Noch am Vormittag verlassen wir St.Andrews und nehmen Kurs auf Royal Bay.
Königspinguine springen aus dem Wasser, holen kurz Luft, bevor sie wieder tauchen.
Wie Torpedos sausen sie dahin. Schwärme von Seeschwalben begleiten uns, ein Finnwal bläst und zeigt uns seinen runden Rücken.
Das wird zu kalt, Martin ruht etwas aus, ich setze mich in die Clublounge.
Immer mehr Eisberge ziehen vorbei, da muss ich doch wieder raus
Das Meer von einem intensiven dunkelblau, riesengroße Eisinseln in strahlendem Weiß und leuchtendem Eisblau
Winzig kleine Bröckchen schaukeln im Wasser
Ein kleines Gespenst reitet auf einem Hirsch und winkt herüber
Eine Durchsage: wegen des starken Windes wird Royal Bay aus dem Programm gekippt. Die Wahrscheinlichkeit, Zodiaks anzulanden, geht gegen null. Nächster Versuch: ein Zodiakcruise durch den Drygalski Fjord, gleich nebendran.
Klingt auch gut.
Die Bergwelt Südgeorgiens sind so beeindruckend.
Eisberge überall, von fern ziemlich klein, aber je näher wir kommen, desto höher wachsen sie empor
Da kommt die Einfahrt zum Drygalski Fjord in Sicht.
Zugestellt mit gigantischen Eisblöcken.
Obwohl die SH Diana Polarklasse 6 hat, entscheidet der Kapitän gegen eine Einfahrt in den Fjord. Die Eisberge sind zu mächtig. In der Regel schwimmt nur 10% ihrer Masse oberhalb des Wassers, man kann sich vorstellen, wie weit sich diese Eisberge unter der Wasseroberfläche ausbreiten. Es wäre kaum ein Durchkommen.
Ungewöhnlich viel Eis für diese Jahreszeit, erklären uns die Experten an Bord.
Keine Royal Bay, kein Drygalski Fjord. Sehr schade, aber nicht zu ändern.
Statt Fjordfahrt -> Kurs aufs offene Südpolarmeer.
Auf Wiedersehen Südgeorgien, du hast unser Herz mit Leichtigkeit erobert.
Hoffentlich sehen wir uns irgendwann einmal wieder…
Die Eisberge aus dem Fjord begleiten uns
Eisberge von nahem zu sehen ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Dieses Spiel zwischen weiß und blau, diese einzigartigen Formen, jeder ist anders, verändert sich mit jedem Lichteinfall und mit jedem Meter, den man sich daran vorbeibewegt.
Kein Foto wird dem echten Erlebnis gerecht.
Südgeorgien wird immer kleiner
und verschwindet schließlich ganz
Kurs auf Elephant Island.
12 Uhr, Lunchtime.
Danach sinken wir ermattet in die Betten, verpassen alle Vorträge und tauchen erst zum Briefing-Aperitif wieder auf.
Brandon erklärt nochmal, warum ein paar Ausflüge heute nicht geklappt haben. Und haut gleich noch eine Planänderung raus: die Fahrt ins Wedellmeer klappt auch nicht. Sehr hohe Windgeschwindigkeiten, sehr hohe Wellen und sehr schlechtes Wetter toben dort.
Schade, darauf hatten wir uns so gefreut. Aber das Südpolarmeer ist eben kein vorhersehbar zu bereisendes Gebiet. „Flexibility“ bleibt das Schlagwort
Dann lüftet er das Geheimnis um das kommende Ziel der SH Diana:
wir werden A23a suchen, den größten Eisberg der Welt.
Großer Jubel im Publikum.
So groß wie Mallorca. 1986 vom Schelfeis abgebrochen, mit einer russischenForschungsstation oben drauf. Die wurde dann schnell woanders hin verlegt.
2023 setzte sich der A23a in Bewegung, nachdem er jahrzehntelang am Grund festsaß.
Seitdem treibt er langsam nordwärts, in wärmere Gewässer und taut ab. 3900 Quadratkilometer hat er noch, aber er beginnt auseinanderzubrechen. Es ist die letzte Chance, ihn zu sehen. Die Diana wird einen kleinen Umweg steuern, um seine Route zu kreuzen. Morgen früh gegen 5 Uhr sollten wir ihn erreichen. Sehr spannend.
Danach werden wir nach Elephant Island fahren.
