Noch ganz erfüllt von den Bildern aus Vathia steuern wir auf der Küstenstrasse durch die raue Felsenlandschaft der SüdMani. In den Hängen die gelben Farbtupfer der Ginsterblüten, ich schaue kurz zurück über die schroffe Südküste. Flankiert von hölzernen Strom – und Telefonmasten kurven wir zwischen struppig bewachsenen Hügeln hinab durch eine kleine Ansammlung Häuser zum Kap Tenaro. Auf einem Parkplatz endet die Strasse, das wird unser Nachtplatz mit netten Nachbarn aus Frankfurt.
Es folgt eine Überraschung: Wir haben kein Netz! Zum erstenmal in Hellas ein Ort ohne Netz. Ungewohnt.
Später trifft die Radelfamilie ein, die wir auf dem Weg nach Vathia getroffen haben. Flott unterwegs die fröhlichen Franzosen. Irgendwo in der Pampa bauen sie ihre Zelte auf, lassen aber das meiste ihrer Ausrüstung vertrauensvoll beim Parkplatz liegen. Das Abendlicht taucht alles in rosa…. war Abendrot jetzt ein Gut – oder ein Schlechtwetterbot?
Morgens tröpfelt es aufs Dach. Da hab ich meine Antwort, das Wetter schlägt um. Hatten wir die Woche zuvor eine „Hitzewelle“ mit 26 Grad – angeblich der wärmste Januar seit 50 Jahren – frischt der Wind jetzt auf. Uns erwarten Regen und graue Wolken. Wir möchten zum Leuchtturm wandern – so ein paar Regentröpfchen können uns nicht abhalten. Hui….wirklich heftiger Wind, die Kapuzen flattern uns um die Ohren. Bombenidee so eine Wanderung.
Gleich zu Beginn des Weges bewundern wir die Reste eines römischen Mosaiks, das ungeschützt seit Jahrhunderten der Witterung trotzt.
Wenig später beginnt es richtig zu regnen, aber wir kehren nicht um. Und auf dem ersten Gipfel hört es schon wieder auf, unsere nassen Sachen trocknen schnell im stärker werdenden Wind. Am Wegesrand wachsen wehrhafte Stachelgewächse und robuste Orchideen.
Linkerhand fällt der Abhang schräg hinab ins Meer, lila und gelb leuchten Iris und Ginster. Ein Trampelpfad verläuft auf dem Bergrücken über nasse, glatte Felsbrocken. Starker Westwind knufft uns in die Seite, beim Blick nach unten wird´s uns mulmig. Dann sichten wir die Spitze des Leuchtturms. Wunderschön, in blau und rot steht er auf der Spitze des Kaps. Südlicher gelegen als Tunis, der, nach Punta de Tarifa, zweitsüdlichste Punkt des Europäischen Festlands.
Lange bleiben wir nicht beim Leuchtturm, die Windböen zerren an uns, wir tasten uns bald über die Felsen wieder zurück. 2 Stunden waren wir unterwegs, die Rappelkiste wartet alleine auf dem Parkplatz. Abends erhebt sich ein wilder, pfeifender Sturm, der Shelter schaukelt und Regen prasselt laut gegen die Wand. Wir vertreiben uns die Zeit mit einem Kartenspielchen.
Plötzlich draußen Ruhe. Nach 20 Minuten stürmt es wieder los. Dann wieder Ruhe. Dann wieder Sturm und so weiter, hin und her, merkwürdig. Um Mitternacht geht Martin raus und parkt um, damit wir ruhiger im Wind stehen. Noch 2 heftige Böen – und der Sturm verstummt für den Rest der Nacht. Gibt´s denn sowas?! Der Himmel ist klar und Trilliarden von Sternen leuchten in die Dachluke.
Morgens trocknen feine Sandschlieren auf dem Fensterglas, die Sonne strahlt vom Himmel – wir suchen heute den Eingang zum Hades, der soll hier um die Ecke sein. Stirnlampen haben wir dabei. In einem kleinen, natürlichen Hafen liegt ein weitgereister Kanister und da – hinter den Büschen unter dem Felsüberhang – könnte der Zugang zur Unterwelt sein……
Keine Höhle, kein Eingang, ringsum nur geschlossene Felswände. Wahrscheinlich bedeutet das, daß uns der Zutritt noch verschlossen bleibt….sehr gut eigentlich!
Oberhalb befindet sich die Ruine eines Poseidontempels, zusammengefügt aus gewaltigen Felsquadern. In der winzigen Apsis steht eine abgebrochene Steinsäule, auf der „Opfergaben“ abgelegt wurden. Hm, worum bittet man denn Poseidon? Egal, wir legen sicherheitshalber auch einen Stein auf die Säule.
Wir packen zusammen und fahren los, die Ostküste entlang Richtung Norden. Das Meer leuchtet blau, weiße Schaumkrönchen tanzen auf den Wellen.
Und dann geht es mal wieder sowas von bergauf! Über 9 Serpentinen kurbeln wir in kürzester Zeit auf knapp 400 Meter hinauf. Kann einem fast schwindelig werden dabei…….Von oben haben wir eine grandiose Sicht auf Porto Kagio und den östlichen Finger des Peloponnes.
Eine wunderschöne Fahrt, teils auf den Bergrücken, teils an der Küste.
