Eine Einladung zum Lunch bei Freunden bringt uns nach Kamari. Von hier aus wollen wir weiter in die Berge fahren. Wir werden gewarnt: vor Sidirokastro kommt eine Rechtskurve, die wir nicht direkt schaffen werden. Wir müssen zuerst nach links in den Ort hinein, wenden und dann wieder zurück. Ehrlich gesagt, klingt „in den Ort hinein und dort wenden“ für mich schwieriger als jede Rechtskurve. Nein, sei kein Problem versichert man uns. Wir werden sehen…
Dunkelrosa blühen die Judasbäume, ein schöner Kontrast zum gelben Ginster auf den Hängen der Bergkegel.
Herrliches Sommerwetter, schon seit ein paar Tagen. Den Schafen ist es zu heiß, sie drängen sich in den Schatten. Sidirokastro kommt in Sicht. Tatsächlich, wir kommen nicht um die Kurve. Steil, schräg, eng, Bäume im Weg, wir können nicht ausholen. Also hinein ins Dorf. Auf der ersten Kreuzung im Ort wenden wir, dankbar für das „No Parking“ Schild und fahren gleich wieder raus. Kein Problem.
Die Landstrasse schlängelt sich aufwärts durch grüne Hänge und Täler. Bei Platánia haben wir einen fantastischen Meerblick. Die Küste ist ungefähr 12 Kilometer Luftlinie entfernt. „Nicht nach Platánia reinfahren, das ist eine enge Falle!“ wurde uns geraten. Machen wir nicht….
Ein Heiligenschein aus Kondensstreifen schwebt über einem Berg. Weit hinten, knapp unterhalb des Horizonts, sehen wir das steinige Flussbett der Neda.
Der Fluss hat eine tiefe Schneise in den Berg geschliffen. Am oberen Rand der Nedaschlucht fahren wir entlang, parallel zum Fluss, stetig bergab ins Tal. Den Abzweig zu den Wasserfällen lassen wir hinter uns. Dahin haben wir letztes Jahr mal eine schöne Wanderung gemacht.
Neben uns schroffe Felswände, wir kommen runter zum Fluss. Laut rauscht er über die Steine. Direkt hinter einer kleinen Brücke befindet sich die Zufahrt zu einem Wanderparkplatz.
Den sehen wir uns mal an.
Volltreffer! Glasklar und eiskalt plätschert der Fluss, dazu Vogelgezwitscher und Sonne, herrlich! Wir bleiben gleich 2 Nächte am sattgrünen Ufer der Neda stehen, bevor wir uns wieder in die Kanzel und die nächsten Kurven hinaufschwingen.
Nach wenigen Minuten Fahrt befinden wir uns bereits 500 Meter höher. Eine gewaltige Platane steht am Ortseingang von Figalia, passen wir da drunter durch? Zum Glück! Über schönes Strassenpflaster rollen wir durch den Ort.
Die Landstrasse führt an uralten Quellen vorbei, umrundet tiefe Täler, immer weiter bergauf, milchiges Licht trübt die Sicht über die Berge.
Mit zunehmender Höhe, ab 1000 Meter, wird die Landschaft felsiger und die Vegetation karger. Aus dem blühenden Frühling wird wieder ein Vorfrühling. Die Bäume sind noch ohne Laub, allenfalls sprießt ein ganz zartes Grün, es wird auch merklich kühler.
Unter weißen Planen verbirgt sich ein Apollo Tempel, Zeit für eine kurze Pause.
Über einen Pass geht es weiter. In den Tälern stehen die Ruinen von vielen Farmen, große Rundbauten. Der Strassenzustand verschlechtert sich. Hier herrscht wohl kaum Verkehr, in den großen Schlaglöchern wachsen Blümchen.
Auf einem Parkplatz in Neda halten wir und machen Mittagspause.
Beim rausfahren entdecken wir mitten im Ort, rechts unterhalb der Strasse, die Nedaquelle, beschirmt von einer Riesenplatane. Das Wasser sprudelt mit kräftigem Druck in ein großes Steinbecken. Wir möchten uns das ansehen, wo können wir halten?
Nirgends, denn die Strasse wird unversehens zu einer Art Feldweg.
Sind wir hier richtig? Ja, kurz hinter dem Ort beginnt wieder Asphalt. Ginstersträucher erobern sich die Fahrbahn.
Kaum haben wir den Bezirk Messenien verlassen, endet unerwartet die Teerstrasse, wir knirschen über Schotter. Serpentine um Serpentine kurbeln wir hinab ins Tal. Kurz vor der letzten Haarnadel beginnt die Teerstrasse wieder. Wir sind jetzt im Bezirk Arkadien.