Brandon stimmt uns nochmal auf das zu erwartende schlechte Wetter um die Insel ein. Wir werden sehen.
Der Nachmittag auf See ist wieder voller Termine.
Dann gibt er weiter an Dr. Artem.
Artem zeigt uns die Route des kleinen Rettungsbootes, mit dem Shakleton und die fünf Männer in See gestochen sind, um Hilfe in Südgeorgien zu finden. Unglaublich mutig.
Der damalige Schiffsfotograf hat ein Foto vom Aufbruch der Männer gemacht.
Damit 1300 Kilometer auf das offene Meer hinauszusegeln, zeigt nicht nur den Mut sondern auch die schiere Verzweiflung der Männer.
Tobi erläutert anschließend das „Sensed presence phenomenom“. Das Gefühl der Anwesenheit einer unsichtbaren Person, die begleitet und motiviert. Shakleton und die Männer, die ihn auf dem Marsch quer durch Südgeorgien begleitet haben, beschrieben dieses Phänomen. Viele Menschen in Extremsituationen berichten auch in heutiger Zeit darüber.
Als letzter hat Henri noch eine Frage aus dem aufgestellten Zettelkasten zu beantworten. Jeder kann seine Fragen auf einen Zettel schreiben und dort reinwerfen.
Heute zum Beispiel geht es um eine ungewöhnliche Sache: „Gibt es Elefanten auf Elephant Island?“
Henri erklärt, daß er selbst dort noch nie welche gesehen hat, aber:
„Dieses Foto hat mir ein Kollege von seiner letzten Tour gesandt“
Auf dem großen Bildschirm erscheint das Foto von zwei Mammuts zwischen Eisbergen.
Großes Gelächter von allen.
Damit verabschiedet er uns zum Dinner.
Mal wieder erstklassig.
Eine gefüllte Zwiebel als Vorspeise
Artischockensuppe mit Pistazien als zweiten Gang
Der Salat heute: gemischtes Grün mit gebratenen Auberginenwürfeln
Hauptgang:
Regenbogenforelle mit Kapern, auf Chicoree, göttlich!
Das abschließende Pistazieneis korrespondiert farblich perfekt mit dem Rotwein
Grandios! Wir sind begeistert, wie jeden Abend!
Einige Tische sind heute Abend leer geblieben. Das Schiff schwankt nach links, rechts, rauf und runter, ziemlich starker Seegang.
Uns macht das nichts, zum Glück.
Inspiriert vom Pistazieneis koste ich oben in der Clublounge einen Minzlikör. Mit „Eisbergen“ drin….
Sieht krass aus. Martin bleibt beim Cognac.
Der Minzlikör wird nicht mein Lieblingsgetränk.
Während ein wirklich interessanter Film über die Expeditionen von Amundsen, Scott und Shakleton gezeigt wird, schlafe ich auf dem Sofa ein.
Es war ein langer Tag…
Dieses Licht heute morgen, die Königspinguine und die vielen, vielen Eisberge….
Ein wunderschöner Tag!
Gute Nacht!
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Schon wieder sehr früh auf.
Es geht auf 5 Uhr, bald sollten wir den A23a sehen können, den größten Eisberg der Welt. Im Moment wabert draußen eine dicke Nebelsuppe.
Schwarz-weiß-Foto-Licht.
Die See ist rau heute morgen. Manchmal zittert das ganze Schiff, wenn die Wellen dagegendonnern.
Kapsturmvögel segeln neben uns her.
Eigentlich sollten wir A23a jetzt erreicht haben…..wir halten Ausschau…
Da! Am Horizont! Etwas blaues schimmert durch den Nebel! Ganz klein, weit weg
Und schon ist es verschwunden. War´s das? Unser Blick auf A23a?
Vielleicht kommt noch mehr. Immerhin, ein bißchen was haben wir vom größten Eisberg der Welt gesehen – oder erahnt….
Kurz darauf treiben immer mehr kleine Eisstücke im Wasser, Bruchstücke vom A23a.
Es donnert, als die Diana größere Eisblöcke rammt.
Vielleicht sieht man draußen mehr. Im Seemannsgang schwanken wir nach oben, es schaukelt heute heftig.
Saukalt und die Sicht ist auch nicht besser. Lieber wieder rein. Wir setzen uns mit Kakao in die Early bird lounge
Schimmert da nicht eine Eiswand am Horizont? Da ist doch was im Nebel, eine ganz zarte bläuliche Linie…..
