Kräftiger Wind fegt über die Dünen, draußen sein macht keinen Spaß. Die geplante Dünenwanderung fällt aus wegen Sandstrahlgefahr. Schade. Schön war´s hier….
Unser Etappenziel heute liegt nur 80 Kilometer entfernt. Sanft schlängelt sich die Piste über die Klippen.
Nach 1½ Stunden neigt sich die Ruta 1 hinab zum Meer,
nicht mehr weit bis zum Playa Conchilla, dem „Muschelstrand“
Gelb leuchtende Fischerboote liegen an Land, mit Traktoren werden sie hochgezogen und wieder ins Wasser geschoben.
Ausgemusterte Busse dienen als Fischerhäuschen
Auf den Dünen residieren schicke Ferienhäuser
Der Strand ist eine Wucht!
Playa Conchilla besteht nur aus Muschelscherben, die noch nicht zu Sand gemahlen sind. So etwas haben wir noch nie gesehen!
Das ist kein Kies, das sind alles Muscheln! Tonnenweise!
Bevor wir uns einen Platz suchen, fahren wir noch 10 Kilometer weiter ins nächste Dorf. Unsere Vorräte sind mickrig, für´s Abendessen haben wir noch 2 Möhren, 1 Zwiebel und 1 Tomate. Ein paar Kartoffeln dazu wären super!
Antonio del Este, am Ende der Sackgasse….Wow, was für ein Kaff….
Still staubt es vor sich hin. Niemand zu sehen, kein Lädchen auf. Das wird nix mit Kartoffeln…
Wir probieren eine Strandpiste aus, um zurück zu den Muscheln zu kommen, sie endet auf einem Parkplatz. Hinter einer Barriere gibt es eine kleine Kolonie Seelöwen zu bewundern.
Wieder durch San Antonio, es ist nicht lebendiger geworden….
Schneeweiß leuchten uns die Muschelschalen entgegen. Wo sollen wir uns hinstellen?
Die Entscheidung fällt nicht schwer
Unter unseren Sohlen knirscht der Muschelkalk
Dort, wo sich das Meer zurückzieht, spiegelt sich das Himmelblau
Ein Greifvogel lässt sich am Strand nieder. Das passt den beiden Möwen aber gar nicht!
Erfolgreich verjagt. Mit Möwen legt sich anscheinend niemand gerne an.
Wir sitzen vor unserem Haus und genießen Wein und Natur.
Ein Sprinterwomo stoppt neben uns. Zwei Leute. Sie fragen, ob wir hier übernachten. „Si!“ Wirklich? „Si, de verdad!“ Sie zögern….Im Sommer würden hier überall Autos stehen, jetzt ist es so leer….das macht ihnen Angst. No, no, sie verabschieden sich freundlich und fahren weiter.
Seltsam, für uns ist das perfekt, daß niemand sonst da ist. Wir fühlen uns total gut und sicher.
Es wird Abend. „Merkst du was? Kein Wind!“ Tatsächlich!! Das müsssen wir sofort ausnutzen!
Schnell ist die kleine Fliegerin startklar
Ein Traum!
Die tiefstehende Sonne macht der Rappelkiste lange Beine und zaubert einen rosa Schimmer auf die Muscheln
wenig später strahlt ein Leuchtfeuer in schönstem Orange am Himmel
Einmalig schön….
Gute Nacht!
Guten Morgen! Die Nacht war still und ruhig mit einem fantastischen Sternenhimmel
Ein Strandblick nach Osten
Ein Strandblick nach Westen
und ein Strandblick hinter uns….
In Deutschland ist das Regierungsbündnis geplatzt. Die Ampelkoalition ist Geschichte.
Wir beide haben was zu feiern: unseren Jahrestag. Seit 35 Jahren halten wir fest zusammen, durch dick und dünn. Die große Liebe, wir haben sie gefunden. Es gibt nichts Schöneres! Ein großes, großes Glück!
In Puerto Madryn, unserem heutigen Ziel, werden wir heute Abend groß Essen gehen.
