Auf der alten Brücke von Pont-St. Esprit ist alles abgesperrt. Eine überlebensgroße Skulptur hängt an einem Kran und wird über das Brückengeländer gehievt. Wir laufen zur Brücke und schauen uns das näher an. Aha, wie eine riesige Gliederpuppe. Hm…wieso und warum? Das können wir leider nicht herausfinden.
Als wir zur Weiterfahrt starten wollen, bemerken wir, daß wir unsere Laufschuhe und Socken draußen im Regen stehengelassen haben. Super.
Ein elendes Wetter. Über schlammige Kieswege und durch tiefe Pfützen gondeln wir zurück zur Hauptstrasse.
Wir fahren heute nicht weit, ca 60 Kilometer bis Collias. Dort kann man ganz wunderbar am Ufer des Gardon stehen. Unterwegs halten wir zum Einkauf bei „4 Chemins“, einer Winzerei, die wir schon länger kennen. Erste Weinkartons wandern in den Steyr. Die Sonne setzt sich durch, im Licht glänzen die nassen Platanenstämme. Enge Ortsdurchfahrten, kleine Schulkinder quetschen sich neugierig ans Schultor, als wir langsam vorbeirollen.
In Collias sehen wir von der Brücke aus einen der Parkplätze am Gardon. Leer und verwaist bis auf ein paar Paddelboote. Gesperrt für uns. Oje……. Und was ist mit den anderen Plätzen? Wir fädeln uns hinter der Brücke durch die enge Zufahrt zum Fluss. Nix geht mehr, alles ist abgezäunt und mit Paddelbooten belegt. Erst ganz am Ende könnten wir stehen. Für 0,70€ /15 Minuten. In den letzten Jahren hat sich das alles sehr verändert.
Adieu, Collias, das war´s, schade.
Wir fahren ein paar Kilometer weiter durch die postkartenreifen Alleen, an Kürbis- und Weinfeldern vorbei. Kurze Zeit später biegen wir ein in die Altstadt von Uzès, einem unserer Lieblingsorte in der Provence.
Auf dem Weingut St.Firmin stellen wir die Rappelkiste ab. Die Weine von St.Firmin gehören zu unseren absoluten Favoriten. Gut, das schon später Nachmittag ist, da können wir direkt zur Weinprobe gehen. Heute probieren wir nur den Rosé und werden nicht enttäuscht. Erstklassig! Wir nehmen gleich mal eine gut gekühlte Flasche mit und machen es uns in der Sonne gemütlich. Ist das schön! Noch ein Gläschen? Oh, schon leer die Flasche…holen wir noch eine? Klar!
Fernes Donnergrollen ist zu hören und Wetterleuchten zuckt über den Himmel. Eine tiefdunkle Wolkenwand schiebt sich vor die Sonne. Besser, wir räumen mal Tisch und Stühle rein. Kaum ist alles verstaut, fallen die ersten Tropfen. Perfektes Timing.
Den Morgen beginnen wir mit frischen, zart knisternden Croissants und Kaffee vor dem Café de l´hotel. Wir sehen den Flaneuren zu und freuen uns, hier zu sein.
Den Nachmittag verbringen wir in der Sommerhitze auf dem Weingut in den Liegestühlen unter der Markise. Am frühen Abend gehen wir wieder zur Weinprobe, blanc et rouge sind heute dran. Spitzenweine! Einfach umwerfend, was in Frankreich aus Traubensaft hergestellt wird.
Die freundliche Chefin erinnert sich an die Rappelkiste und uns. Sie erklärt viel zu den Weinen, spricht für uns extra langsam und deutlich, damit wir sie verstehen können. Wir machen einen großen Weineinkauf.
„Jái un compte“ verkünde ich stolz, „ich habe hier ein Konto“. Wir bekommen noch Prozente und eine Flasche Wein extra geschenkt. Glücklich schieben wir die Sackkarre mit den Kartons zum Steyr.
Plop! Der Korken gleitet aus der Roséflasche. Dazu etwas Baguette, Olivenöl und Oliven von Dimitris‘ Mutter aus Griechenland. Es ist so warm, alle sitzen noch vor ihren Womos, trinken Wein und plaudern. Gegen 23 Uhr räumt jeder langsam zusammen. „Bonne nuit“ rufen wir rüber zu den Nachbarn – „gütt nahh“ antworten sie fröhlich.
Samstag ist Markttag. Die Märkte in der Provence sind wirklich etwas ganz besonderes. Die Stände ziehen sich durch die gesamte Altstadt. Die Gassen voller Menschen, viele mit den typischen großen Stroheinkaufstaschen, ganz klassisch. Das Angebot ist riesig: farbenfrohe Kleider, duftende Seifen, Olivenholzgeschirr und Plastikkram, bunte Bänder, Stickgarne, dekorativ geschichtetes Gemüse, Gewürze, Lavendel, frischer Fisch und der Käse! Nicht nur aus Traubensaft – nein, auch aus Schafs- und Ziegenmilch werden in Frankreich absolute Köstlichkeiten hergestellt! Wir probieren hier und da, bummeln durch die Stände und packen unsere Einkaufstaschen voll.
