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Die Zivilisation hat uns wieder. Assa ist nicht mit den Städten an der Küste zu vergleichen. Hier gibt es kaum Tourismus, die Stadt ist schmucklos.
Wir parken am Hauptplatz, es ist heiß, sofort versammeln sich Kinder um uns. Sie sind eher schüchtern, nicht aufdringlich und total begeistert von Shina. Nur zu nahe dürfen sie nicht kommen, Shina bellt, springt auf sie zu, die Kinder erschrecken und bringen sich schreiend in Sicherheit!
Ein Marokkaner spricht uns in sehr gutem deutsch an. Saaid hat ein Camp außerhalb von Assa, falls wir übernachten wollen. Das wollen wir nicht, aber einfach nur – „Nein, danke“ – sagen reicht diesmal nicht. Sehr höflich, freundlich, aber hartnäckig spricht er weiter und es wird tatsächlich interessant ihm zuzuhören. Er erzählt von der Familie, den Kindern, wie sie das Camp aufgebaut haben, wie er deutsch gelernt hat, was heute abend gekocht wird und so weiter, wir sind eingeladen, von Herzen. Ich frage, was heißt denn: “ wieviel kostet das?“ auf arabisch. „bsch-hal“ sagt Saaid und bringt mir noch die Zahlen von 1 bis 20 bei, ich kann mir aber nur 2, 4, 8, 10, 11 und 12 merken.Da vorne im Café sitzt er, falls wir irgendeine Frage haben, er hilft gerne. Reden können die Marokkaner!
Wir verabschieden uns, gehen zur kleinen, etwas düsteren Markthalle. Drinnen wartet eine echte Herausforderung: rechts sind die Fleischer, Ziegenkadaver hängen mit durchschnittener Kehle kopfüber an Haken, manche mit Fell, andere abgezogen. Auf einem Tisch in der Mitte liegen Eingeweide, auf dem Boden auch. Es riecht dementsprechend und es ist schmutzig. Auf dem Bodengulli steht ein großer Eimer mit Gedärm, ein nackter, riesiger Tierkiefer schaut oben raus. Ziegenbeine vom Huf bis zum Knie liegen aufgestapelt auf einem Tisch. Auf der linken Seite sind die Gemüsehändler, aber Gemüse kaufen macht bei dem Geruch keine rechte Freude….schnell wieder raus an die Luft! Draußen finden wir noch andere Gemüsehändler, unter anderem packen wir 3 kg Orangen für 0,80€ in unsere Taschen. 12 Eier gibt es für 11 Dirham (ca 1,10 € )was kostet denn dann ein Ei? Egal….
In einem kleinen Laden erstehen wir frische Milch. Ich bringe mein gelerntes arabisch an und sage forsch: „bsch-hal?“ Kurz stutzen die beiden Verkäufer, dann fangen sie an zu lachen, „bsch-hal! bsch-hal! “ rufen sie, „combien! combien!“ (wieviel! wieviel!) und freuen sich. Als ich noch „Aschrá, Dasch, Nasch – 10, 11, 12“ sage, sind sie ganz hin- und weg! Stimmung!
In einer winzigen Patisserie kaufen wir bei einem schüchternen, freundlichen Bäcker viele, viele Kekse, danach setzen wir uns vor einen Imbiss, bestellen Essen und nach nur einer Stunde Wartezeit gibt es Bohnensuppe und Pommes.
Noch Diesel und Wasser tanken, dann verlassen wir die Stadt. Die Leute in Assa waren interessiert, aber nicht aufdringlich, die Kinder neugierig, aber in Ordnung, hat uns gut gefallen.
25km später biegen wir ab auf eine Steinpiste, die diese Bezeichnung wahrhaft verdient! Die Fahrspuren sehen relativ glatt aus, sind aber ausgesprochen schaukelig. Im Zeitlupentempo fahren wir einige Kilometer, dann finden wir einen guten Übernachtungsplatz am Fuss eines Berges mit Burgruine auf dem Gipfel. Die Grabstätte eines Marabou, eines überregional verehrten Gelehrten, befindet sich in der Nähe. Es ist warm, kein Wind mehr. Wir sind wieder allein in der Landschaft.
2 km fahren wir am nächsten Morgen, da sehen wir einen Brunnen – stop! Den müssen wir genauer untersuchen. Das Wasser schmeckt sehr gut, glasklar und leicht warm fließt es aus dem raufgezogenen Eimer. Wir gießen etwas in den Trog für die Tiere, aber der Trog hat leider ein Loch….
3km weiter der nächste Stop: ein großer Lkw Reifen liegt am Rand, hergestellt 2016, bestimmt von einem Offroad-Lkw, 3mal aufgeschlitzt, wie hat der Fahrer das hinbekommen? Die Steine auf der Piste sind rund und nicht spitz. Wir rätseln….
Über große Wacker schwanken wir durch ein Flussbett, ein Pass wird überwunden, dann fliegen wir mit Tempo 40 über eine große Ebene. Wir erreichen ein weites Tal mit Büschen und Akazien. Es ist heiß, die Hitze flimmert über den Steinen. Noch einmal rasten wir an einem Brunnen.
