Der Ambrakische Golf…..nie davon gehört. Dabei wir waren schon dort, bei Menidi am Nordufer ( Von Siebzehnhundert auf Null – Cave of Lakes, Helmos Gebirge, Karavastosi)
Diesmal fahren wir zum Südufer. Die Strandliegen huckepack am Unimog, unterwegs nach Vonitsa, werfen wir noch einen Blick auf Lefkas unter Regenwolken.
Am späten Nachmittag rumpeln wir an einer geschlossenen Strandbar vorbei am Ufer des Ambrakischen Golfes entlang. Drei Womos stehen schon dort aber im hintersten Eck gibt es ein schönes Plätzchen für uns. Abends zieht feuchtkalte Luft übers Wasser heran, zum Aufwärmen kocht Martin für uns alle eine hervorragende Fischsuppe, die wir draußen unter der Markise löffeln. Der Himmel klart auf und das Beinahevollmondlicht schimmert auf dem Wasser.
Pünktlich zum Sonnenaufgang werde ich wach.
Draußen klingt es wie ein leichter Sommerregen, doch das sind nur die raschelnden Blätter der Pappel neben uns. Blauer Himmel! Gleich aufstehen und schwimmen!
Am Ufer stehend schrecke ich zurück: überall Seeigel im Wasser, ein dichter stacheliger Teppich! Da wage ich mich nicht hinein. Die Stranddusche funktioniert, dann muß es eben eine kühle Dusche sein.
Wir machen uns ein paar schöne Tage an der Lagune, nur etwas getrübt durch viele kitzelnde und pieksende Fliegen.
Entspannt, friedlich – wäre da nicht diese eine Sache, die uns ständig im Hinterkopf herumspukt. Die Zeit des freien Reisens könnte bald wieder vorbei sein. Der Norden Griechenlands ist bereits abgeriegelt, Sperrzone. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sollen verschärft werden, wir müssen uns auf einen zweiten lockdown einstellen. Wo wollen wir dann sein? Die rote Zone der Corona-Karte rückt von Norden her stetig näher. Eigentlich wollten wir noch in die Weihnachtsbucht fahren ( Feiertage ), doch das streichen wir. Die Pandemie mischt sich erneut in unsere Reisepläne ein.
Schilf klatscht an unseren Spiegel als wir über kleine Pisten die Lagune verlassen. In Vonitsa kaufen wir das beste Brot ever in Griechenland in einer über 100 Jahre alten Bäckerei mit original Holzofen von 1909. Die kleine Dorfkirche mit ihrem originellen Glockenturm steht wie eine Verkehrsinsel auf der Straße
Die Landstrasse schlängelt sich dicht an der Küste südwärts. Ein paar Kilometer hinter Mitikas biegen wir ab auf Lehm und Schotter. Es wird holperig, ein ganz leichter Anflug von Offroadfeeling! An wild zusammengedengelten Hütten vorbei rappeln wir durch ein kleines Flussbett zu einem Plateau. Ein unkontrollierter, improvisierter Campingplatz: ebene Terrassen mit Meerblick sind angelegt, nebenan eine private Badebucht, was will man mehr?
Im Abendlicht lasse ich die Kamera fliegen
Die Nachmittagssonne schmückt sich mit einem Kranz, Holz ist schnell gesammelt, die Lichter von Kalamos und Kastros glitzern von den Inseln herüber und auf dem Meer blinken die roten Positionslichter der Fischfarmen.
Morgens gegen 7 Uhr sehen wir den Vollmond im Westen untergehen, während hinter uns im Osten die aufgehende Sonne alles in rosa Licht taucht. Mit einem Bad im glasklaren Wasser unserer Badebucht beginnt der Tag.
Bei einem Spaziergang schauen wir uns die Bauwerke an
Alles vorhanden, Taverne, Duschhäuschen und eine gut gelüftete Toilette mit Meerblick
Eine Badebucht reiht sich an die nächste und auf der winzigen Insel steht ein exklusives Ferienhaus
Die ersten Zugvögel aus dem kalten Norden sind da. Nachmittags taucht eine Gruppe Delfine auf und bietet uns eine tolle Show
Hier fühlen wir uns so wohl, wir würden am liebsten eine ganze Woche bleiben, mindestens. Aber die verdammte rote Zone rückt näher und treibt uns weiter vor sich her Richtung Süden.
Nach ein paar Tagen rüsten wir zum Aufbruch, aber wirklich ungern
Der Sonnenuntergang am letzten Abend ist spektakulär und macht uns den Abschied noch schwerer.
In Etoliko halten wir für eine kleine Pause. In der Galerie im Ort stellt ein Holzschnittkünstler aus, schade, das gerade Mittagsruhe ist, ich bin drauf und dran etwas zu kaufen
An den Meersalzbergen vorbei setzen wir die Fahrt nach Süden fort, ein langer Fahrtag. Mit Blick auf die Brücke nach Patras parken wir für die Nacht.
Danke Sylvia, für das super Rappelkiste-im-Mondlichtfoto!
Wir wollen auf jeden Fall vor dem nächsten lockdown auf dem Peloponnes sein, also nehmen wir gleich am nächsten Tag die Fähre von Andirrio nach Rio. Wie oft sind wir jetzt schon mit dieser Fähre hin- und hergefahren?
