bord.“
Das ist schon abenteuerlich, wie der Lotse rauf zur Einstiegsluke klettert.
Ein Lotse für uns und einer für die SH Vega, die uns durch den Beagle folgt.
Backbord schauen wir auf Chile, Puerto Williams kommt in Sicht. Die südlichste Ortschaft der Welt. Aber keine Stadt. Der Titel „Südlichste Stadt der Welt“ bleibt in Ushuaia.
Dahinten, 1000 Kilometer entfernt, liegt die Antarktis.
Können wir nicht nochmal zurück und alles von vorn erleben?
Captain, bitte wenden!
Ach….seufz….wohl nicht.
Gegen 18Uhr sehen wir die Gipfel von Ushuaias Bergen am Horizont
Henri geben wir eines der kleinen Silberpferdchen. Für das Kunstprojekt unseres Freundes Nikolaus verteilen wir diese Pferdchen an nette Menschen, die wir auf der Welt treffen. Misael aus Rivadavia, der unsere Wasserpumpe restauriert hat, hat auch eines bekommen. Dieses soll an Bord bleiben. Henri ist begeistert von der Idee und wird es entweder auf der Brücke oder im Mannschaftsraum unterbringen.
Mit Portwein stimmen wir uns ein auf das Final Briefing
Das war unsere Reiseroute. Auf Shakletons Spuren, so toll…
Wir bekommen einen QR-Code für die Fotogalerie, die Rolfie, der Schiffsfotograf, von seinen Bildern erstellt hat. Während des Briefings reicht Henri einen Teller mit einem Krill herum. So winzig, Hauptnahrungsmittel so vieler wunderschöner Tiere. Mit Grauen erinnern wir uns an die Krillfischer, die tonnenweise Krill für Kosmetik und ähnlich unnötige Dinge abfischen….
Das war´s, das letzte Abendbriefing…good bye!
Im Anschluss wird eine Auktion veranstaltet. Richard moderiert, wie immer sehr lustig und mitreissend. Der perfekte Auktionator.
Die Flagge, die während der gesamten Reise vorn am Bug geflattert hat, wird für 850,-USDollar versteigert. Wow!
Als nächstes präsentiert Artem ein großes Bild, das Grace vom Service in ihrer knappen Freizeit gemalt hat. Auf einer Seekarte, signiert von allen Offizieren.
Für 500,- USDollar wechselt es die Besitzerin. „It´s a bargain!“ freut sich diese. Ein Schnäppchen.
Der Erlös geht in den Fond für alle Mitarbeiter an Bord.
Für den South Georgia Heritage Fond wird Whisky versteigert, Gläser und vieles mehr. Die Gäste sind außer Rand und Band und hauen die Dollars nur so raus…
Gegen 19:30 Uhr laufen wir in den Hafen von Ushuaia ein und legen an.
Schönste Abendsonne, Möwen kreisen über uns
der Schnee auf den Gipfeln ist inzwischen fast völlig abgetaut
Holá Ushuaia, erstmal ankommen…ein Gefühl zwischen Lachen und Weinen….
Viele der Gäste gehen von Bord um den Abend in Ushuaia zu verbringen. Wir nicht, wir verlassen das Schiff erst, wenn wir müssen.
Martin holt uns noch was zum aufmuntern….
Auf diese fantastische Reise!
Nichts könnte uns davon abhalten, noch einmal die ausgezeichnete Küche an Bord zu geniessen.
Heute Abend gibt es Büffet. Zum Wohl!
Vergoldetes Licht zum Sonnenuntergang um 21:30 Uhr
Ein wunderbar warmer Abend
Mit ein paar Leuten sitzen wir draußen auf den Sofas, plaudern. Zweieinhalb Wochen waren wir zusammen auf dem Schiff. Menschen aus Asien, Australien, Neuseeland, Europa, Russland, Nord- und Südamerika. Wir haben zusammen gelacht, Weihnachten und Silvester gefeiert, gesungen, getanzt und eine einzigartige Reise erlebt.
Aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir uns nie wiedersehen. Ein merkwürdiges Gefühl.
Alle sind traurig.
„Morgen früh geht´s zum Flughafen und übermorgen sitze ich in meiner Wohnung, das kann ich mir noch garnicht vorstellen, das geht viel zu schnell…“sagt Katharina. Alle sind überwältigt von den Bildern und Erlebnissen der letzten Wochen. Das müssen wir alle erstmal verarbeiten.
Weit nach Mitternacht entern wir unsere Kabine. Auf dem Tisch ein „Rotkäppchen-Gedeck“, Rotwein und Kuchen, der Kamin knistert vor sich hin… Die letzte Nacht an Bord im Hafen von Ushuaia.
Wir möchten garnicht schlafen, es soll noch nicht vorbei sein…..
Gute Nacht!
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Guten Morgen!
Um halb fünf beginnt für uns der Tag, wir müssen packen.
Pünktlich sitzen wir beim Frühstück, Agosto kümmert sich um die Koffer.
„Good morning, Madame Julia, Sir Martin.“ Agus reicht uns einen frisch gepressten Orangen-Karottensaft, wie jeden Morgen. Heiße Schokolade, French Toast, Eggs Sunnysideup, wir geniessen jeden Moment.
Abschied von allen, die uns mit so viel Aufmerksamkeit, Freundlichkeit und Lächeln so sehr verwöhnt haben.
Danke, Danke, Danke! Wir haben uns sehr wohl gefühlt an Bord.
Artem und Richard tragen uns die Koffer die Rampe runter.
Auf Wiedersehen SH Diana….
„Das ist nicht einfach“ sagt Henri zum Abschied „Gerade, wenn man so eine lange Tour gemacht hat und sich so an die Gäste gewöhnt hat“
„Wir beneiden dich“ sagen wir.
Dann nehmen wir unsere Koffer und rollern los.
Auf Wiedersehen!
Wenn es irgendwie geht, kommen wir zurück, um sie nochmal zu erleben, die unglaubliche Welt der Antarktis.
Das ist ganz sicher.
Bis bald, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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