Auf dem folgenden Weg passieren wir viele Nomadengräber, manchmal denken wir, wir fahren mitten durch einen Nomadenfriedhof. So vergeht der Tag, nachmittags halten wir Ausschau nach einem Übernachtungslatz. Die Elli fährt voraus, plötzlich biegt sie ab: Wolfgang hat einen großen, trockenen Baumstamm zum verfeuern entdeckt! Schnell wird der Stamm festgebunden und Elli schleppt ihn hinter sich her zu einer kleinen Baumgruppe.
Angekommen! Der zerkleinerte Stamm reicht für ein großes Lagerfeuer am Abend und wir besprechen, morgen zu bleiben.
Kein Wind, blauer Himmel, wir trinken erstmal Kaffee. Wolfgang putzt sein Schlamm-Motorrad, daß er vor einigen Tagen im Draa-Matsch versenkt hatte
und entdeckt, daß das Ventil vom Hinterrad abgerissen ist. Fahren kann er jetzt nicht mehr. Was für ein Glück, daß er es überhaupt zurück zur Elli geschafft hat! Martin holt die Blondie, die Honda Dax, düst ein bißchen rum. Die Männer packt wieder das Feuerholzfieber: mit der Akkusäge in der Hand saust Wolfgang auf der Blondie los und fällt die abgestorbene Hälfte eines Baumes.
Kommt zurück, Martin fährt los, bindet die Äste hinten an die Blondie und zieht alles zu uns rüber!
Dann fährt Alfred ´ne Runde, die Blondie hat heute richtig was zu tun! Alles fertig für ein großes Lagerfeuer…..
Vier Tage brauchen wir für die 63 Kilometer Piste durch die abwechslungsreiche Landschaft.
Icht ist unser Ziel, wir müssen auf den Camping, mal wieder Wäsche waschen. Keiner hat Lust dazu und wir zögern es noch etwas hinaus, schlagen kurz vor Icht in der Nähe eines Staudamms nochmal unser Lager auf. Ein kleiner See ist aufgestaut, Enten schwimmen und Frösche quaken, irgendwie unwirklich in dieser Gegend!
Am nächsten Morgen stellt unsere teure, große Trinkwasserpumpe die Arbeit ein. Das Ding ist fast neu! Wahrscheinlich läuft gerade die Garantie ab! Die Männer machen sich an die Reparatur, die Frauen sitzen im Schatten und plaudern….Eine Reparatur scheint nicht möglich, das Sch…ding ist kaputt. Martin baut unsere kleine Ersatzwasserpumpe ein, die er zum Glück mitgenommen hat. Die hat nicht soviel Druck, aber alles ist besser als nichts.
So, es hilft nix, 2 Tage Camping in Icht sind angesagt. Es ist heiß, der Platz Borj Biramane ist von zwei französischen Brüdern sehr liebevoll angelegt, es gibt ein schönes Restaurant mit Sonnenterrasse und wenn die vielen Bäume erstmal groß sind, wird es traumhaft sein. Wir geben ganz dekadent unsere Wäsche ab, setzen uns um 17 Uhr in die Sonne auf die Terrasse und trinken ein kühles Dosenbier! Ein extrem selten gewordener Hochgenuß! Unsere Biervorräte sind schon lange erschöpft….Zum Abendessen haben wir einen Tisch im Restaurant reserviert, es gibt Tajine, Pommes und – eine Flasche Rotwein für Martin und mich!! Die Tajine ist sehr gut gewürzt, nur das in Marokko alles zu Matsch verkocht wird, ist nicht so unser Geschmack. Brigitte zaubert für jeden zum Nachtisch eine Mozartkugel aus ihrer Handtasche, wir wickeln sie alle wie Weihnachtsgeschenke aus, seltene Genüsse!
Ein starker, warmer Wind wirbelt am nächsten Tag große Staubwolken über den Platz, man kann nicht gut draussen sein. Unsere Vorratskammern sind leer. In Guelmim gibt es einen Marjane – Supermarkt und einen Alkoholdealer, den sogenannten „Whiskey- Juden“. Aber Guelmim ist 140 km weit weg…. 140 km fahren für Bier und ein Stück Käse? Aber sicher!
Nach zwei Nächten auf dem Camping, die uns mehr Geld gekostet haben, als die beiden letzten Wochen inklusive Diesel, machen wir uns gemeinsam mit Sylvia und Alfred auf den Weg. Brigitte gibt uns einen Einkaufszettel mit, wir werden die „Elli`s“ übermorgen in der Nähe von Akka wieder treffen.
Zum Schluss möchten wir liebe Grüße an Ingrid senden, die uns aus der Ferne begleitet, viel wertvolle Recherchearbeit für uns leistet und uns mit Rat und Tat unterstützt! Vielen Dank!
Bis bald, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Ingrid
Vielen Dank Ihr zwei, schön dass ich euch wenigstens virtuell begleiten konnte, ich hatte Freude daran. Euer Reisebericht gefällt mir sehr gut, es liest sich als wäre man dabei.
Viel Spass noch weiterhin mit Sylvia und Alfred.
Liebe Grüße Ingrid