Im kleinen Örtchen Mérindol kommen wir kurz ins Schwitzen, als die Strassen immer enger werden und wir uns gerade noch so um die Kurve biegen können ohne den kleinen Pfosten an der Ecke mitzunehmen. Ein Parkplatz findet sich, wir laufen zum Bäcker und trinken bei “Dédé“ einen Kaffee in der Sonne.
Das Dorf Mérindol ist romantisch, malerisch und bietet alles, was man braucht: einen Bäcker, Tabac/Presse, einen kleinen Supermarkt, zwei Bars, eine Ölmühle und ein Wein- und Feinkostgeschäft. Dazu zwei Restaurants, eines davon in einem alten Haus mit bodentiefen Fenstern und hellblauen Fensterläden. Zierliche Stühle und Tische stehen in einem zauberhaften Garten unter Kastanien….
ich komme ins Schwärmen….hier könnte man direkt hinziehen, in eines der wunderschönen Häuser mit den großen Gärten….wenn sie doch nur nicht alle französisch sprechen würden….
Wir fahren an die Durance, das herrliche Wetter hält an, das müssen wir nutzen. Mittags rumpeln wir über einen kleinen Feldweg über den Damm hinunter zum Fluss. Durchfahrt nur für Anwohner, das sind wir ja im Moment in gewissem Sinne auch. Ein phantastischer Platz am Flussufer! Die Durance schlängelt sich über dicke, runde Steine, hat ganz schön Strömung. Große Schwärme bunter Vögel sausen über uns hinweg, eisblaue Flügel, glänzend kupferfarbener Körper und ein rotbrauner Kopf. Weiß jemand, wie die heißen? Hin und wieder kommen Spaziergänger vorbei und grüßen freundlich, ansonsten nur Ruhe und Sonne. Es wird richtig warm! Aber die Durance ist bestimmt eiskalt, oder? Martin probiert es aus – erstaunlich milde temperiert, er stellt seinen Liegestuhl in den Fluss und steckt die Füße ins Wasser.
Große Greifvögel kreisen am Himmel, ein paar weiße Wölkchen schweben vorbei, ein perfekter Nachmittag. Gegen 20 Uhr wird es feucht und kühl und wir verziehen uns nach drinnen. Morgen bleiben wir am Besten einfach hier….
Ein wunderschöner Morgen. Dichter Nebel liegt über der Flusslandschaft, die Durance scheint zu dampfen.
Als der Nebel sich verzieht, beherrschen dunkle Wolken den Himmel und dieser verfluchte Wind bläst wieder. Hierzubleiben macht keinen Sinn, schweren Herzens verlassen wir unseren schönen Platz und fahren Richtung Apt. Vielleicht kommen wir in den nächsten Tagen nochmal her. Die Fahrt geht durch Lourmarin, in Serpentinen und Schleifen durchqueren wir eine malerische Schlucht. Ein Reisebus vor uns macht uns den Weg frei. Nach einem Einkauf für die nächsten Tage quartieren wir uns auf dem Camping in Apt ein, es ist überraschend voll und wir haben für unsere Rappelkiste nicht viel Auswahl an Plätzen. Der Betreiber ist neu, kennt uns noch nicht und hüpft aufgeregt um unseren Steyr herum. Er will uns dauernd irgendwo einweisen und fuchtelt herum, danke, das schaffen wir besser allein. Am Nachmittag gehen wir in die Stadt, die Geschäfte öffnen gerade wieder, überall werden Rolläden hochgezogen. Im „Trocadero“ nippen wir an zwei Fingerhüten Rosé, für 3,50€ pro Stück, muß ein kostbarer Rosé der Extraklasse sein. Unsere Lieblingsbar „Marigny“ ist schon seit letztem Jahr geschlossen, das Haus steht zum Verkauf. In der Altstadt sind mehrere Geschäfte zu verkaufen, das ist irgendwie beunruhigend. Unsere geliebte Töpferei hat sich im Gegensatz dazu vergrößert. Ein gutes Zeichen! Auf dieser Reise sind uns drei Becher und eine Schale runtergefallen und zerbrochen, hier holen wir Ersatz. Ach, wie schwer ist die Entscheidung….die schönen Farben, die eleganten Formen, wir würden so gerne auch noch diese eine Schale kaufen und noch die eine in der besonderen Farbe und noch den Becher mit den Punkten und, und, und…..
Mit nicht ganz so vielen Dingen, wie wir gerne hätten und trotzdem mehr als wir brauchen, verlassen wir glücklich das Geschäft.
