Kräftige Windböen, Regenschauer, Gewitterblitze, unser Schiff, die Europa Palace, legt ab. Im Hafen von Ancona ist das Meer noch relativ ruhig. Die raue Sturmsee kommt erst noch. Unser Begleitboot dreht ab, wir verlassen den sicheren Hafen. Jetzt geht´s los!
Wellen schlagen hoch an die Kaimauer, das Schiff rollt von links nach rechts und mit ihm wir Passagiere. Alle laufen in Schieflage.
Wir bestellen noch ein Bier.
An Deck wird es zunehmend ungemütlich, es zieht wie Hechtsuppe. Das wir im Matrosengang zu unserer Kabine schwanken, liegt nicht etwa am Bier, sondern an der rollenden See.
Alles gut, das Geschaukel macht uns keine Probleme. Wir fühlen uns wohl und gehen nach dem Abendessen nochmal an Deck.
Es ist nass, extrem windig und glatt, Gischt weht über die Planken. Später wird per Durchsage davor gewarnt, rauszugehen.
Wir verziehen uns in die Bar mit der Spiegeldecke und trinken noch einen Absacker.
Ein paar Leute haben hier ihr Nachtlager aufgeschlagen, da haben wir es in unserer Kabine mit eigenem Bad deutlich gemütlicher. Um Mitternacht gehen wir zurück und schlafen sehr gut.
Im Morgengrauen weckt uns das stärker werdende Schiffsgetorkel. Die See ist ruppiger, die Wellen prallen mit Donnerschlägen an die Bordwand, manchmal erzittert das ganze Schiff. Draußen Blitz und Donner – nee, da drehen wir uns einfach nochmal um und verschieben das Aufstehen. Um 9 Uhr hat sich das Unwetter verzogen und als wir zwischen Lefkada und Kefalonia durchfahren, wird der Himmel blau. Hellas, wir freuen uns sehr wieder da zu sein. Segelboote kreuzen auf dem Wasser, die weißen Segel leuchten in der Sonne. Noch 5 Stunden bis Patras.
Bei zunehmend miesem Wetter laufen wir in den Hafen von Patras ein.
Diese Schiffschaukelüberfahrt haben wir sehr gut überstanden. Jetzt ist es klar: wir sind seefest!
Auf zur Grenzkontrolle. Der QR-Code unseres Einreise-Formulars hat ein fettes V aufgedruckt = Vaccinated. „Welcome to Greece, take the right lane!“ Der Grenzbeamte schickt uns direkt durch, andere müssen zum Test in die linke Spur. Yassas Hellas!
Zuerst steuern wir unsere Lieblingstankstelle an. „Hello my friends, welcome back!“ werden wir begrüßt – einmal volltanken bitte! Auf der Hauptverkehrststrasse laufen bettelnde Kinder zwischen die heranrollenden LKWs, wir sehen das mit Schrecken.
Aus dem Radio dudeln die griechischen Herzschmerz Lieder, die Scheibenwischer ackern, doch je weiter südlich wir fahren, desto mehr kommt die Sonne raus.
Ankommen. Am besten mit einem Besuch in unserem Lieblingsrestaurant am Strand. Kalí órexi! Guten Appetit!
Kaum zu glauben, wie warm das Meer noch ist. Wir fahren nach Elea. Gespannt wie voll es dort ist. Auf der Fahrt leuchtet plötzlich das Kontrolllämpchen der Bremse auf. Das ist gar nicht gut! Kleiner Test….Bremse funktioniert. Aber darum müssen wir uns gleich kümmern.
Am Strand von Elea die Überraschung:
es ist leer. Total leer. Als ob die Polizei hier gerade den Strand geräumt hätte.
Ahh, in Nähe der Wasserstelle stehen ein paar Camper, ansonsten bleibt es traumhaft leer, wir steuern zu unserem altbekannten Platz. Kurz davor sichten wir Arne und Pätti, die wir seit 2 Jahren immer wieder in Griechenland treffen- große Freude! Nach einem kurzen Bad in den hohen, warmen Wellen sitzen wir glücklich vor unserer Rappelkiste. Das Meer leuchtet in hellem türkis. Näh, wie isset schön!
Die Ausläufer der Unwetter über Italien treffen uns natürlich auch hier. Eine Hälfte des Himmels ist noch blau mit weißen Wölkchen, auf der anderen schieben sich dunkel-bedrohliche Wolkenberge heran. Gerade haben wir unsere Sachen vorsichtshalber reingeräumt, da bricht ein so heftiger Wind los, daß wir unsere große Tür fast nicht mehr bändigen können. Zu zweit müssen wir sie festhalten, so sehr zerrt der Wind daran. Kaum drinnen, prasselt der Regen los! Top timing!
Es klopft, Arne hat sich durch´s Unwetter gekämpft. Es wird ein wunderbarer, lustiger und langer Abend, später kommt Pätti dazu und wir plaudern bis wirklich tief in die Nacht.
In den nächsten Tagen braut sich am Himmel immer wieder was zusammen. Morgens ist es noch sommerlich warm, wir gehen schwimmen, sitzen in der Sonne, dann kommt wieder Gewitter. Liegestühle raus…..und wieder rein. Und wieder raus? Und wieder rein….Regen, Sonne, Gewitter, Sonne.
