Guten Morgen! Vom „Early bird buffet“ hole ich mir ein paar Weihnachtskekse
und mache es mir mit einer Kanne Tee am großen Fenster gemütlich. Das Meer und der Himmel sind tiefblau, die Bugwellen schäumen auf. Das Schiff schwankt leicht. Wir sind auf dem Weg nach Südgeorgien.
Diese Kekse sind so gut!
Südgeorgien: 837 nautische Meilen -> 1551 Kilometer ostwärts sind es von Falkland aus. Noch einsamer kann eine Insel im Polarmeer kaum liegen.
Wie entdeckt man so eine entfernt liegende Insel? Durch Zufall und schlechtes Wetter. 1675 verfehlte das Schiff eines englischen Kaufmanns seine eigentliche Route und wurde durch einen Sturm so weit nach Osten abgetrieben, daß sie schließlich überraschend in Südgeorgien ankamen. Niemand kannte davor diese Insel, sie gehörte allein den Tieren.
Um 9Uhr30 haben wir ein verpflichtendes Briefing: Biosecurity. Die Reederei Swan Hellenic ist Mitglied in vielen Umwelt- und Öko-Organisationen, die sich um das Polarmeer kümmern. Die Auflagen um Südgeorgien zu betreten, sind sehr streng. Kein Samenkörnchen, kein Sandkörnchen, kein Grashälmchen, nichts darf von woanders eingeschleppt werden. Behörden und Organisationen versuchen, die Flora und Fauna auf der Insel im Original wiederherzustellen und zu pflegen.
Drei Jahre hat es gedauert, um Ratten und Mäuse wieder auszurotten. Und noch heute sind Fallen aufgestellt, falls doch wieder welche an Land auftauchen. In Port Stanley war der Ratten- und Mäusesuchhund an Bord der Diana – er hat nichts gefunden.
Die Crew sitzt im Basecamp und putzt mit Zahnstochern die Profile unserer Muckboots. Den ganzen Tag über werden die Zodiaks gewienert, die Relings, die Geländer und die Böden nochmal extra gewischt, alles zusätzlich zum ohnehin täglichen Putzen nochmal gereinigt.
Wir sollen unsere Klettverschlüsse absuchen, unsere Handschuhe und Mützen, alle Kleidungsstücke. Deshalb sollten wir auch alle unsere Hosen waschen. Nichts, aber auch gar nichts darf an Land gebracht werden.
Um 12 Uhr haben wir Security Check, die Crew schaut alles nochmal genau durch, was wir an Jacken, Taschen, etc zum Landgang mitnehmen möchten. Das Thema wird sehr ernst genommen. Die Mütze einer Frau wird abgelehnt, sie hat eine Kaninchenfellbommel, die könnte Haare verlieren. Unsere Sachen bestehen die Prüfung.
Nach dem Lunch liegen wir auf dem Pooldeck in der Sonne.
Monica, die Vogelexpertin, entdeckt beim „Birdwatch“ einen Wanderalbatross. Mit 1,5 Metern Körperlänge und einer Spannweite von über 3,5 Metern der größte Albatross der Welt.
Ruhig segelnd zieht er seine Achten hinter dem Schiffsbug. Ich frage, wie und wann er schläft. „He is only doing Micronaps“ ist die Antwort. Während er segelt, schaltet er einzelne Regionen des Gehirns kurz auf Schlaf. Eines der Tiere weltweit, die am wenigsten schlafen. Aus der Luft kann er Fische, Tintenfische oder Krill riechen. Wittert er Beute, taucht er kurz ins Wasser und holt sich sein Futter. Immer nur sehr kurz, denn auf dem Meer ist er leichte Beute für die Jäger von unten. Sehr interessant! Es ist toll, diese Fachleute an Bord zu haben.
Ein wunderschöner Sonnennachmittag. Immer wieder springen wir auf, sehen Petrels und Albatrossen zu. „Whale!“ ruft jemand und wir rennen los, um sie blasen zu sehen.
Und wieder zurück auf die Liegen, etwas Weißwein schlürfen und ruhen, Martin hört den ganzen Tag Musik.
Um 18 Uhr ist Briefing in der Clublounge.