A propos: außer den Möhren haben wir jetzt gar nichts mehr in der Vorratskiste. Also auf nach San Antonio Oeste, dem Nachbarort von Antonio Este. Einmal über den Fluss.
Hoioioi, San Antonio Oeste ist größer und noch staubiger als Antonio Este
Nach etwas Suchen finden wir einen Kiosco. Ein toller Laden! Winzig klein, bis unter die Decke gefüllt mit den nötigsten Dingen. Die Kunden zwängen sich zwischen Konserven und Wischlappen durch kaum schulterbreite Gänge. Vor einer Wand steht eine große Kühltheke mit neonpinker Wurst, dahinter ein hohes Regal mit Reis, Putzmitteln und Kaffee. Genau eine Reihe Leute passt vor die Theke, mit dem Rücken stehen die Kunden schon am nächsten Regal. Niemand kommt dran vorbei. Der Chef bedient persönlich, die Chefin macht die Kasse.
Wir kaufen etwas Pappe, äh, Entschuldigung, sie nennen es hier „Brot“. Die Leute möchten gerne mit uns plaudern, sehr nett, leider reicht unser mickriges Spanisch nicht weit. Ein herrlicher Laden! Und alle sind so gut gelaunt und nett!
Wir futtern ein Brötchen im Stehen und machen uns auf den Weg. 330 Kilometer liegen vor uns.
Ein langweiliger Fahrtag durch langweilige Landschaft.
Da! Ein Polizeikontrollposten! Das bringt etwas Abwechslung!
Aber sogar die Beamten sind zu gelangweilt, um uns zu kontrollieren. Nur der Wachhund schaut kurz auf und pennt dann weiter.
Keine Chance auf Action…..
Aber hier! Jetzt geht´s los! Am Horizont erheben sich Berge, wir geraten fast in Ekstase! Berge! Ein ganz neuer Anblick!
Nach Puerto Madryn geht es steil bergab.
Die Stadt liegt an der Einfahrt zur Halbinsel Valdez. Im Meer vor der Halbinsel treffen sich jedes Jahr Wale um ihre Jungen zu bekommen. Auch eine große Orkafamilie lebt hier, wer möchte und zur richtigen Jahreszeit hier ist, kann die Orkas dabei beobachten, wie sie sich an den Strand werfen, um Seelöwenbabies zu fangen. Ein blutiges Spektakel, die Seelöwen werden angeblich so lange in die Luft geschleudert, bis sie tot sind. Das muss man nicht unbedingt live erleben, denken wir. Der Eintritt ins Naturschutzgebiet kostet 30,-€ pro Person und es gelten strenge Regeln. Freies Übernachten ist verboten, wir müssten uns auf dem einzigen Camping dort einquartieren. Der liegt nicht gerade zentral. Wir würden von dort jeden Tag zu den Aussichtspunkten fahren und wieder zurück. Jedesmal weit über 100 Kilometer. Klingt nicht verlockend.
Sowieso wollen wir heute ja groß ausgehen, suchen wir uns erstmal was in Puerto Madryn.
Der Wind zeigt mal wieder, was er drauf hat.
An allen Parkplätzen stehen Womo-Verbotsschilder.
Wir fahren einmal durch zum anderen Ende, nüscht zu machen. Eine der Seitenstrassen ginge. Martin will nochmal zurück durch die Stadt und oh Wunder! Da ist ein großer Parkplatz, mit Womos drauf! Haben wir eben gar nicht gesehen!
Martin fragt nach, ob übernachten geht, no problem! Und ganz in der Nähe vom Restaurant, perfekt.
Kurz darauf sitzen wir im „Chona“ und genießen große Copas Malbec.
Auf die nächsten 35 Jahre! Prost!
Zuerst bestellen wir einen Vorspeisenteller, das Hauptgericht dann später. Eine gute Entscheidung! Die Vorspeise ist schon so mächtig, das wir kein Hauptgericht mehr schaffen würden!
Ab 21 Uhr füllt sich das Restaurant, bald ist jeder Platz besetzt. Ein Musiker spielt unfassbar gut Gitarre, die Gäste applaudieren.
