Ein blinder Passagier

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Sète… 16°C, blauer Himmel, Strand und Sonne…. es könnte so schön sein….

Leider macht uns der Mistral einen eisigen Strich durch die Rechnung. Kalte Böen mit über 50km/Std Stärke, der morgentliche Strandspaziergang ist schon ein recht kühles Vergnügen. Tagsüber bin ich eigentlich nur im Wagen, Martin arbeitet draussen an der Rappelkiste bis er durchgefroren ist. Das ist nicht so das Wahre. Nach drei Tagen haben wir endgültig genug. Wir wollen jetzt endlich mal richtige Wärme und können uns gerade nicht vorstellen, in den Winter nach Andorra raufzufahren. Skifahren ist erstmal gestrichen. Stattdessen fahren wir ins Landesinnnere zum Canal du Midi und hier können wir den Tag in der warmen Sonne ohne Wind auf einer Bank am Canal geniessen.

In der Nacht beginnt es zu regnen. Unser schöner Stellplatz ist eine riesige Schlammpfütze geworden. Wir fahren im Regen nach Spanien.

Kaum sind wir über die Grenze gefahren, fallen die katalonischen Fahnen und die gelben Schleifen auf. Drastische Wandbilder verdeutlichen das Gefühl der Unterdrückung. Jeder Kirchturm, fast alle Häuser sind beflaggt. Hier brodelt ein schwieriger Konflikt, das ist nicht zu übersehen.

Eine endlos scheinende Schlange von Wohnmobilen kommt uns den ganzen Tag entgegen, die braun gebrannten Überwinterer fahren zu Ostern nach Hause.

Unser Übernachtungsplatz in Tordera ist direkt unter einer Hochspannungsleitung und neben einem Stall mit muhenden Kälbchen, die hier für eine Ausstellung abgestellt wurden.

Kein Traumplatz. Morgens schnell weiter, noch Wasser tanken und los, wir wollen heute noch an Barcelona vorbei sein.

Aber wir haben einen blinden Passagier, den wir irgendwie nicht loswerden: den Pechvogel!

Kurz vor Barcelona biegen wir auf die Zufahrt zur Schnellstrasse ab. Nach wenigen Metern zischt es kurz und heftig! Im Spiegel sehe ich, daß der rechte hintere Reifen platt ist. Na bravo! Es gibt zwar einen Seitenstreifen, aber dieser ist etwas zu schmal und wir ragen in die Fahrbahn. Jemand müsste absperren, während wir das Rad wechseln. Wir rufen den ADAC an und schildern die Lage. Wir brauchen nur jemanden zum Absperren. Alles klar, sie kümmern sich. Wir fangen schon mal mit dem Radwechsel an. Unser Ersatzrad runterzufahren und hinzustellen geht reibungslos. Wir telefonieren nochmal mit dem ADAC, es ist noch niemand zum Absperren gekommen, die Autos rasen knapp an uns vorbei. Jaja, sie kümmern sich. Jetzt den lädierten Reifen mit der Felge von der Achse nehmen – sollte kein Problem sein. Wir ziehen und ruckeln und ziehen, die Felge bewegt sich keinen Millimeter! Was denn nun schon wieder?! Wir nehmen den Reifen runter, die Felge hängt jetzt allein auf der Achse. Und bewegt sich nicht. Wir ziehen, drücken, hämmern, hebeln, fluchen und schimpfen…….nichts!

Wir rufen den ADAC an. Wir brauchen jetzt jemand von einer LKW Werkstatt mit Werkzeug. Ob sie MAN anrufen können? Sie versuchen es, aber MAN rückt nicht aus, wenn es kein MAN Fahrzeug ist! Wir erklären, daß MAN Steyr aufgekauft hat und unser Fahrzeug in dem Sinne ein MAN ist. Die Dame vom ADAC versucht weiter, jemanden zu überreden, uns zu helfen.

Wir sind schon 4 Stunden mit dem Reifenwechsel beschäftigt und glauben langsam nicht mehr, daß jemand kommt. Die können uns doch hier nicht übernachten lassen?