Alles und noch mehr besorgt, jetzt setzen wir uns vor´s Café de l´hotel. Hier ist ebenfalls mächtig was los, wir müssen etwas auf einen freien Tisch warten. Der Chef begrüßt uns: „Deux Cafés decaféinés?“ Er kennt uns schon. „Non, Monsieur, deux Rosés s‘ il vous plait…“
Am Nachbartisch lassen sich die Herrschaften frische Austern vom Marktstand gegenüber servieren. Hinter mir sieht man die strenge Chefin, Madame la patronne. „Encore deux, s‘ il vous plait…“ Wir nehmen noch ein Gläschen….
Der Markttag ist vorüber. Als wir zurücklaufen, schmilzt das Eis der Fischverkäufer auf dem großen Platz, die leeren Gemüsekisten warten ordentlich gestapelt auf Abtransport. Die Gassen leeren sich, langsam kehrt wieder Ruhe ein.
Ermattet sinken wir bei der Rappelkiste auf die Liegen, die Markise spendet Schatten. Ausruhen…..
Sonntagmorgens, die Croissants unserer Lieblingsbäckerei sind immer schnell ausverkauft, deshalb ziehe ich schon früh los. Und bin trotzdem zu spät – es gibt keine Croissants mehr. Mist! Aber nebenan bei Deschamp gibt es noch und ich nehme noch ein paar köstlicheTartelettes dazu.
Nach Kaffee und Croissants spazieren wir in die Stadt. Die Geschäfte sind offen und die Cafés voll. Eine herrliche Stimmung. Auf dem großen Platz ein Büchermarkt. Ich probiere ein paar Kleider und kaufe. Die Leute flanieren, jung und alt in bunten Sommerfarben, topmodisch, eben très chic!
Irgendwann landen wir wieder im Café de l´hotel. Wir kommen mit Jean-Claude und Mahmed ins Gespräch, beides Stammgäste. Jean-Claude spricht gut deutsch und wir plaudern sehr nett. Ein perfekter Sonntagnachmittag.
Überhaupt wieder ein wunderschönes Wochenende in Uzès. Hier hat sich zum Glück nichts zum Nachteil verändert.
Montags haben die Bäcker geschlossen. Kein französisches Frühstück. Wir räumen mal auf, verstauen unsere Einkäufe und rollen mittags vom Hof des Weinguts.
Adieu Uzès, a bientot!
Nur ein paar wenige Kilometer und wieder über die Rhone. Weit oben auf einem Hügel liegt La-Garde-Adhemar. Ich weiß gar nicht mehr, seit wie vielen Jahren wir diesen kleinen Ort schon besuchen. Zügig schlängeln wir uns die engen Serpentinen empor und parken am Fussballfeld.
Abends schlendern wir durch die altbekannten Gassen. Ein kluger Denkmalschutz ermöglicht den Umbau der alten Häuser auf eine sehr gute Weise. Zum Beispiel ist in einem Haus ein bodentiefes Fenster eingebaut worden, aber mit dem typischen steinernen Fensterkreuz. Zeitgemäßer Wohnkomfort im alten Stil.
Es ist nichts los, Montags machen alle Pause. Der TGV donnert unten durchs Rhonetal. Martin sagt: „Vielleicht sollten wir morgen den TGV nach Paris nehmen und uns den verhüllten Arc de Triomphe ansehen.“ Christos letzte Kunstaktion ist posthum in die Tat umgesetzt worden. Die Reichstagsverhüllung damals in Berlin hat uns unglaublich gut gefallen. Eine klasse Idee! Mal sehen…
Morgens machen wir einen Gang durch die Steineichenwälder und bewundern vor der Stadt ein wahres Schmuckstück: einen Renault Alpine Berlinette.
Ein Auto, in das man nicht einsteigt, sondern das man sich eher überzieht.
Wir verlassen das Fußballfeld und kurven wieder bergab ins Tal. Statt nach Paris fahren wir nach Richerenche zur nächsten Weinprobe. Die Cave Le Celliers des Templiers erwartet uns mit hervorragenden Weinen. Ein paar Weinkartons passen noch in den Steyr. Auch hier haben wir ein Konto. Wir bekommen 1 Flasche Rosé Skonto und dann schenkt uns die freundliche Dame noch eine Magnumflasche vom Origine, dem besten Rotwein, dazu.
Über Nacht bleiben wir bei der Cave stehen. Morgens bringen die Winzer ihre Anhänger mit den frisch geernteten Trauben, glänzend vom Morgentau. Wir fahren weiter Richtung Apt durch die wunderbare Landschaft der Provence. Überall dröhnen die gewaltigen Erntemaschinen durch die Weinfelder. Riesige LKWs transportieren die Reste aus den Weinpressen, der rote Saft läuft vom Hänger auf die Strasse. Hoch oben thront das Chateau du Barroux, wir sehen die Spuren der diesjährigen Waldbrände. Weinreben, Sonnenblumen, Lavendel und über allem dieser stahlblaue Septemberhimmel.
Am Ortseingang von Apt entdecken wir einen Münzwaschsalon mit großem Parkplatz. Na, das passt ja prima! Da haben wir erstmal was zu tun.
Bis später, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: rappelkisteberlin
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