Da rumpelt und schaukelt die Rappelkiste durch´s Gestrüpp gen Süden, fort aus unserer einsamen Bucht. Wir fahren zum Fähranleger zur Insel Elafónissos.
Unterwegs sehen wir auf einer Landspitze das Städtchen Archagelos, der kleine Hafen lädt zum sitzen und verweilen ein. Wenn alles irgendwann wieder geöffnet hat, werden wir uns das gerne mal genauer ansehen.
Durch Landesinnere ziehen wir einen Bogen um das Naturschutzgebiet von Strongyle. Es geht hinab in die Ebene, dort verläuft die Fahrbahn schnurgeradeaus, richtig ungewohnt nach der sonstigen Kurverei.
Zuerst nach Neápoli Voion. Bäcker, Gemüseladen und Supermarkt liegen direkt nebeneinander. Aber wir bekommen nicht alles, was wir möchten, also wagen wir uns mit dem großen Steyr mitten hinein in den Ort.
Erfreulich unproblematisch, wir finden sogar einen Parkplatz!
So, alles erledigt, über die Promenade steuern wir zum Hafen. Dahinter soll über einige Kilometer eine Strandpiste bis zum Fähranleger in Pounda führen. Doch das wird nix, große Teile der Piste sind überflutet, ein Schild warnt vor dem Befahren. Die Rappelkiste könnte sicherlich trotz Überschwemmung durch, aber wir verzichten auf das Matsch-Abenteuer. Stattdessen nehmen wir nach einer kurzen Hafenrundfahrt die Teerstrasse zum Anleger nach Elafónissos.
Gleichzeitig mit uns steuert gerade eine Fähre den Kai in Pounda an. Eiskalt ziehen wir vorbei und lassen sie links liegen. Für heute Nacht möchten wir noch einen Platz auf dem Festland, mit Inselblick und Sonnenuntergang. Vielleicht am Ende dieser Piste nach Westen?
Nach einem halben Kilometer halten wir und schauen uns den weiteren Weg zu Fuß an. Es gibt ein paar schöne Plätze hier, aber alle sind sehr müllig. Nee….Rückwärtsgang – wenden – dann setzen wir eben doch heute noch über. Mal sehen, wann die nächste Fähre nach Elafónissos geht. Der Hafen liegt menschenleer und verlassen…….
Tja, scheint, als geht heute keine mehr. Die letzte haben wir eben links liegen gelassen. Naja, wir wollten ja sowieso eigentlich erst morgen……
Der lange Strand im Osten sieht auch toll aus, wir testen die parallel laufende Piste. Sandig aber bretthart, wenig später stehen wir vor der angekündigten Überschwemmung. Nach rechts fahren wir auf den Strand, eigentlich ein schöner Platz…..wir sind unentschlossen und kehren dann wieder um. Die nächste Möglichkeit zu parken versperrt ein schöner Baum.
Den überschwemmten Teil wollen wir umfahren. Hinter Viglafia sausen wir durch die unvermeidliche Olivenallee und kommen weiter östlich wieder zurück zum Strand. Dort nach rechts auf eine Piste mit vielen kleinen Parkbuchten – wir haben den perfekten Platz für heute Nacht gefunden. Mit Sonnenuntergang und Inselblick.
Noch ein ausgedehnter Strandspaziergang zum Feierabend, dann machen wir es uns im Steyr gemütlich.
Morgens um halb 10 – am Fähranleger. Außer uns ist niemand da, mal sehen, ob wir die Fahrpläne richtig entschlüsselt haben. Eine halbe Stunde Wartezeit, dann legt eine Fähre an. Zack, sind wir an Bord, Rampe hoch, los geht`s. 24,-€ kostet die Überfahrt nach Elafónissos für uns. Andere Lkwfahrer haben auch mehr oder weniger bezahlt, wie wir aus Erzählungen wissen. Je nach Laune des Kassierers wahrscheinlich. Aber alles ordentlich mit Quittung. Weißer Sand bedeckt den Meeresgrund und läßt das klare Wasser türkis leuchten. In der Antike war Elafónissos eine Halbinsel.
Eine Viertelstunde später rollen wir auf die „Hirsch-Insel“. Elafónissos-Stadt ist schnuckelig klein und verschachtelt um den Hafen herumgebaut. Wir fädeln uns kurz durch und drehen gleich nach Westen auf eine Inselrundfahrt. Eine 14 Kilometer lange Ringstrasse führt um die Insel. Ein bißchen wie Lummerland.
