Heute wandern wir zur Placa Indepencia. Auf dem Weg dorthin wieder ein Haus schöner als das andere. Wieviel Mühe man sich früher mit den Fassaden gegeben hat! Jedes Haus hat ein unverwechselbares Gesicht.
Der Palacio Salvo, das Wahrzeichen Montevideos. 1928 fertiggestellt und mit seinen 105 Metern bis 1935 das höchste Gebäude Südamerikas.
Hier beginnt eine moderne Einkaufsstrasse. Der Tata Supermarkt hat eine gute Auswahl, sogar Bioeier. Käse allerdings ist fast unbezahlbar.
Die Häuser wieder im Epochenmix, die Seitenstrassen alle von hohen Bäumen beschattet. Gefällt uns.
Man sieht viele Obdachlose, schlafend auf dem Boden. Noch nicht mal eine Pappe als Untergrund, geschweige denn eine Decke.
Im Zickzack umschiffen wir die Hundehaufen, schlendern durch Seitenstrassen zum Rio.
Kormorane sonnen sich auf den Felsen
Beim Futbol – Platz machen wir Pause, sehen den Kleinen beim Spiel zu.
Zufällig wählen wir die Strasse zurück, die zum Copacabana Café führt. Ein Kaffee ist uns jetzt gerade recht. Wir sind schon wieder müde. Das dauert ganz schön mit dem Jetlag.
Erstmal wieder hinlegen…
Dirk hat eine gute Nachricht: unseren Aufenthalt im Puertovideo können wir bis Donnerstag verlängern, Glück gehabt!
Abends sitzen wir mit einem Glas Wein auf der Dachterrasse. Schön hier oben. Vielleicht sehen wir von hier aus morgen die Grande Buenos Aires mit Rappelkiste an Bord einlaufen.
Heute ist großer Flohmarkt, da müssen wir hin! Martin macht Frühstück
Am Palacio Salvo vorbei geht es wieder die Einkaufsstrasse Avenido18.Juli hinunter
25 Blocks, dann beginnt der Markt. Zuerst die Blumen und die Tiere. Das tut einem in der Seele weh, die kleinen Käfige zu sehen
Der Wochenmarkt erstreckt sich über die gesamte Calle Tristan Narvaja. Es ist unglaublich voll. Gemüsehändler präsentieren ihre Ware, manche sehr dekorativ und andere nicht so. Lautstark preisen alle ihre Angebote. Salsamusik tönt aus schrebbeligen Boxen. Die Leute lachen, unterhalten sich unüberhörbar, ein fantastisch lebendiges Lärmgemenge. An einer Kreuzung wird für eine Partei geworben. Wir schieben uns durch die Massen.
Aber wo ist der Flohmarkt?
In jeder Seitengasse. Auf Tischen oder dem Boden ausgebreitet gibt es allerlei Schätze zu finden. Über allem wabert der Duft von 1000 Räucherstäbchen. Und die unvermeidlichen Nebelschwaden der Asados. Ältere Herren schlürfen gemütlich ihren Mate Tee und plaudern, kichern und lachen. Mate macht fröhlich, wie es scheint.
Diese Speedy Gonzalespuppe mit Bauchtröte ist doch toll! Oder das Hündchen? Martin gerät bei den Fahrzeugplaketten ins Schwärmen und die alte Cola – Kühlbox ist doch der Hammer! Wir würden so gerne kaufen, aber dann – wohin damit? Schade, schade!
Stundenlang kann man hier durch die Gassen driften und schauen, der Markt zieht sich über viele Blocks. Völlig genial! Wir entdecken zwei Apothekenflaschen in genau der richtigen Größe für unser Gewürzregal. In Georgien sind uns mehrere zu Bruch gegangen. Der Verkäufer lacht herzhaft über unsere Verhandlungsversuche auf spanisch, wir einigen uns auf einen guten Preis.
Dann macht Martin die Entdeckung des Tages: das Dachcafé!
El Imperio, genau unser Ding!
In einer winzigen Küche werkeln drei Leute, zwei supersteile Treppen führen hinauf aufs Dach.
Wir erwischen den letzten Platz, direkt neben der hammerlauten GBL – Box, die hier für Partystimmung sorgt. Martin besorgt Bier.
Heute hat unser Freund Hugo Geburtstag. Wir senden ein Glückwunschfilmchen vom Dach und prosten ihm zu. „Alles Liebe zum Geburtstag, lieber Hugo!“ Diesmal feiern wir leider nicht zusammen, so wie in den letzten zwei Jahren in Griechenland. Das man aber auch nicht gleichzeitig an mehreren Orten sein kann! „Scotty! Beam us up! “
Auf dich, lieber Hugo! Prost!
Schmeckt wie Kölsch, ehrlich gesagt. Ziemlich abgestanden….
Schauen wir doch mal, wo die Rappelkiste inzwischen rumschippert.
WHAT?! Die ist ja schon fast da!!