„Good evening Madame Julia, good evening Sir Martin!“ werden wir begrüßt. „Would you like a white Port?“ Man kennt inzwischen unsere Vorlieben….
Der Portwein ist kühl und tut gut, wir lauschen dem Programm für morgen. Einige Gebiete in Südgeorgien sind wegen Vogelgrippe gesperrt, warnt uns Brandon schon mal vor. Auch das Wetter ist knifflig vorherzusagen. Wir werden sehen. Ohnehin haben wir morgen noch einen Tag auf See.
Ab morgen werden alle Fenster und Türen verdunkelt. Wir dürfen abends in den Kabinen die Vorhänge nicht mehr aufmachen, wenn wir Licht anhaben. Immer mehr Seevögel sind jetzt unterwegs und das Licht würde sie nachts irritieren. Sollte ein Vogel auf dem Balkon landen, soll man sofort die Rezeption informieren. Das Team der SH Diana gibt sich große Mühe, soviel Rücksicht auf die Tierwelt zu nehmen, wie möglich.
Zeit für Dinner.
Die Vorspeise heute: ein pochiertes, frittiertes Ei mit Kaviar und Lachsstreifchen
Exzellent!
Eine samtige Pilzsuppe als nächstes
zum Niederknien gut….
Gefolgt von einem kleinen Waldorfsalat, frisch und knackig
Statt der angebotenen Tiger Prawns, bestellen wir bodenständige Linguine Pesto
Ist das heute wieder eine paradiesische Schlemmerei!
Abgerundet durch frisches Obst für Martin und Chocolate Brownie Icecream für mich
Perfekt! Eines zweiten Weihnachtsfeiertages würdig!
Nach soviel Genuss gehen wir hinauf zum Pooldeck, zum Sonnenuntergang.
Ein Albatross zieht seine Achterrunden
Es wird kalt. Wir setzen uns noch einen Moment in den Early-bird-room um der Sonne noch länger zusehen zu können.
Dann nochmal in die Clublounge auf einen Absacker. Dort werden wir sofort in das laufende Quiz integriert. „How big is it?“ moderiert von Richard. Und der ist ein begnadeter Moderator. Durch den Raum sind zwei Leinen gespannt, wir bekommen Papierfähnchen, die wir dann anknipsen sollen. Richard stellt Schätzfragen: zum Beispiel wie groß ist die Spannweite eines Albatross? 3,50 Meter haben wir ja heute gelernt. Aber wie lang sind 3,50Meter auf den Leinen? Schätzen ist angesagt…
Wie lang ist ein Seeleopard? Wie breit ist eine Walfluke? Wie groß ist der Anker der SH Diana?
Richard hat den Laden voll im Griff. Schnell sind wir mit Feuereifer dabei.
Bevor er zur Auflösung kommt, ruft der ganze Saal mit ihm zusammen:“How? Big? Is It?“
Die Stimmung ist super, es macht total Spaß!
Unser Team holt 2 Punkte, damit liegen wir auf Platz 2! Zusammen mit 2 Teams aus Singapur.
Um 23 Uhr hat Henri ein Starwatch anberaumt, wir schauen auf dem Pooldeck in den Himmel.
Es ist noch gar nicht richtig dunkel. Keine Sterne in Sicht. Dafür ganz schön kühl
Wir kuscheln uns lieber drinnen noch auf eine Chaiselongue und genießen noch einen schönen Wein.
Dieser ruhige Tag hat uns sehr gut getan.
Spät in der Nacht kommen wir zurück in unsere Kabine. Agosto hat wieder alles so schön für uns hergerichtet, liebevoll.
Der zweite Weihnachtsfeiertag geht zuende. Es war ein fantastisches Weihnachtsfest.
Wir fühlen uns einfach total wohl hier.
Dicker Nebel am Morgen, vielleicht 20 Meter Sicht.
Wie angekündigt werden alle Fenster verdunkelt.
Wir gehen zum Frühstück und danach sofort wieder ins Bett. Martin hat´s auch erwischt. Beide erkältet.
Zum Lunch stehen wir auf, danach lassen wir uns auf dem Pooldeck auf den Sonnenliegen nieder.