Am Weststrand bei Kato Nesi befindet sich ein sehr großer Parkplatz, jetzt, wo die Tavernen geschlossen sind, könnte man hier auch gut stehen. Noch einen Berg hinauf, vielleicht findet sich ein schöner Platz auf einer Klippe? Nein, das führt zu nix. Wenden und zurück.
Im Sommer kommen täglich um die 5000 Besucher auf die Insel. Dafür ist es erstaunlich wenig touristisch in den kleinen Inselorten. 3 der 4 Orte liegen im grünen Norden und Westen.
Noch 8 Kilometer bis zum Paralía Simos, der als einer der schönsten Strände Europas gilt. Wir sind gespannt. Hoffentlich stehen da nicht schon 20 Wohnmobile….. Über eine Kuppe erreichen wir den südlichen, eher kargen Inselteil. An der Küste folgt eine felsige Bucht auf die nächste und es gibt fast keine Bebauung.
Schon von Weitem leuchten uns plötzlich weißer Sand und türkisfarbenes Wasser entgegen, das scheint ja traumhaft zu sein! Geradezu karibisch!
Eine holprige Piste leitet uns in die Dünenlandschaft. Von hier aus geht ein Weg durch losen, tiefen Sand weiter Richtung Meer. Wir steigen aus und sondieren die Lage.
Umwerfend! Schnell entdecken wir einen fantastischen Dünenplatz. Wir wandern weiter über den Sand, die Bucht ist durch eine Halbinsel in 2 Hälften geteilt. Am anderen Ende stehen ein paar verlassene Tavernen und Häuser. Kein einziges Wohnmobil.
An ein paar Häusern wird gebaut. Handwerker schlagen aus großen Steinbrocken mit Hammer und Meißel Platten heraus, in unterschiedlichen Größen. Damit werden die Häuser verkleidet und aus Betonbauten werden „Steinhäuser“. In Handarbeit. Unglaublich.
Querfeldein durch die Dünen laufen wir zurück zur Rappelkiste.
Kann das noch schöner werden? Nein, das ist perfekt!
Die Rappelkiste schiebt sich locker durch die Tiefsandpiste zu unserem Dünenplatz, dank Geländegang kein Problem. Mit Blick auf den Strand stellen wir den Motor ab: Allein in der schönsten Landschaft, ein Traum!
Stühle raus, ab in die Sonne und genießen…….
Später, im Abendlicht, sitzen wir auf der Düne und öffnen eine Flasche Wein. Möwen kreisen am Himmel, wie wunderschön das alles ist, wir können unser Glück kaum fassen….
Die Nacht ist so still, daß ich lange nicht einschlafen kann. Kein Geräusch.
Doch unser Auto wurde nachts genauestens inspiziert, davon zeugen die vielen Tierspuren rings um die Rappelkiste. Beim Frühstückskaffee beobachten wir die gewaltigen Riesenpötte, die sich durch die Meerenge zwischen Elafónissos und Kythira schieben. Hier müssen alle durch, die nicht durch den Kanal von Korinth passen.
Martin macht uns Vesperbrote, Obst und Wasser sind eingepackt, wir marschieren los zur vorgelagerten Halbinsel.
Da wollen wir rauf ↓
Auf einem steilen Pfad, erst sandig dann felsig, geht es bergan. Eine grandiose Sicht über die Doppelbucht, ich fotografiere Sträucher und schöne Blumen……Huch, Martin ist schon viel weiter oben, da will ich mich mal beeilen…..
Auf dem Bergkamm weht strammer Wind, ganz weit unten sehen wir die Rappelkiste am Strand. Links und rechts fällt der Hang ab ins Meer, knotige Büsche krallen sich in die Felsen. Wir folgen dem Weg bis zur Spitze, auf der etwas verloren eine abgebrochene Betonsäule steht. Wozu ist die da? Vielleicht zum Festhalten?
Uns fliegen fast die Mützen weg, so windig ist es. Auf der Südseite ist es ruhiger, wir suchen einen Weg hinunter. Auf halber Höhe findet sich ein sonniges Picknickplätzchen.
So, satt geworden, Schuhe wieder an, über die Südflanke steigen wir weiter ab.
Bald stehen wir vor einer Klippe, hier geht´s nicht runter. Nach ein paar Umwegen über die andere Seite und zurück erreichen wir ein mit groben Steinbrocken bedecktes Plateau. Weiter unten hat der Wind den Sand von den Felsen geweht, das Meer den Stein glatt geschliffen. In runden Mulden steht Wasser, die Rillen im Gestein zeigen die Hauptwindrichtung. Über die Landbrücke, die beide Buchten teilt, laufen wir zurück zum Steyr.