Darauf gönnen wir uns noch ein Bier, diesmal ein landestypisches, ein IPA. Martin holt Nachschub.
Öhaahrr, das schmeckt nach Grapefruitbier.
Die Dachterrasse füllt sich, Leute bestellen Essen, schleppen ihre Matetassen und Thermoskannen mit sich rum, die Stimmung steigt.
Sonntag in Montevideo, fantastisch!
Zwei Stunden später balancieren wir die steilen Treppen wieder hinab.
und stellen uns in die Schlange vor den baños
So sieht es bei den Damen aus
Eine klasse Bar, wir kommen wieder!
Der Flohmarkt wird langsam abgebaut, durch die Seitenstrassen schlendern wir zum Appartment.
Na? Noch ´ne fette Wurst mit auf den Weg? Martin hält ein Pläuschchen mit einem netten Mercedesfahrer.
Dann ist da noch dieser Toyota. Ja, der fährt noch.
„Hier sind die, die es wissen!“ prangt am Boxclub
Ziemlich müde, wir beide. Erstmal hinlegen und ausruhen.
Um kurz vor 17 Uhr entern wir die Dachterrasse. Oben treffen wir die beiden Schweizer, die auch auf ihr Auto warten, sie winken aufgeregt.
„Das Schiff läuft gerade ein!“ WAS?! WO? WO? WO?
Das nennt man perfektes Timing! Eine Riesenfreude auf dem Dach, alle sind sehr aufgeregt! Hurra! Unser Schiff ist da! Gebannt beobachten wir, wie sich die Grande Buenos Aires an den Kai schleicht und anlegt. Direkt vor unseren Augen!
Dirk kommt auch rauf und freut sich mit uns.
Eine Stunde lang behalten wir das Schiff im Auge, aber es passiert nix mehr.
Wir gehen runter, kochen was Feines und dann ist Feierabend. Ein perfekter Sonntag!
Mindestens drei Tage wird es dauern, bis wir Rappelkiste abholen können. Also bummeln wir wieder durch die Stadt. Diesmal zum Mercado Agricola – angepriesen als „eine der Top Sehenswürdigkeiten Montevideos“
Die großen Bäume sind dicht mit Phytoparasiten<– krasses Wort – bewachsen.
Mercado Agricola – die Markthalle. Erbaut 1906, top durchrestauriert.
Innen kein bißchen Flair, keinerlei nostalgische Atmosphäre, jeglicher Charme verloren.
An einer Bar gibt es Oktober-Festbier. Die Läden sind weiß und kalt ausgeleuchtet, die Gastro ungemütlich, wie in der Bahnhofshalle.
Aber das Gemüse ist sehr gut und nicht so sehr teuer. Wir kaufen ein. Und dann raus hier.
Irgendwo in Montevideo muss es doch ein Café – und Kneipenviertel geben? Palermo soll das Ausgehviertel sein.
Diese hübschen rostbraunen Vögel hüpfen hier überall herum und zeigen wenig Scheu. Auf dem Weg wieder Art Déco vom Feinsten. Das American Cine hat eindeutig bessere Tage gesehen.
Die vielen Hauseingänge führen in unterschiedliche Stockwerke
“ Die Dachbar ist gleich um die Ecke!“ entdeckt Martin. Hurra, das kommt genau recht. Die Füße sind schon etwas lahmgelaufen.
Auf uns wartet eine große Enttäuschung. Die Bar hat geschlossen. Tatsächlich hat sie nur Sonntags geöffnet. So ein Mist!
Weiterlaufen durch Palermo
Die meisten der wunderschönen Kolonialhäuser sind in sehr schlechtem Zustand. Ein falsch verstandener Denkmalschutz mit unsinnigen Auflagen verhindert, das die Menschen Geld in ihre Häuser investieren, erzählt uns Dirk. So werden viele, viele Häuser in den nächsten Jahren verfallen. Überall dasselbe Problem mit den Denkmalschützern. Kein Gefühl für Erhalt durch eine zeitgemässe und bezahlbare Modernisierung. Schade drum.
Dafür gibt es tolle Spielplätze. Na, hier spielt doch jedes Kind gerne…
Besser als nix.
Martin checkt mal, ob Eduardo sich schon gemeldet hat. Können wir Rappel morgen abholen? Nein, nichts…
In Palermo gibt es viele Restaurants und Bars, aber fast alle haben geschlossen. Wir sind zu früh dran. Moment mal, den Hirsch kennen wir doch?
Das „Bremen“. Bar Aleman. Leider auch geschlossen, wir haben kein Glück heute.
Die Füße tun weh, der Rucksack wird immer schwerer. Laut Mapout sind wir heute 13 Kilometer gelaufen, das reicht jetzt aber wirklich.
Wir wollen nur noch nach Hause.
Ein kurzer Check von der Dachterrasse: die Grande Buenos Aires wird noch entladen.
Für uns ist Feierabend für heute.
Liebe Grüße, bis bald!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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