Italien: Eingefroren und wieder aufgetaut

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Die Rappelkiste hustet und röchelt….nach einer weiteren eiskalten Nacht und so früh morgens möchte der Motor noch nicht geweckt werden. Beim dritten Versuch stößt die Rappeline eine enorme Rauchwolke aus und startet. Aufgewacht!

Ciao Plan de Gralba, wir starten hinauf zum Grödner Joch.

Die Täler liegen noch im Schatten, alles ist im Frost erstarrt. Über die Bergspitzen streicht das Sonnenlicht.

Wir bewundern die gewaltigen Felsen der Dolomiten, dieses großartige Bergpanorama.

Hinter dem Grödner Pass kurvt die Strasse über schier unzählige Kehren bergab ins Tal nach Corvara. Da wird einem fast schwindelig.

Wie bunte Ostereier hängen die Gondeln an den Seilen, gleich beginnt der Skibetrieb.

Unsere sehnsüchtigen Blicke gehen auf die frisch gewalzten, sonnenbeschienenen Pisten….vielleicht stoppen wir bereits in Corvara und gehen hier nochmal skifahren?

Nein, nein, das Skigebiet von Cortina d´Ampezzo mit dem Tofana Schuß lockt uns weiter.

Endlich, nach 16 engen Kehren sind wir im Tal von Colfosco.  Die „Residence Europa“ war immer unser Hotel in früheren Zeiten ( unbezahlte Werbung )

Von Colfosco nach Corvara, dann wieder in die Winterberge, wir schrauben uns zwischen Felswänden hinauf, auf über 2000 Meter.

Über den nächsten Pass.

Bei einer Seilbahnstation rasten wir. Wohnmobile sind auf dem Parkplatz verboten. Warum eigentlich? Die Gemeinde könnte doch 10 Plätze zur Verfügung stellen und etwas Geld einnehmen. Wir würden jetzt gern stehen bleiben, es ist unglaublich schön hier oben….Aber so bleibt es bei einer kurzen Pause.

Überall schlängeln sich die Pisten, das Gebiet „Dolomiti Superski“ ist riesig. Noch 16 Kilometer bis Cortina d´Ampezzo.

Je näher wir kommen, desto weniger Schnee liegt noch. Der Tofana Schuß zieht sich als weiße Bahn in graugrüner Umgebung hangabwärts. Uns vergeht die Lust auf Skifahren. Den Tofana wären wir gerne mal wieder runtergesaust, aber so ist das nicht mehr das richtige Winterparadies.

Kurz entschlossen verzichten wir auf weiteres Skifahrglück. Die letzten drei Tage waren so schön, wir sind rundum zufrieden und glücklich.

Dann schauen wir mal, wie weit wir heute noch fahren. In Cortina ist der Winter vorbei, es gibt nur noch ein paar kümmerliche Schneereste. Die olympischen Winterspiele 2026 werden hier ausgetragen. Die alte Sprungschanze von 1956 wird dafür wohl nicht mehr genommen….

Nein, das Skispringen wird in Val di Fiemme stattfinden. Diese Spiele sollen für Nachhaltigkeit und weniger Gigantismus ein Beispiel geben. Eine große, olympische Bautätigkeit ist nicht zu erkennen. Bereits vorhandene Sportstätten werden genutzt, nur die Infrastruktur wird ausgebaut. Gut so.

Von Bergdorf zu Bergdorf düsen wir bergab Richtung Poebene. Der Dieselpreis läßt uns schaudern, zum Glück sind unsere Tanks noch gut voll. Grad eben sieht man noch schneebedeckte Gipfel….Ciao Dolomiten, wir kommen wieder, ganz sicher!

Tunnel und hohe Brücken im Wechsel, durchs Flusstal des Piave, an Zementfabriken und Kieswerken vorbei. Ab Belluno donnern wir über die leere Autobahn.

An Venedig vorbei. Bei Mestre nehmen wir die Landstrasse direkt an der Lagune entlang südwärts. Die Strasse führt über etliche Kilometer schnurgeradeaus. Sumpfiges Marschland, salzige Wiesen. Brackige Priele und Boote, die auf der Seite liegen und auf die Flut warten. Es müffelt etwas.