Eine sehr schöne Rundwanderung!
Nach diesen Anstrengungen verbringen wir den Rest des Tages windgeschützt im Sonnenbad. Sommer im Februar.
Für den nächsten Tag nehmen wir uns nichts vor. Ein Brot backen, sonst nix. Schön rumhängen….
„Da kommt irgendwas Großes“ sagt Martin. Lautes Motorengeräusch, daß eindeutig näher kommt. „Klingt nach Steyr, oder ?“ vermutet er. Ich schaue um die Ecke. Ja, tatsächlich, da holpert was Großes über die Piste: der Steyr von Maren und Mathias! Wir bekommen Besuch!
Große Freude! In der Abendsonne sitzen wir vor dem Gelben, wir haben uns viel zu erzählen…..eine Lücke in den Dünen bietet uns dazu den perfekten Meerblick.
Wieder schönstes Wetter am nächsten Morgen. Ich hole das Board raus, hab ewig nicht mehr drauf gestanden! Schnell in Neopren geschlüpft und rein in die türkise Flut. Jooohhh, 15 Grad kaltes Wasser läuft in den Anzug, brrrrrr….zum Glück wird´s schnell warm im Surfgewand.
Ich paddel los – hui, nur ein paar wenige Züge und schon hat die Strömung mich weit hinaus aufs offene Meer gezogen. So weit raus wollte ich gar nicht, schnell umdrehen. Mühsam kämpfe ich mich gegen die Strömung, die Wellen und den Wind wieder zurück zum Strand. Mmmpf, das ist sportlich!
Nach diesem Kraftakt bleibe ich schön in Ufernähe, so macht das Spaß! Vielleicht noch etwas SUP Yoga? Zum Beispiel eine ganz seltene halbe Surfkriegerin – sehr gelungen.
Ich möchte gar nicht mehr raus aus dem Wasser. Noch ein bisschen planschen…..
Wir müssen unbedingt mal hierher, wenn das Meer wärmer ist.
Martin spaltet Holz, zückt die Akkusäge und sägt lagerfeuergerechte Stücke. Auf einmal höre ich einen erschreckten Ausruf: „Ich hab den Zahn verloren!“ Ein Stiftzahn, der schon länger ein Wackelkandidat war. Was nun? Zufälligerweise hat Maren Zahnzement dabei, unglaublich. Martin telefoniert mit unserem Zahnarzt in Berlin, der uns ermuntert, den Deserteur wieder einzukleben. „Einen Versuch ist es wert“ sagt er. Zum reinigen und trocknen der Lücke empfiehlt er Druckluft.
Martin schließt einen Schlauch an die Luftdruckanlage des Steyrs. Frau Hobbydoktor Med Dent Julia macht sich ans Werk. Ich trockne mit so viel Druck die Lücke, daß Martin die Wangen schlackern. Die Stirnlampe dient als OP-Lampe, der Zahn wird mit hochprozentigem Tsipero desinfiziert, typisch griechisch eben, dann mit dem 2Komponentenzement bestrichen und eingeklebt. Etwas warten…….sieht gut aus und hält!
Wer sagt´s denn?
Es dämmert, Maren hat inzwischen eine Feuerstelle gebaut und Mathias hat das Lagerfeuer vorbereitet. Ein Bilderbuchvollmond geht auf. Der weiße Sand reflektiert das Mondlicht……Weltklasse!
Das paddeln mit dem SUP am nächsten Tag macht nur mittelmäßig Spaß. Die See ist kabbelig, der Wind legt zu.
Am Horizont geht ein außergewöhnliches Schiff vor Anker. „Sieht aus wie ein Kriegsschiff“ vermutet Martin. „Ich glaube, das ist eine riesige Luxusjacht“ sage ich.
Martin schaut im Vesselfinder nach. Es stimmt beides: es ist ein Kriegsschiff, 1943 in Kanada gebaut, kampferprobt bei der Landung der Alliierten in der Normandie. Ende der 40er Jahre kaufte Aristoteles Onassis das Schiff und ließ es zur Megaluxusjacht umbauen. Damals wie heute beherbergt die Christina O. in ihren 17 Zimmern illustre Gäste. Churchill, Maria Callas, John F. Kennedy, Frank Sinatra, Liz Taylor – Maren zückt das Fernglas. Welche heutige Prominenz ankert da vor unserem Strande? Nüscht zu seh´n……
Jetzt in der Nebensaison könnten wir die 99 Meter lange Jacht für schlappe 590.000€ die Woche chartern. Verrückt, daß es genügend Menschen gibt, die sich das locker leisten können und möchten.