Martin kümmert sich um unser Bremsenproblem: der Bremsflüßigkeitsbehälter ist fast leer. Irgendwo muss ein Leck sein. Die Nachbarn helfen aus mit Flüßigkeit, wir machen eine Probefahrt. Der Himmel braucht keine 5 Minuten, um von strahlender Sonne auf strömenden Regen umzuschalten….
Nach 3 Kilometern leuchtet das Lämpchen wieder auf. Gerade haben wir Glück, der Regen macht eine kleine Pause. Der Behälter ist wieder leer. Martin robbt unters tropfnasse Auto, wischt alles trocken und sucht die Leitung ab.
Da! Gefunden! Ein ziemlich großes Loch. Bei der nächsten Tankstelle kaufen wir Flüßigkeit nach, dann wird das Leck provisorisch mit wasserdichtem, selbstverschweißenden Tape abgedichtet. Noch mehrere Lagen Gaffatape drüber, so hält es hoffentlich bis zur nächsten Werkstatt.
Kaum fertig, kommt der nächste Regenguß. Aprilwetter im Oktober. Wir steuern zur nächsten LKW Werkstatt. Nette Leute, aber es ist Samstagnachmittag, der Mechaniker ist erst Montag wieder da. Also dann bis Montag. Zurück zum Strand, gebremst wird nur noch mit der Handbremse. Wochenende.
Wir bleiben ständig in Bewegung, kaum haben wir die Stühle raus, müssen sie wieder rein. Während der Sonnenstunden knippert Martin unsere Kühlerfigur wieder an und fährt mit der Dax herum. Wir machen Spaziergänge, besuchen das Boot, dessen gesamtes Oberdeck fehlt, nur das Steuerrad hält noch tapfer den Wellen stand. Ein paar Leute überschätzen die Geländetauglichkeit ihres Wohnmobils und fahren sich im nassen, weichen Sand fest. Wir ziehen 3 Womos raus. Warum man überhaupt mit so einem Fahrzeug abseits der Wege in den Sand fährt, ist uns ein immerwährendes Rätsel.
Das Gute an schlechtem Wetter sind die dramatischen Sonnenuntergänge. Wir sitzen abends wieder vor unserem Lieblingsprogramm.
Der Dreiviertelmond lugt durch die Wolken. Unsere Telefone schlagen plötzlich Alarm: das griechische Ministerium sendet uns eine Unwetterwarnung für die kommende Nacht. Aber noch ist der Abend trocken und mild.
Ab Mitternacht tobt der Sturm ums Auto. Tosende Brandung, so laut, als ob sie gleich über die Dünen bricht.
Morgens sind alle dunklen Wolken weggeblasen. Es ist Montag, aber fahren wir nicht in die Werkstatt, denn erstens haben wir ausnahmsweise einen kompletten Sonnentag mit Bikiniwetter und zweitens habe ich Geburtstag. Wenn die Rappelkiste steht, muss sie auch nicht bremsen. Ein herrlicher Tag!
Beim Abendspaziergang sehen wir, daß die hohen Wellen weite Teile des Strandes weggewaschen haben. Eine 1,5 Meter hohe Abbruchkante ist entstanden, wir entdecken ein leeres Schildkrötengelege.
Am nächsten Morgen fahren wir sehr langsam, ein bremsen möglichst vermeidend, zur Werkstatt. Der Mechaniker kriecht unter die Rappelkiste und baut die Leitung aus. Anschließend fährt der Kollege davon und läßt das Röhrchen in der Werkstatt gegenüber hartlöten. Einbau, Dichtigkeitsprüfung, Entlüftung, alles gut! Schnelle Sache. Übrig bleibt eine Lache Bremsflüßigkeit, ein paar Kabelbinder und ein alter Lappen. Das tritt sich irgendwann fest oder so. Na, den Lappen und die Kabelbinder können wir ja mitnehmen….
Super, wir bremsen wieder!!
Morgens liege ich mit der Kamera auf der Lauer. Hinter mir geht die Sonne auf und färbt die Wolken orange. Dazu kommt ein fantastischer Regenbogen vor die Linse….
Es ist der Regenbogen vor dem nächsten Gewitter, ich warte auf die Blitze…..DA!
Wieder beginnt ein Regentag, boah, das wird jetzt aber anstrengend…..
Jede trockene Minute nutzen wir, um draußen zu sein. Als es wieder anfängt zu tröpfeln, streiken wir! Nein, wir gehen nicht rein! Nein, dann werden wir eben nass! „Singing in the rain!“ Das hört doch bestimmt gleich wieder auf, oder…..?
Patschnass geworden kapitulieren wir….dann wenigstens noch Sonnenuntergang
Jetzt sollten wir es aber langsam überstanden haben. Die Aussichten für die nächsten Tage sind sonnig und warm. Das Meer hat noch 24 Grad, aber hier in Elea sind nach dem Sturm die Wellen zu hoch und die Strömung zu stark, um schwimmen zu gehen. Zeit für einen Ortswechsel: wir fahren nach Gialova.
Liebe Grüße, bis bald
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: rappelkisteberlin
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