Die Polizei kommt. Stellt erstmal Hütchen auf. Sehr gut. Wir erklären unser Felgenproblem. Die beiden sind sehr engagiert, telefonieren und diskutieren, wie wir das Problem lösen könnten. Gemeinsam kommen wir auf die rettende Idee: wir klemmen einen der beiden Wagenheber zwischen das Federpaket und die Felge und tatsächlich! Mit einem ordentlichen Knirschen löst sich die Felge! Alle freuen sich so, der eine Polizist umarmt überschwenglich Martin vor Begeisterung! “ La Policia katalun!“ ruft er! Jetzt aber schnell! Wir wechseln endlich den Reifen, alle helfen mit, wir verpacken das Werkzeug und nach nur 5 Stunden Gesamtzeit sind wir wieder auf der Piste! Juhuuh!!

Achso….woran lag`s? Die Kontermutter des Ventils ist mitten durchgebrochen und das Ventil ist rausgeflogen!

Weit fahren wir jetzt nicht mehr. Ca 50km weiter südlich halten wir in einem winzigen Örtchen auf dem Dorfparkplatz und trinken erstmal was! Was für ein Tag!

Morgens fahren wir in den nächsten größeren Ort, nach Vilafranca del Penedés zu einer Reifenwerkstatt. „Hola, tenemos un…..“ – ich zücke mein „point it“Buch und zeige das Foto mit einem Platten.

Die Monteure müssen lachen. Sie haben das passende Ventil, aber der LKW Monteur ist nicht da, erst ab 15 Uhr. Wir sollen zur Nachbarwerkstatt gehen. Hier das gleiche mit dem „Point it „Buch, das sorgt für gute Stimmung. Sie könnten den Reifen reparieren, haben aber die Ventile nicht. Okay, wir gehen rüber, holen die Ventile. Als wir zurückkommen haben die Jungs den defekten Reifen oben schon losgeschraubt und rätseln gerade, wie sie ihn runter kriegen…Da können wir helfen. Alles geht ganz schnell. Die Monteure sind super! Sie geben sich große Mühe uns zu verstehen, sind sehr freundlich und schnell. Ruckzuck ist das Ventil ersetzt, der Reifen kontrolliert und wieder an seinem Platz. Das Reserverad kommt wieder nach oben, fertig! Und das Ganze für 36,91-€! Also, falls ihr mal eine Reifenpanne habt: fahrt nach Vilafranca del Penedés und zeigt das „point it“ Buch!

Mittags sind wir wieder unterwegs, bis wir kurz vor Tarragona zum Strand abbiegen. Das Wetter ist heute perfekt! Wir finden einen Parkplatz zum Übernachten und ein phantastisches Restaurant direkt am breiten Strand. Nach dem vorzüglichen Essen tragen wir die Liegestühle an den Strand und liegen in der Sonne. So haben wir uns das vorgestellt!

Trotzdem geht es schon am nächsten Tag weiter bis Castellon de la Plana. Ganz plötzlich fahren wir durch Apfelsinenplantagen. Apfelsinen bis zum Horizont, nur noch Apfelsinen! In der Luft liegt der starke Duft von Apfelsinenblüten. In Castellon am Aerodrome soll es einen schönen Platz geben. Also fahren wir da hin und finden auch noch eine Nische. Ehrlich gesagt ist das nicht so unser Traum, mit 80 anderen Mobilen auf einem Platz zu stehen.

Aber direkt über die Strasse ist ein herrlicher breiter Strand mit feinem Sand, wir müssen die Liegestühle nur rübertragen. Hinter uns startet und landet zweimal pro Stunde ein kleines Flugzeug und bringt Fallschirmspringer nach oben. Das sorgt für Unterhaltung. Nicht perfekt, aber trotzdem so gut, daß wir noch einen Tag bleiben. 21°C und strahlende Sonne sind auch ein überzeugendes Argument.

Ostern, die „semana santa“ beginnt und die Spanier haben frei. Die Plätze werden knapp. Trotzdem finden wir etwas südlich von Valencia wieder einen schönen Strandplatz. Die Guardia civil macht ihre Runde und klärt schon mal, daß nicht mehr als eine Nacht geduldet wird. Uns ist das egal, wir fahren sowieso morgen weiter. Wir haben uns mit Freunden in Roqetta de Mar verabredet.

Bis zum nächsten Mal

Julia & Martin

 

 

 

 

 

 

 

  1. Thomas

    Hallo Martin und Julia,
    wir sind wieder zurück im kalten Deutschland. Schöne Berichte und Bilder von Spanien. Wünsche euch noch eine gute Fahrt und sehr viel Spass. Danke für die interessanten Gespräche auf dem Stellplatz in Castellano.
    LG Thomas vom Stellplatz in Castellon

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