Wir begnügen uns bescheiden mit einem tollen Sonnenuntergang und einem weiteren schönen Mondlichtfeuer.
Von unserem Platz aus können wir eine große Höhle im Berg Vardia erkennen. Neugierig beschließen wir hochzuwandern. Aus dem Schutz der Düne herausgetreten weht es uns fast von den Beinen, die nackten Waden werden sandgestrahlt. Martin lächelt mich fröhlich an…..oje…..der Zahn ist weg! Der Kleber hat nicht gehalten…. Und das ausgerechnet im Sand! Der Wind hat bereits unsere Spuren verweht und das sieht hier alles aus wie kleine Zähne, wie sollen wir den bloß wiederfinden?
Wir suchen und suchen……….“Das hat doch keinen Zweck“ sagt Martin zu Mathias „jede Muschel sieht hier aus wie mein Zahn.“ Er gibt auf. Guckt nach unten und da liegt der Ausreißer! Direkt vor seinen Füßen! Er hat die Nadel im Heuhaufen gefunden, nicht zu glauben!
Jetzt ist alles wieder komplett, wir können los. Eine tolle Aussicht über die Bucht, irgendwo da unten stehen unsere beiden Riesen, ganz klein…..
Der Eingang wie eine gotische Kathedralentür, überraschenderweise ist die Höhle zeitweise bewohnt. Gemauerte Treppenstufen, der Boden ist ordentlich gefliest, die Wände geweißt. Stühle, ein roher Holztisch, Grills, olle Matratze – alles da. Und ein Ausblick……..
Von der Decke tropft Wasser, darunter stehen Töpfe, die die Tropfen auffangen.
Durch allerlei Kraut und Blumen machen wir uns wieder auf den Rückweg. Ein paar gemauerte Becken erstaunen uns, drin schwirren winzige schwarze Tierchen herum. Eine Pfütze tarnt sich durch Sand, Licht und Schatten, eine verwirrende Camouflage.
Diese Blüte erinnert stark an ein weltbekanntes Virus, oder?
Vom Wind gut durchgelüftet kommen wir zurück. Wir müssen noch Müll wegbringen, aber gerne doch – bei dem schönen Weg zur Mülltonne quer durch die Dünen.
Der Wind hat eine Miniaturwüstenlandschaft entstehen lassen. Auf jedem Sandhäufchen liegt eine Muschel.
Wolken ziehen auf, der Himmel verdunkelt sich. Maren hat inzwischen große Mengen Feuerholz gesammelt für den Abend am gemeinsamen Lagerfeuer.
Hach schade, heute morgen ist schon wieder Abschied, Maren und Mathias reisen weiter. Tschüß ihr Beiden, das war so eine schöne Zeit mit euch auf Elafónissos!
Wir verabreden uns locker in Monemvasia, dann startet der Steyrmotor und der Gelbe schaukelt davon.
Wieder allein. Im Morgenlicht streife ich durch die Dünen. Der Nachtwind hat alte Spuren verweht und neue Muster erschaffen.
Wir faulenzen noch ein paar Tage in der Sonne, genießen die Landschaft und unseren Abenddrink auf der Düne zur blauen Stunde. Von uns aus kann das noch eine Weile so weiter gehen. In Berlin frieren unsere Freunde bei -3 Grad…
Aber es hilft nix, so langsam muß Martin zum Zahnarzt. In Korinth hat uns Mathias einen guten Arzt empfohlen. Da wollen wir auch zuerst hin. Aber Korinth liegt in der dunkeldunkelroten Zone. Die scheuen wir. In Kalamata findet Martin eine deutschsprachige Zahnärztin. Alles klar, dort läßt er den Zahn reparieren. Auch für uns geht nach 11 Tagen die Zeit auf Elafónissos zuende. Leider, leider, leider……..
Am nächsten Vormittag starten wir und schaukeln über die Piste Richtung Hafen…..
Nach 40 Minuten Wartezeit rollen wir auf die Fähre. Auf Wiedersehen Elafónissos, thata poume, bis bald!
Eine Viertelstunde später legen wir in Pounda an. Über die Rampe lenken wir aufs Festland und schwenken nach Norden, nach Kalamata.
Liebe Grüße, bis bald!
Julia & Martin
Drink positive!
Instagram: rappelkisteberlin
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