Schlafen, dösen, schlafen. Irgendwann nachmittags gehe ich in die Sauna. Zwei junge Frauen unterhalten sich, ich frage sie, welche Sprache sie sprechen. „Mandarin.“ Wir kommen leicht ins Gespräch, sie sind aus Singapur. Sehr nett. Sie sorgen sich etwas, denn „nobody likes chinese people“ – niemand mag Chinesen. Was soll man dazu sagen? Eigentlich kennt ja niemand chinese people. Hier an Bord sind sie alle sehr freundlich, aufgeschlossen und lustig. Aber sie bleiben auch sehr unter sich.
Außer uns dreien ist die Sauna leer, sehr angenehm.
Zum Abkühlen gehe ich ein Deck tiefer zum Pool. Den habe ich ganz für mich allein. Mein privater Swimmingpool mit Blick aufs Polarmeer!
Der Wind ist heftig, das Schiff schwankt heute etwas. Das Wasser im Becken schlägt Wellen, ein richtiges Wellenbad. Einfach klasse!
Noch eine Runde Sauna mit anschließend Whirlpool, dann ist es genug. Zurück in der Kabine trinken wir Kaffee und schauen aus den großen Fenstern.
Vor dem Abend-Briefing sitzen wir in der Clublounge bei kühlem Weißwein und einer spannenden Runde SkipBo.
Die Atmosphäre an Bord ist sehr locker, geradezu familiär. Alle fühlen sich hier wie zuhause, sehr entspannt:
„Gooood evening, Ladies and Gentlemen, goooood evening!“ Brandon beginnt mit dem Südgeorgien Briefing.
Wo genau geht´s hin?
Zuerst nach Gritvyken, zur ehemaligen Walfangstation. Der alte Shakleton liegt dort begraben.
Die Biosecurity Officer werden zuerst das Schiff inspizieren, dann wird uns jemand vom South Georgia Heritage Trust über ihre Arbeit berichten.
Anschließend gehen wir an Land. Sonnenschein und 1°C sind vorhergesagt, das ist außergewöhnlich gutes Wetter für Südgeorgien, erfahren wir. Wir haben Glück!
Nachmittags ist ein Ausflug nach Whistler Cove geplant, genauer in die Fortuna Bay.
Wohin die Weiterreise genau geht, welche Bucht wir ansteuern, ist noch nicht ganz klar. Das Wetter und der Kapitän werden das entscheiden.
Unser Programm im Detail:
SH Vega ist natürlich Quatsch, Brandon, du Schlafmütze!
Wieder viel vor, gut, daß wir diese zwei Ruhetage auf See haben.
Henri erklärt noch, warum wir heute morgen so dicken Nebel hatten. Das kältere Antarktische Wasser sinkt unter das wärmere, von Norden kommende Wasser. Die Temperatur fällt abrupt. Man nennt dies die „Antarktische Konvergenz“. Eine Zone, wie ein Ring um die Antarktis.
„Welcome to the Antarctic waters!“ verkündet Henri zum Ende seines kurzen Vortrags. „And Bon Apetit!“
Wie immer lassen wir uns Zeit und nehmen erstmal einen Aperitif an der Bar.
Dinnertime
Wir beginnen mit Pitabrot, Hummus und Auberginencreme
Darauf folgt eine fein abgeschmeckte Erbsencremesuppe
Während ich einen einfachen gemischten Salat wähle, entscheidet sich Martin für einen Melonensalat
Als Hauptgang gibt es für Martin Lachs auf Butternuss und Erbsen und für mich ein cremiges Rote Bete Risotto
Das Dessert:
Ein Pfirsichcrumble mit Zitroneneis für mich und ein Walnusseis für Martin
Jeder Gang wieder ein Gedicht! Absolut fantastisch!
In der Clublounge auf Deck 7 ist heute Disco Night. Eröffnet wird die Tanzfläche vom ältesten Paar im Raum: Madame Charlotte und Sir Robert aus South Carolina. Die beiden sind so nett, wir haben uns schon öfter unterhalten. Sie haben einige Jahre in Berlin gelebt, amerikanischer Sektor. Sir Robert spricht sehr gut deutsch.
Wir rocken vom Sofa aus mit…
Irgendwann ist es genug, wir machen uns auf den Weg zur Kabine, feiert noch schön!
Ich fühle mich leicht fiebrig, wir sind völlig kaputt….
Bis morgen, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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