Über ellenlange, niedrige Brücken überqueren wir die Lagune, vorbei an den großen Werften von Chioggia.

Wir überbrücken die Etsch – ist das wirklich die Etsch, die wir vom Brennerpass kennen?  Bald darauf fahren wir über den Po di Levante und den Po di Venezia. Das es so viele Popos gibt, wußte ich garnicht.

Seit fast 8 Stunden sind wir unterwegs, davon 6 Stunden reine Fahrzeit. Ganze 279 Kilometer haben wir geschafft. Es wird Zeit für Feierabend. In Porto Tolle, in der Nähe des Podeltas, befindet sich ein schön angelegter Wohnmobilstellplatz mit komfortabler Entsorgungsstation. Etwas erstaunlich für den unscheinbaren Ort, aber im Sommer mag hier mehr los sein. Heute sind wir dort ganz allein. Wir stellen die Skier zum trocknen in die Sonne, holen die Stühle raus und genießen die laue Abendluft bei 13°C.

Unsere Abflüsse sind aufgetaut und das Eis am Astabweiser ist geschmolzen. Jetzt sehen wir das ganze Ausmaß der Zerstörung, das Ding ist kaputt.

 

 

Am nächsten Morgen buchen wir die Fähre nach Griechenland. Wir möchten nach Igoumenitsa und von dort aus durch den Norden Griechenlands tingeln. Dann durch die Türkei und schließlich im Frühsommer nach Georgien. Diesmal nicht nach Patras und auch nicht zu unseren Freunden in den Süden. Das macht uns das Herz schwer. Aber diesmal soll es so sein.

Auf uns wartet eine Überraschung: die Fährpreise sind ebenfalls enorm gestiegen. Nach Igoumenitsa soll es jetzt 547,-€ kosten! Einfache Fahrt! „Und Patras?“ fragt Martin. „400,-€“. Wir beraten. Die Fähre nach Igou ist teurer, dafür ist aber Strecke zur türkischen Grenze kürzer = weniger Diesel. Wir rechnen….sparen wir Kosten mit der günstigeren Fähre nach Patras und dafür mit mehr Dieselverbrauch bis zur Türkei?

Etwas schon, aber nicht gravierend…… Insgeheim denken wir beide dasselbe…. das ist doch ein Fingerzeig!! Oder? „Nehmen wir Patras?“ fragt Martin. „Ganz klar ja!“

Klar ist auch: von Patras aus OHNE Umweg über Elea und OHNE die Freunde zu besuchen, direkt nach Norden raufzufahren, bräche uns das Herz. Diesen Umweg werden wir jetzt auf jeden Fall machen….

Von Porto Tolle geht es über das flache Land der Poebene weiter Richtung Ancona. Viele der alten Bauerhöfe sind verlassen und verfallen.

Felder, so weit das Auge reicht, ziemlich eintönig, geradezu einschläfernd……wir düsen die SS16 entlang.

Bei Ravenna begrüßt uns der Frühling mit Blütenwolken, wenig später sind wir am Mittelmeer.

Wir erledigen letzte Einkäufe. Während der Fahrt sind einige Gläser mit Gewürzen aus dem Oberschrank gefallen und haben sich überall hin entleert. Schöne Sauerei inklusive Scherben. Zum Übernachten stellen wir uns an den Strand von Montemarciano, ca 30 Kilometer vor Ancona. Wie gewohnt donnern die Eisenbahnzüge Tag und Nacht durch unser Wohnhaus, ohrenbetäubend. Morgen geht unser Schiff nach Patras, die See ist blau und ruhig.

Bis dann, liebe Grüße!

Julia & Martin

Drink positive!

Auf Instagram: Rappellkisteberlin

 

2 Antworten

  1. Moe

    Ihr seid ja noch immer unterwegs. Wunderbar! Die Fotos sehen großartig aus. Genau wie ihr! Musste eben an euch denken und mir ist zum Glück noch der Name der Seite eingefallen. Habt weiterhin viel Spaß und genießt das Leben! Liebe Grüße, die Moe

    • rappelkiste

      Liebe Moe, große Überraschung und Freude von dir zu hören! Im Sommer sind wir wieder in der Stadt, vielleicht laufen wir uns ja mal über den Weg? Liebe Grüße, bis denne!! Julia & Martin

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