Mit einem Doggybag wandern wir nach Hause. Noch ein Drink bei „James Beer“? No, leider zu müde…
Ein sehr schöner Abend!
Der nächste Morgen: ein rosa Träumchen…
Wir verzichten auf Valdez. Stattdessen wollen wir rauf zum Faro Ninfas. Von dort soll man genausogut Wale beobachten können – oder auch nicht. Je nachdem ob sie vorbeischwimmen….
Schotterpiste => Luft raus…
Wir sichten unser erstes Guanako! Schafe sprinten davon, die Pferde kümmert es wenig, das wir vorbeirattern. Tiefe Fahrrinnen zeigen, was für eine Matsche die Piste bei Regen wird.
Was soll diese Lampe mitten in der Steppe denn beleuchten??
Zwei Pampashasen flitzen über den Weg
Am Horizont taucht der Leuchtturm auf.
Erster Halt beim Faro Punta Ninfas.
Gegenüber liegt die Halbinsel Valdez, über uns kreisen Petrel Gigantes, Riesensturmvögel
Im Englischen werden sie Knochenbrecher genannt. Mit einer Spannweite von über 2 Metern segeln sie auf dem Wind.
Schauen wir mal weiter…
Die Piste endet auf einem Klippenplatz,
Etwas rangieren, es bleibt leicht schräg, egal. Der Wind weht kalt, kein Wal in Sicht, Schluss für heute.
Windstille am Morgen! Eine willkommene Pause!
Tief unten liegen am Strand mehrere Seelöwen
Aber die bewegen sich gar nicht. Und grunzen auch nicht. Sind die tot? Schnell das Fernglas!
Die rühren sich kein bißchen, das wär ja schrecklich!
Also der hier ist mit Sicherheit tot…was ist das? Ein Walbaby?
Die Riesensturmvögel freuen sich über die fette Mahlzeit.
„Ein Wal!“ ruft Martin. Ganz weit draußen, nur winzig klein zu sehen, planscht ein Wal im Wasser!!
Das Teleobjektiv reicht nicht, egal, gebannt sehen wir durchs Fernglas. Riesige Flossen winken aus dem Wasser. Der Wal dreht sich, bläst hohe Sprühfontänen. Kein einziges der 300 Fotos fängt diese Bilder ein. Spielt keine Rolle, wir haben es gesehen, speichern das im Kopf. Unser erster Wal!
Eine Gruppe Wanderer kommt die Klippe hochgeklettert. Sie haben unten Plastik eingesammelt. Ich frage mal nach: „Hola, sind die Seelöwen da unten tot?“ „No, no! Das sind See-Elefanten! Die schlafen tief und fest.“ Aha! Ein Glück!
Der Himmel verdüstert sich, wir befürchten Regen und denken an die glitschige Matsche, in die sich die Piste verwandeln wird.
Aber nein. Kein Regen. Es kühlt nur stark ab.
Angler kommen und klettern den steilen Pfad runter zum Strand. Die Petrels schrecken kurz auf….
Eine Gruppe Männer mit ihren Jungs baut ein Zelt auf. Aus dem Auto schallt die Salsamusik.
Wir sitzen im Warmen und bewundern vom Fenster aus den Sonnenuntergang.
Im Westen dramatische Farben…
zugleich im Osten die Halbinsel Valdez in zartem Pastell
Krasser Unterschied.
Im Fenster zum Westen spiegelt sich dunkles, fast kaltes Licht
während gegenüber blau, orange und rosa alles in Wärme tauchen
Sonnenuntergänge verlieren niemals ihre Faszination.
Nachts pfeift der Wind wieder mit voller Kraft um die Rappelkiste und schaukelt uns hin und her. Die armen Jungs im Zelt, das muss heftig sein. Und erst die Angler ohne Zelt!
Wie gemütlich wir es haben….
Morgen geht´s weiter, nach Gaiman. Zu einer walisischen Teezeremonie…
Liebe Grüße, bis dann!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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