Eine Schafsherde, nur von einem Hütehund begleitet, läßt sich alle Zeit der Welt bevor sie uns Platz machen, ganz die typisch griechische Gelassenheit
Von oben sehen wir Traumbuchten, die man nur zu Fuß erreicht, wie es scheint. Haarnadel um Haarnadel geht es hinauf oder hinab. Die Ortsdurchfahrten sind immer spannend, aber nie ein Problem.
Die Mandelbäume blühen und schaut mal, wen wir unterwegs schon wieder treffen? Die sportlichen Franzosen!
In Skoutari halten wir auf dem vom Sand überspülten Parkplatz und überlegen zu bleiben –
aber dann zieht es uns doch noch weiter. In einem winzigen Hafen machen wir Mittagspause, hier ist es schön, aber die Sonne verschwindet zu früh hinter den Bergen.
Weiter durch niedrige Steineichenwäldchen, an verkohlten Bäumen und langgezogenen Stränden vorbei – die merken wir uns auf alle Fälle schon mal für später irgendwann. Zum Glück müssen wir nicht über die uralte Brücke. Die Küstenorte sind alle im Winter/Coronaschlaf, still und verlassen. Wir könnten hier überall an den Stränden prima parken, aber wir sind in Fahrt……
Nicht mehr weit bis Gythio. Bald sehen wir den weißen Leuchtturm auf der Spitze einer Landzunge. Was für eine Stadt! Wir rollen an den wunderschönen Häusern vorbei und bedauern zutiefst, daß alles geschlossen hat. Mit geöffneten Tavernen und Kafénions muß es hier lebendig, quirlig und traumhaft sein. Hoffentlich können wir das mal erleben.
So verlassen wir Gythio gleich wieder und steuern zum Paralía Valtaki nördlich der Stadt, wir möchten das berühmte Schiffswrack besichtigen. Das Wrack der Dimitrios liegt seit 40 Jahren auf Grund, nachdem es sich während eines Sturms von der Ankerkette losgerissen hat. Von der Strasse werfen wir schon mal einen Blick auf das Schiff, parken unten am Strand und wandern los für einen ersten Eindruck. Die Abendsonne lugt kurz durch Wolken und läßt den Rost auf dem Schiff aufleuchten.
Noch etwas Holz eingesammelt, vielleicht können wir hier morgen ein Feuerchen machen….jetzt genießen wir noch einen Drink auf der Rappelkistentreppe, dann ist Feierabend für heute.
Bei Sonnenschein machen wir am nächsten Tag eine ausführliche Wrackbesichtigung. Imposant, wie die Wellen durch den Schiffsrumpf laufen, das Sonnenlicht durch die verrosteten Spanten scheint. Verbogen und eingedellt von Wind und Sturmwellen der letzten 40 Jahre. Wir spazieren den Strand entlang bis zu seinem felsigen Ende und wieder zurück. Gestern hat das Abendlicht das Wrack so toll beleuchtet, wir werden später nochmal wiederkommen mit dem Kameraflieger.
In der Zwischenzeit hackt und sägt Martin Feuerholz und ich übe
Am späten Nachmittag gehen wir mit der Flugausrüstung nochmal zum Wrack. Angekommen bemerke ich, daß von 3 Fliegerakkus einer komplett leer ist, die restlichen 2 nur halbvoll. Das Pad, das mir als Bildschirm dient, hat nur noch 15% Ladung, na Bravo! Was für eine miese Vorbereitung! Ich starte, filme eine schöne Sequenz, ein bißchen geht noch, oder? Ich möchte nur noch kurz……piep, piep, piep…. der Akku ist leer, der Bildschirm vom Pad ist dunkel. Mist! Der Wind frischt auf, schnell, landen, Akku wechseln und mit dem Handy fliegen. Blöd nur, daß die App nicht auf dem Handy geladen ist, also los, wir laden beide eilig runter, das Licht wird nicht besser….Vor Aufregung lade ich die falsche App, Martin die richtige, aber der Flieger mag sich einfach nicht mit Martins Phone verbinden, Manno!!! Ich will nochmal starten, Blindflug, aber dann ist auch noch die SD Karte voll, grrrrrrrr!!!!! Alles total versaubeutelt….
Es soll wohl nicht sein. Wir setzen uns in die Abendsonne, entkorken den mitgebrachten Roséwein, genießen die Stimmung und das Licht, nur für uns, ganz entspannt…..
Dann wird´s kühl, wir gehen zurück und entzünden das Lagerfeuer. Das gesammelte Holz reicht für einen langen Abend, sehr spät in der Nacht löschen wir die letzte Glut.
Erfreulicherweise haben wir, trotz Hektik, ein paar schöne Luftaufnahmen bekommen, vor allem schöne Videos, wie wir später sehen.
Morgens um 7 sitze ich mit Tee und Kamera ausgerüstet auf dem Mauervorsprung am Strand. Wolken ziehen über den Himmel, das erhoffte Morgenlicht bleibt blass. Die Sonne findet noch eine Lücke, streckt ihre Finger aus zum Meer. Von Osten zieht eine düstere Regenfront heran.
Kalt ist es, nach einer Stunde kehre ich durchgefroren zurück zur Rappelkiste. Wir fahren heute weiter…
In 4 Tagen sind wir in Elea verabredet zu Benemsi´s Geburtstag, wir schlagen den Weg nach Westen ein, über die Berge auf die andere Seite. Etwas lässt uns nämlich noch nicht los: ein Sonnenuntergang im Amphitheater….das möchten wir gerne sehen….
Bis bald, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Instagram: Rappelkisteberlin
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