Samstag, großer Markt in Apt. Die Strassen sind schon voller Flaneure, an den Ständen wird eifrig Käse und Salami probiert. Wir stellen uns in die Schlange bei der „Capriole“- Ziegenkäsefrau aus Saignon, die ist immer schnell ausverkauft. Bummeln weiter, essen dabei genüßlich einen frischen Croissant, schauen und probieren hier und da. Der Markt windet sich um eine große Baustelle mitten im Ort und zieht sich durch die Seitengassen. Ein Duo verwöhnt uns mit Musik, er singt bemüht fröhlich, sie spielt Geige und sieht dabei sehr unglücklich aus. Der Sammelhut ist leer. Auf dem großen Platz vor dem Rathaus spielt eine Gipsy-Swing-Truppe, die Jungs haben´s drauf!
Mittags packen die Händler langsam zusammen, wir kehren vor einem kleinen Tabac/Presse ein, die Sonne schaut gerade über die Dächer und bescheint die Terrasse. Der Wirt hat ein fröhliches Kasperlegesicht und ist ein phänomenaler Kellner. In Warpgeschwindigkeit saust er zwischen den Tischen durch, räumt ab, wischt, serviert, klippklapp klemmt der Zettel mit der Rechnung unter dem Tellerchen. Lächeln, lächeln, lächeln, „bonjour, bien sur Madame, avec plaisir Monsieur“. Das Tablett balanciert auf einer Hand durch die schrägsten Winkel, die darauf abgestellten Tassen und Gläser wie angeklebt, die Gesetze der Schwerkraft ignorierend. Ein wahrer Meister seines Fachs! Ein junger Mann, der starke Ähnlichkeit mit Prince Charles hat, räumt gegenüber seinen Nougatstand zusammen, ein Teppichhändler rollt seine Ware ein, zwei junge Leute manövrieren einen Transporter in die Gasse und laden ein Sofa aus. Wir trinken gemütlich Rosé und schauen uns das Ganze an. Besser als Kino. Markttag in Apt ist immer wieder ein Erlebnis. Apt in der Provence
Der Wind fegt Milliarden von kleinsten Platanensamen in unsere Wohnung, alles ist voll damit. Die Sonne blinzelt durch graue Wolken, es ist Sonntag, wir wandern die 4 Kilometer rauf nach Saignon. Der Wanderweg ist nicht spektakulär, sondern einfach nur schön, über schmale Pfade durch Wald, ein bißchen leere Landstrasse und einen fast zugewachsenen, steinigen Weg bergauf. Der Ginster blüht und duftet. In der Nähe der Festung von Saignon kommen wir an, um die Ecke steht die zum Wohnhaus umgebaute Kirche auf den Felsen. Saignon ist verwunschen und in der Zeit stehen geblieben. Der Blick ins Tal auf Apt und den Luberon ist großartig, ein wunderschönes Dorf.
Zurück ins Tal. Duftender Ginster wächst über den Weg, wir erreichen den Wald, ein steiniger Pfad führt uns hinunter bis nach Apt.
Unsere letzte Woche in Frankreich bricht an. Der Mistral bläst, wir wollten nochmal an die Durance, aber nicht bei diesem Wind. Bei uns nennt man sowas Sturm und der deutsche Wetterdienst gibt eine Warnmeldung raus. Schade, aber uns auf die freie Fläche an den Fluss zu stellen macht keinen Sinn. Okay, dann werden wir schon mal 100 Kilometer Richtung Norden bis nach La Garde Adhémar fahren. Es weht uns fast von der Strasse. Der Wind fegt über die grünen Weizenfelder, rote Mohnblumen leuchten aus den Wiesen. Die letzten Kilometer vor La Garde schrauben wir uns steil bergan, das Städtchen liegt wie ein Adlerhorst über dem Rhonetal. An der dicken Stadtmauer entlang ziehen wir durch zwei enge Serpentinen zum Parkplatz außerhalb des Ortes.
Der Platz für Wohnmobile ist auf eine Wiese beim Sportplatz verlegt worden. 100 Meter weiter weg, immer noch nah am Ort, ein guter neuer Platz. Viel unternehmen wir nicht mehr, denn jetzt regnets auch noch…
Aber am nächsten Morgen die große Überraschung: Sonne satt! Beim Frühstück bildet sich um die Sonne ein Wolkenring, wie der Klingelknopf an der Tür des heiligen Petrus. Später schwimmt noch ein Wolkenfisch vobei, sehr christlich heute der Himmel, dabei ist doch gar nicht Sonntag…..
Genug in der Sonne gesessen, nachmittags gehen wir wieder wandern. Um La Garde herum liegt ein knorriger Steineichenwald, durchzogen von holperigen Wanderwegen, manche beinahe zugewachsen mit gelb blühenden, duftenden Ginster und Sträuchern.
