Guten Morgen!
Draußen graue Suppe, nebelig. Null Grad. Es schneit dicke Flocken.
Türkisgrün schimmert das Eis durch das klare Wasser.
Einfahrt in die Paradise Bay. Die See ein Spiegel aus dunklem Glas
Das erste Zodiak fährt raus, winzig klein.
Wir stehen auf Deck und lassen Schneeflocken auf uns herabrieseln. Ein erster Blick auf die roten Gebäude von Brown Station. 1984 hat ein Arzt in der Krankenstation von Brown Station Feuer gelegt und die ganze Forschungsstation abgefackelt. Er war wütend, weil er die Station nicht verlassen durfte, um zu heiraten. Ob er wohl nach seinem Gefängnisaufenthalt geheiratet hat?
Das Zodiak zieht seine Bahn.
Alles wirkt so ruhig und friedlich, dabei ist es einer der gefährlichsten Orte der Welt
In Paradise Bay leben viele Seeleoparden.
Brandon hat uns auf die Zodiakausfahrt eingestimmt. „Es könnte brutal werden. Es könnten Pinguine durch die Luft geschleudert werden und Blut herumspritzen“
Wenn Seeleoparden jagen, sind sie nicht zimperlich mit ihrer Beute.
Nun denn…wir sind gespannt…
Ab in die Zodiaks
In der Buchtschwimmt sehr viel Treibeis.
Dr Artem steuert vorsichtig zwischen den Eisplatten- und plättchen hindurch zur Gletscherwand
Diese Eismassen! Wieviele Meter sind das?
Näher können wir nicht ran, wenn jetzt ein großes Stück abbricht, wird uns die entstehende Welle ganz schön mitnehmen.
Ein Eisfeld voller tiefer Spalten, 1000 zusammengefrorene Trümmer, milimeterweise schiebt es sich jeden Tag näher zum Wasser.
So klar, wir können sehen, wie sich die Eisschollen unter Wasser ausbreiten
Immer noch rieseln Schneeflöckchen auf uns nieder, wir nehmen das garnicht wahr
Verwischt im Dunst liegt unser Schiff, ganz schön weit weg
Eine Crabeater-Robbe ruht auf dem Eis. Kurz schaut sie zu uns rüber, dreht sich um und schläft weiter.
Auf dem schmalen Streifen Land stehen Gentoos.
Ein tiefenentspannter Seeleopard, hinter ihm hat es sich ein Gentoo bequem gemacht. Er weiß, daß ihm der Seeleopard an Land nicht gefährlich werden wird. Sie jagen nie an Land.
Ein Blauaugen-Kormoran fliegt direkt über uns hinweg. Die einzige Kormoranart, die in der Antarktis lebt. Sie sehen aus wie fliegende Pinguine
An Eispilzen vorbei steuert Artem hinüber zur Brown Forschungsstation.
Wunderschön spiegeln sich die roten Gebäude im Wasser
Unterhalb der Gebäude bevölkern Gentoos die Felsen, laut klingt ihr schnarrender Ruf zu uns hinüber
Ein Snowy Shiethbill schwebt vorbei
Rings um unser Boot springen Gentoos aus dem Wasser, so elegant…
Artem steuert an der Station vorbei zu den Nistplätzen der Blauaugen.
Die Felsen sind mit bunten Flechten und Moosen bewachsen
Überlebende aus Gondwana, erklärt uns Artem. Dieser Superkontinent verband vor 200 Millionen Jahren Australien, Afrika, Indien und Südamerika. Als er langsam auseinanderbrach, driftete ein Teil Richtung Südpol – die Antarktis. Versteinerte Reste von Südbuchen erinnern daran, das dieser Kontinent einst grün und bewaldet war. Diese Flechten und Moose sind die einzigen Pflanzen, die die extreme Klimaveränderung überlebten.
Auf jedem kleinen Felsvorsprung nisten Blauaugen. Eine enorme Geräuschkulisse. Ein lautes, hohes, Glucksen, Zirpen. Ständig fliegt einer der Kormorane an oder ab, mächtig was los hier.
Bis zu 5 Eier legen sie, in manchen Nestern drängen sich 3 oder 4 Küken, viel Arbeit für die Elternvögel.
Die Kleinen trainieren ihre Flügel. Bald fliegen sie los. Blauaugen leben ganzjährig in der Antarktis. Sie überleben Winterstürme und Kälte bis zu -40°C und niedriger. Viel Schutz bieten ihre Nester nicht.