Das ist er bestimmt!
Richard und Alison vom Expeditions Team kommen von der Brücke. „Wir waren so kurz vor der Durchsage, daß man ihn sehen kann und dann zog der Nebel rein!“ Sie ärgern sich richtig. „We were so close!!“
4 Seemeilen sind wir entfernt, näher können wir nicht ran, wegen der akuten Abbruchgefahr.
Der Käpitän verlangsamt die Fahrt, er will noch um die Ecke gucken, vielleicht verzieht sich der Nebel noch….
Nein, nichts zu machen. Alle sind enttäuscht. So nah und dann dieser verdammte Nebel….Pech…
Nach dem Frühstück verziehen wir uns in unsere gemütliche Kabine.
Und tauchen nur kurz zum Lunch wieder auf.
Salat, Lasagne und dreimal Nachtisch für mich: ein Tiramisu, ein Erdbeerpannacotta und ein Stück warmen Apfel-Mandelkuchen mit Vanillesoße. Und hätte ich noch gekonnt, hätte ich mir das alles nochmal vom Büffet geholt, soooo gut!
Es ist ein Nebeltag auf See, graue Suppe draußen.
Wir ruhen ein paar Stunden vor dem Knisterkamin.
Und verpassen mal wieder alle Vorträge….
Später Nachmittag, Martin macht uns einen Kaffee.
Dann fühlen wir uns bereit für das Abendbriefing.
„Good evening Ladies and Gentlemen!“ Brandon zeigt uns das Radarbild von A23a. Er ist schon komplett auseinandergebrochen. Der größte Eisberg der Welt löst sich auf. Nach 39 Jahren. Das ist ein bißchen traurig irgendwie…
Morgen haben wir nochmal Biosecurity Kontrolle, die Auflagen für die Antarktis sind sehr streng.
Das Nachmittagsprogramm, also langweilig wird es hier nicht
Brad hält einen kurzweiligen Vortrag über Windstärken, wie man sie an den Wellen erkennt, wieviel Knoten ein Kilometer ist –> 1,852 km –> und vieles mehr, sehr interessant
Während die meisten Leute anschließend das Restaurant stürmen, lungern wir noch gemütlich auf den Sofas herum und genießen unseren White Port
Dinnertime…..
Pochiertes Ei mit Oliven, Kirschtomaten und Melone als Vorspeise
Die heutige Suppe ist Blumenkohlsuppe. Und wenn Martin eines hasst, dann Blumenkohl!
Lassen wir ausfallen.
Der Salat:
gerösteter Süßkartoffelsalat mit Orangensenfhonigdressing
Hauptgang:
Thunfisch in Sesam mit Wasabikartoffelpürree und einer Ingwerreduktion
Der Tuna auf den Punkt, zart rosa gebraten, nicht glasig, so mögen wir das. Das Wasabipürree exakt ausbalanciert, ein Gedicht!
Als Dessert wählt Martin ein Grand-Marniersouffle´und ich nehme einen Citrus Pound cake mit Vanilleeis.
Das Souffle´ luftig und leicht, mein Kuchen und das Eis exquisit. Wie schön die Teller wieder dekoriert sind!
Jedes Dinner an Bord der Diana ist ein großes Ereignis.
In der Clublounge veranstalten die Leute vom Expeditionsteam heute Abend „Two truths & one lie“
Tobi moderiert. Henri, Miguel, Nonniko, Wendy, Dr. Artem und Dimitri erzählen abwechselnd kurze Geschichten aus ihrem Leben. Zwei Geschichten stimmen, eine ist gelogen. Wir stellen Fragen dazu und erraten die Lüge.
Es werden teilweise abstruse Geschichten erzählt, könnte aber auch wahr sein….sehr unterhaltsam.
Martin gewinnt! Als Einziger entlarvt er viermal die Lügengeschichte! Bravo!
Als Preis bekommt er einen „free drink“ an der Bar. Netter Scherz, die Drinks sind sowieso alle umsonst an Bord…
Sehr spät und bestens gelaunt gehen wir zurück zur Kabine, jeder hat noch ein Glas Rotwein in der Hand. Gar nicht so einfach im Seemannsgang! Auf einen letzten Drink vorm Kamin.
Gute Nacht, bis morgen!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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