Nach einer schönen Rundwanderung von ungefähr 1,5 Stunden kommen wir auf einem schmalen Pfad wieder zur Strasse. Durch das kleine Stadttor in der dicken Mauer laufen wir in die Stadt. Bei unserem letzten Besuch standen einige Häuser zum Verkauf, alle scheinen jetzt neue Besitzer zu haben, es wird eifrig renoviert. Auch die wunderschöne Farm vor der Stadtmauer scheint verkauft worden zu sein. Auf der ehemaligen Pferdekoppel wird ein riesiger Swimmingpool gegraben. Viele Gassen gibt es hier nicht, der Ort ist winzig. Wir wandern an der ebenfalls renovierten Mairie vorbei, umrunden die uralte, wehrhafte Kirche mit den vielen Handwerkerzeichen im Gewölbe. An der Grundschule mit den Platanen auf dem Schulhof stehen Eltern und holen ihre Kinder ab. Der kleine Schmuckladen scheint eine Wohnung geworden zu sein. Wie schnell sich alles verändert, trotzdem ist der alte Charme von Adhémar ungebrochen, es ist immer noch zauberhaft. Zu unserer großen Freude hat der kleine Lebensmittelladen am Dorfplatz inzwischen eine Alkoholausschanklizenz und wir können uns vor dem einsetzenden Regen unter die Markise an ein rosa Tischchen flüchten. Die Roségläser werden anständig gefüllt, neben uns grübelt ein umfangreicher Handwerker vor einem Blatt Papier über ein bautechnisches Problem mit der Eisvitrine. Der örtliche Bouleclub trifft langsam ein, bestellt flaschenweise Rosé, Baguette, Käse und Salami, erstmal gemeinsam vespern, bevor man zu den Kugeln greift. Die französische Lebensart gefällt uns sehr, wir sind immer so gerne hier.
Am nächsten Morgen: die grauen Wolken bleiben am Mont Ventoux hängen und schütten ihre gesamten Wassermassen über uns aus. Wir kapitulieren. Für die kommende Woche haben wir unsere Rappelkiste zum Komplettcheck beim Steyr-Spezi in der Schweiz angemeldet, mal sehen, ob wir das vorverlegen können. Der Wetterbericht sieht so miserabel aus, unseren Traum von Sonne und Wassersport auf der Rhone bei Seyssel können wir begraben. Der Mistral scheucht uns aus Frankreich hinaus.
Abseits der Route Nationale 7 kurven wir über kleine Landstrassen Richtung Norden durch die Provence. Die bedrohliche Burg von Crest wacht über der Stadt, wie ein Hochhaus ohne Fenster sieht sie aus. Vor uns ein Gebirgszug, trutzige Bergdörfer, wir fahren durch Walnussplantagen, vorsichtig sprießen ein paar wenige Blättchen. Gelbe Rapsfelder leuchten unter den grauen Wolken. An den Kirschbäumen hängen die grünen Fruchtkügelchen, die Berge am Horizont werden höher und sind schneebedeckt.
Vor Hostun eine Gegend mit wunderschönen Häusern, kleine Paläste, einer romantischer als der andere. Kastanien haben ihre weißen Blütenkerzen aufgesteckt. Auf den Hügeln hier und da ein Chateaux mit runden Türmen. Wir fahren an Hostun vorbei, die “Grüne Katze“ in St. Martin-de- Boulogne besuchen wir diesmal nicht. Die Rappelkiste im Wellnesshimmel und Meer
Am späten Nachmittag parken wir in Seyssel an der Rhone, 50 Kilometer südlich von Genf. Kaum angekommen, öffnet der Himmel seine Schleusen…
Es ist kalt, wir rufen in der Schweiz an und können tatsächlich schon ein paar Tage früher kommen. Adieu Frankreich, wir wären ja so gerne noch geblieben…..wann werden wir wohl mal wieder herkommen können? Vor uns liegt die Südamerikareise, viel Zeit für Europa werden wir erstmal nicht mehr haben….
Los jetzt, auf in die Schweiz, eine arbeitsreiche Woche erwartet uns!
Bis bald, liebe Grüße
Julia & Martin
Drink positive!
Ann & Peter
Hallo ihr Lieben
Wir haben uns in Spanien kennengelernt und in Marokko einige Male gemailt – könnt ihr euch erinnern? Ann und Peter aus der Schweiz mit Zwegschnauzer Vilja. Seither haben wir immer sehnsüchtig auf euren nächsten Bericht gewartet, immer süffig und informativ geschrieben. Danke herzlich dafür!
Da ihr ja zeitverzögert schreibt nehmen wir an, dass ihr die Schweiz bereits wieder verlassen habt. Falls nicht, würden wir uns über einen Besuch von euch freuen. Wir wohnen ganz in der Nähe von Schaffhausen. Schreibt einfach ein Mail, wäre lustig.
Ganz besonders interessieren uns eure Südamerika-Pläne. Wir machen ja seit längerem an der Panamericana herum, wollen aber zuerst unseren Carthago verkaufen (war eine Fehlentscheidung) und einen 4×4 kaufen.
Meldet euch gerne, wir erwarten euch mit einem „Gsprützte“ oder so, ganz nach eurem Motto: Drink positiv 🙂
Ann und Peter