Vor uns ist scheinbar der weitere Strassenverlauf zu erkennen, aber das entpuppt sich als optische Täuschung.
Von hier aus unsichtbar liegt ein Tal , wir müssen einen Haken schlagen. Zuerst ganz runter, in großem Bogen durch den nächsten Ort und anschließend wieder hinauf.
Bergdörfer sind immer spannend und Lykaio hat uns was zu bieten: nämlich eine Menge Engpässe……
Der Kinderspielplatz mit der Rutsche auf die abschüssige Strasse irritiert etwas.
Mit jedem Meter, den wir tiefer ins Tal kommen, wird es wieder frühlingshafter. Wir quetschen uns durch den nächsten Ort und erhaschen erste Ausblicke in die Hochebene von Megalopoli und die Braunkohlekkraftwerke.
Unten angekommen fahren wir durch frischgrüne Wälder, den Kraftwerkturm immer voraus.
Eins der beiden Kraftwerke ist abgeschaltet. In der halb verfallenen, verlassen wirkenden Arbeitersiedlung sitzt ein alter Mann vor einem der Häuser, ganz schön alleine.
Hoppla, jetzt hab ich einmal ganz kurz nicht aufgepasst und schon sind wir am Abzweig nach Megalopoli vorbei….wir rollen auf´s stillgelegte Kraftwerksgelände….Ups?!
Martin wird stutzig: „Bist du sicher, daß wir richtig sind?“ „Ähhh, ich glaube, hier können wir auch lang…..“
Ein klasse Weg. Einfach mittenrein, an Kohlehalden vorbei, unter Förderbändern hindurch, quer durch die alten Anlagen. Kein Tor oder Zaun hält uns auf.
Schließlich stoßen wir wieder auf die Hauptstrasse, beleuchtete Förderbänder transportieren die Braunkohle über Kilometer hinweg zum intakten Kraftwerk.
In trautem Nebeneinander liegt Altes und Modernes:
an der Strasse eine antike Tempelanlage, dann das schachbrettartig angelegte Megalopoli oder die stillgelegte alte Eisenbahnbrücke und die leere Autobahn….
Über 12 Serpentinen kurbeln wir den nächsten Berg hinauf.
In Manares passiert dann, was wir mit Spannung erwartet haben: die Ortsdurchfahrt ist so schmal, jetzt bleiben wir stecken! Ein vorsichtiger Versuch…..mit dem Reifen schrappen wir an der Hausmauer entlang.
Aber wir passen doch gerade noch so durch, prima! Geht doch!
Auf den Bergkämmen drehen sich die modernen Kraftwerke, verbunden durch Oberleitungen.
Später Nachmittag, seit Stunden sind wir schon unterwegs, wir sollten bald einen Nachtplatz finden. Vielleicht auf diesem netten Picknickplatz unter hohen Bäumen?
Nein, gefällt nicht. Oder an der Piste vor dem kleinen Ort? Wir probieren es aus, aber die Piste geht nur rauf zu den Windrädern, nein, danke. Auf dem Parkplatz hinter dem kleinen Ort?
Nein, nein…wir probieren dies und das, nichts gefällt uns. Links und rechts Walnussplantagen oder Mäuerchen, da geht auch nix.
Nach einer weiteren Stunde biegen wir spontan ab in einen Feldweg, der den Hügel heraufführt. Nach etwa 600 Metern Aufwärtsgerumpel finden wir eine Wiese. Das ist es:
in jeder Richtung die perfekte Alleinlage!
Die Wiese duftet intensiv nach Kräutern, ein Kuckuck ruft. Wir stehen auf 1173 Metern Höhe, es ist kühl, aber nicht kalt, man kann gut draußen sitzen.
Im Hintergrund erhebt sich grau und mächtig der Megálo Toúrla, der Berg, den wir erklimmen möchten.
Gegen Abend tuckert ein Traktor vorbei. Der Fahrer sieht uns, reckt den Daumen hoch, winkt und ruft uns irgendetwas zu, die Leute sind immer so freundlich. Im Tal funkeln die Lichter von Agios Petros, es war ein langer Tag, etwas mehr als 100 Kilometer sind wir gefahren. Feierabend für heute.
Mathias funkt uns an: „Wir stehen 10 km hinter Agios Petros, wollen wir morgen gemeinsam auf den Berg fahren?“
Klar! Sehr gerne! Bis morgen!
Liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Instagram: rappelkisteberlin
Schreibe einen Kommentar