Yassu Peloponnes! Es fühlt sich ein wenig an wie nach Hause kommen.
50 Kilometer ostwärts, in Diakopto, stellen wir uns an den Kiesstrand
Von Diakopto führt eine Zahnradbahnstrecke durch die Vouraikos Schlucht auf 22 Kilometern Länge hinauf nach Kalavryta, auf ungefähr 700 Höhenmeter. Der E4 Wanderweg verläuft auf den Schienen, von Mega Spileon, der Mittelstation aus, möchten wir bergab zurück wandern.
Hunde dürfen nicht mit in den Zug, für Sylvia und Alfred ist die Wanderung gestrichen, sie gehen mit Shina wieder zurück zu den LKWs.
An beeindruckenden Felsenwänden vorbei schraubt sich die Odontotosbahn nach oben. Nach einigen Kilometern klicken die Zahnräder ein, der Zug fährt durch Tunnel, so maßgenau, daß man die Wände berühren könnte. 49 Brücken überspannen tiefe Schluchten, luftige Konstrukte bis zu 60 Metern lang und teilweise ohne Geländer!! Das wird spannend auf unserem Wanderrückweg
In Mega Spileon steigen wir aus und machen uns auf den Weg zurück nach Diakopto. Ungefähr 13 Kilometer Wanderweg liegen vor uns, zumeist direkt auf den Schienen, manchmal auch als schmaler Kiespfad nebendran. Durch die Tunnel und über die hohen Brücken, wir sind sehr gespannt, wie das wird. Den Fahrplan der Bahn haben wir im Telefon gespeichert, damit wir rechtzeitig ausweichen können, wenn der Zug zurückkommt, manchmal bleibt dafür kaum Platz.
Nach einer Stunde ungefähr erreichen wir die erste Brücke. Oh….der Steg an der Seite gerade mal zwei Fuß breit, zwischen den Schienen freier Blick in die tiefe Schlucht…..hm…..ich gehe etwas näher heran….also das ist nur etwas für schwindelfreie Menschen. Wir wollen da nicht rüber und schauen, ob es einen anderen Weg durch die Schlucht gibt – nein. Mist, das war´s mit dem Wanderweg E4 für uns. Ich mache noch ein Foto, aber das gibt die Situation nicht annähernd wieder, weil man den gruseligen Durchblick nach unten nicht sieht.
Enttäuscht kehren wir um und stapfen alles wieder bergauf. Unsere innere Uhr meldet, daß der Zug bald kommen müsste, wir suchen uns einen schmalen Platz am Rand zum picknicken. Kaum sind die Brote ausgepackt, rauscht der Zug auch schon an uns vorbei! Top timing!
Mega Spileon liegt in einem schattigen, kühlen Tal, grün überwuchert und zugewachsen. Wir haben noch nicht genug und folgen dem Wanderweg hinaus in die glühend heiße Sonne zum Kloster auf den Berg. In engen Serpentinen kraxeln wir die Felsen hinauf, gefühlt beinahe senkrecht.
Nach einer Stunde sind wir durchgeglüht und ziemlich fertig. Wir klettern wieder runter und warten vor der Bahnstation auf den Zug nach Diakopto. Die Taverne hat geschlossen, es gibt kein kühles Bier zu kaufen…..
Das war ja mal ein durchwachsener Wandertag! Als wir mit dem Zug bergab gondeln und uns die Tunnel und Brücken nochmal anschauen, wird uns umso mehr klar, daß es richtig war, gleich bei der ersten Brücke umzukehren. Es wäre nur noch schlimmer geworden, die Tunnel lang und dunkel, die Brücken schwindelerregend – nix für uns.
Sylvia und Alfred haben gekocht, wenn das nicht ein perfekter Ausklang des Tages ist! Es ist dunkel, wir sitzen am Strand, haben ein Licht auf dem Tisch. Etwas entfernt beleuchtet ein blaues Licht die Einfahrt des kleinen Hafens.
Plötzlich kracht und knirscht es am Ufer! Wir schrecken zusammen: ein kleines Fischerboot ist mit voller Kraft voraus auf den Strand gebrettert. Die beiden Schipper kringeln sich vor lachen, haben wohl unsere Tischbeleuchtung mit dem Hafeneinfahrtslicht verwechselt! Das Boot wird wieder ins Wasser geschoben und beim zweiten Versuch klappt es auch mit der Hafeneinfahrt.
Wir sitzen vor dem Unimog und machen Pläne für eine mehrtägige Bergtour. „Das wird super und das Wetter stimmt auch noch“ freuen wir uns.
Da kommt die Nachricht, daß Ministerpräsident Mitsotakis den landesweiten zweiten lockdown ab übermorgen verkünden wird.
Das war´s.
Keine Bergtour, keine Wanderungen, kein langsames tingeln von Strand zu Strand mehr.
Schwermütig packen wir unsere LKWs und machen uns auf den kürzesten Weg nach Elea. Nach den Erfahrungen vom ersten lockdown dort, scheint uns das der beste Platz zum aussitzen zu sein. Die Zeit des freien Reisens in Hellas ist erstmal vorbei.
Liebe Grüße, bis bald!
Julia & Martin
Drink positive!
Instagram: Rappelkisteberlin
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