In den Felsen entdecken wir hellgrüne Einschlüsse. Kupfer?
Wir fragen Artem. „This is Malachit“
Malachit im Muttergestein haben wir noch nie gesehen
Das Wasser ist so ruhig und klar
Wunderschöne Spiegelungen
Artem macht uns auf das Sirren der Küstenseeschwalben aufmerksam. Von allen Zugvögeln fliegen sie die längsten Strecken. Vom Nordpol bis zum Südpol und zurück, jedes Jahr, je nach Route mehr als 30.000 Kilometer für eine Strecke. Mit Sensoren ausgestatte Seeschwalben flogen bis zu 96.000 Kilometer in einem Jahr. Wir kennen sie inzwischen gut als Begleiter unseres Schiffes auf hoher See.
Langsam dreht unser Boot ab, von der Küste wieder zwischen die Eisschollen
Artem lässt uns Zeit, wir können die Eislandschaft voll genießen.
Jeder für sich ein Kunstwerk
Etwas überziehen wir heute die Ausflugszeit – Danke Artem!
Dann geht´s flott zurück zum Schiff.
Das sich wunderschön im Wasser spiegelt
Durchsage vom Captain: die Einstiegsluke steuerbord wird geschlossen, zuviel Treibeis. Wir kurven einmal ums Schiff herum, auf dieser Seite dümpelt nicht ein Eisbröckchen
Ein toller Ausflug! Kein Pinguin ist blutüberströmt durch die Luft geflogen. Die See-Leoparden waren alle satt. Ein Glück!
Während des Lunch verkündet Brandon eine Planänderung:
wir haben eine Einladung auf das antarktische Festland! Etwas ganz Besonderes. Zivilpersonen dürfen nur mit einer Einladung von einer Militär- oder Forschungsstation das Festland betreten. Eine chilenische Militärbasis hat uns eingeladen, Brandon ist hörbar stolz darauf.
Eine kurze Pause in der Kabine
Dann steigen wir wieder in voller Montur die Treppe zu den Zodiaks hinab. Zuerst mit den Stiefeln durch ein Desinfektionsbad, dann ins Boot.
Und sausen Richtung Festland
Das Anlanden ist ziemlich schwierig, die Holzplanken zur Station sind etwas zu hoch, wir müssen mit der passenden Welle aussteigen
Tadaahh!
Wir betreten den antarktischen Kontinent!
„Von hier aus sind es noch 1200 Kilometer in westlicher Richtung bis zum Südpol“ verkündet Richard, falls sich jemand auf den Weg machen möchte….
Wir laufen erstmal mitten durch eine große Gentoo Kolonie. Geschätzt an die 2000 Tiere. Es riecht streng nach Pingu-Schiete
Die Steinenester sind stabil gebaut und sehen ganz bequem aus.
Weiter oben stehen die Gebäude der Militärstation Gabriel Gonzales V.
Auf einem betonierten Pfad gehen wir hinauf zur Station.
Vor der Tür stehen grobe Bürsten und Wasser, zuerst müssen die Stiefel gesäubert werden. Drinnen führt eine sehr steile Treppe zum kleinen Aussichtsturm
Und das gibt es von dort aus zu sehen:
Bei Sonnenschein muss der Ausblick grandios sein…
Wieder runterhangeln…
Rüber zur Sala Historica
Drinnen hängen alte Fotos an den Wänden. In der Mitte des Raumes sind ein paar Tische aufgebaut, dort verkaufen die Militärs Aufkleber und Postkarten. Sehr beliebt sind die Urkunden, das man das Festland betreten hat. Die werden tatsächlich von vielen gekauft….
Wir schicken zwei Postkarten auf die Reise
Ob die wohl jemals ankommen?
Draußen weht die chilenische Flagge, ein bunter Farbklecks im Grau. Die Pingus sind total eingesaut vom Matsch.
Wir beenden unseren Rundgang um die Station
und gehen lieber wieder Pingus gucken.
Ein weißer Strahl Pingu-Schiete fliegt durch die Luft, abgeschossen mit ordentlich Druck
Tut einem schon ein bißchen leid, wie sie hier durch die Pampe stapfen. Ihr schönes, perlmutschimmerndes Federkleid total eingesaut und dreckig.
Sie sind immer beschäftigt.
Die Nester werden laufend optimiert, ständig werden neue Steinchen herbeigetragen und eingefügt.
Manch einer klaut auch dreist beim Nachbarn. Erstmal unauffällig umsehen…dann schnell versuchen, ein Steinchen vom Nachbarnest zu ergattern und schnell weg..
Klappt nicht immer, die Nestbewohner passen auf! Erwischt!
Die Gentoos brüten. Die Eier in den Nestern werden immer wieder gedreht und zurück in die Nistfalte geschoben. Alles begleitet von lauten Rufen
Die Paare wechseln sich ab. Eier bebrüten, Nest optimieren, sich waschen, auf die Jagd gehen, immer im Wechsel.
Winzig klein summen die Zodiaks hin und her. Sieht aus, als zögen sie den Eisberg hinter sich her
Für uns wird´s schon wieder Zeit zurück zum Boot zu gehen
Tobi steuert, vorbei an den Gletschern mit ihren Spalten und Rissen. Wir passieren eine Eisscholle mit Swimmingpool in der Mitte.
Wieder an Bord der Diana. Das Abendbriefing wird kurz verschoben, damit alle die Gentoos auf dem Eisberg bewundern können.
Zwei Pinguine tun uns den Gefallen und springen vom Eis ins Wasser
„Oh! They jump! They jump!“ Wir sind alle völlig begeistert
Es ist spät geworden. Wieder an Bord hören wir uns in der Clublounge einen kurzen Vortrag über Phytoplankton an. Geschätzt 50 – 70% des Sauerstoffes in der Atmosphäre wird von Phytoplankton produziert. Hochinteressant! Vom All aus kann man Phytoplanktonwolken sehen
Tobi trägt noch etwas über Mikroschlaf vor. Pinguine schlafen pro Stunde bis zu 600mal für Sekunden ein. Mehr Schlaf können sie sich in ihrer gefährlichen Umgebung nicht erlauben. Insgesamt kommen sie mit den Micronaps auch auf bis zu 12 Stunden Schlaf. Wir haben das oft gesehen, wie sie für Sekunden einnicken.
„Don´t let a penguin drive your car!“ rät er am Schluss.
Dann beginnt Brandon mit dem Abendbriefing.
Für die Fahrt zum Lemaire Channel ist es zu spät, sie wird auf morgen verschoben. Wär auch echt ein bißchen zuviel gewesen für heute. Gut so.
Über Nacht werden wir hinaus auf die offene See in die Sturmausläufer schippern, den Schutz der Inseln verlassen. Es wird etwas unruhig werden. Wir müssen Frischwasser bunkern. Das gesamte Wasser an Bord, auch das Trinkwasser, wird aus Meerwasser gefiltert. Krasse Vorstellung, daß wir seit zwei Wochen Meerwasser trinken. Man schmeckt es überhaupt nicht raus, kein bißchen salzig oder irgendwie anders. Eine fantastische Filteranlage.
Unser Programm für morgen früh:
Okay, um 8 Uhr in die Zodiaks.
Mittags gehen wir an Land auf Petermann Island, dort leben Adelie Pinguine.
Schneefall und 7knots Wind. Knapp 13km/h. Nicht so toll, aber was soll´s…
Dinnertime, wir lassen den anderen wieder den Vortritt.
Die Sonne richtet einen Lichtstrahl auf einen einzelnen Eisberg.
Draußen ist ganz großes Kino, wir stehen an Deck und bewundern die dramatischen Wolken und das Licht
Manchmal kommt es einem wirklich vor wie mitten in einem Film
Kaum zu glauben, ist das wirklich echt?
Schon Tag 14 morgen….es geht alles viel zu schnell…
Zeit für den Aperitif. Zum Wohl!
Unser Dinner startet mit einer Lachs-Ceviche mit Avocado
Wir lassen Suppe und Salat ausfallen.
Stattdessen für Martin gebratenen Lachs mit Pommes
und für mich Linguine mit Tomatosauce
Mal was einfaches. Diese Gerichte stehen immer auf der Karte und heute ist uns genau danach zumute
Zum Dessert ein Schokoladenkuchen für Martin
und ein Apfelstrudel mit Vanilleeis für mich
Perfekt!
Ganz schön müde. Wir nehmen noch einen Rotwein mit in die Kabine vor den Knisterkamin.
Was für ein herrlicher Tag!
Ich schlafe schon tief und fest, als Martin sich nochmal Nachschub holt
Gute Nacht, bis morgen früh!
Liebe Grüße, Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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