Am Leuchtturm von Montevideo verbringen wir die erste Nacht wieder zuhause in der Rappelkiste und schlafen tief entspannt….
Morgens herrscht schon reger Betrieb. Ameisen haben sich eine breite Bahn geplättet und transportieren eifrig ihre Waren.
Die ersten Camper verabschieden sich. Einige fahren nach Brasilien, andere wollen zuerst nach Nordargentinien. Die meisten werden, genau wie wir, erstmal zum Paraiso Suizo fahren, einem Campingplatz etwa 80 Kilometer von hier. Dort können wir in Ruhe die Rappelkiste vom Verschiffungsmodus wieder in den Reisemodus versetzen.
Für die Verschiffung durften die Dieseltanks höchstens viertelvoll sein. Die erste Station ist also eine Tankstelle. Moment mal….viertelvoll? Martin schaut auf die Anzeige. Der große Tank ist fast leer! Da hat uns irgendein Lümmel Diesel abgezapft! Vielleicht im Hafen? Für den Zoll mussten wir den Tank unverschlossen lassen, sie wollten da noch reinleuchten. Na sowas!
An der kleinen Tankstelle dröhnt Salsa Musik. Sie haben nur „Cincuenta, cincuenta“ ….ääh, achso, 50er Diesel. Mehr Schwefelanteil, Rappelkiste ist das egal, die säuft alles. Fast alles.
Die Tankwarte sind sehr lustig. „Alemania? Inspector….der Alte!“ rufen sie. Der Alte?! Die Krimiserie aus den 70ern? Das die überhaupt noch jemand kennt! „Gutten tack!“ kichern sie und „Borussia Dortmund!“ Sie lachen sich kringelig. Da ist was los!
Das war schon mal prima! 1,10€/l kostet der 50er Diesel.
Weiter zum Gas tanken. Quer durch die Stadt. Die erste Station füllt keine Gasflaschen, aber sie erklären uns den Weg zu einer anderen Stelle und rufen dort auch gleich an, das wir kommen. Wie nett!
Mitten in einem Wohngebiet mit kleinen Häuschen befindet sich die Gastankstelle. Oder so etwas ähnliches. Der freundliche Mann macht erstmal ein paar Rappelkistenfotos, nimmt dann unsere deutschen Gasflaschen mit nach hinten.
Während wir warten, entdecken wir dieses Schild. Was mag es bedeuten?
Es ist verboten Kartons ins Auto zu laden? Oder: es ist verboten einen Benzinkanister über dem Auto auszuleeren?
20 Minuten später bringt der Mann unsere gefüllten Gasflaschen zurück. Prima.
Nächster Stop: der Géant Supermercado. Durch ein etwas heruntergekommenes Viertel fahren wir zurück zum Rio. Pferde grasen auf mülligen Wiesen, Leute wohnen in Zelten
Kleine Häusl ducken sich hinter Stacheldraht und Gittern. Aber hübsche Gärten haben sie.
Eine Weile düsen wir am Rio de la Plata entlang, dann verlassen wir das Ufer
Der Géant Supermercado überfordert uns völlig. Was für ein Durcheinander! Klopapier zwischen Konservendosen, Torten neben Essig und Käse bei den Putzmitteln. Ein paar Gänge weiter nochmal Konserven, diesmal neben Müsli. Und TEUER! HolladieWaldfee!
Wir suchen das Nötigste zusammen, sind schwer geschockt vom Olivenölpreis: der Liter für 22,-€. Das sind wir nicht gewohnt….
Weiter geht´s, bald stehen wir vor einer Mautstation. Nur mit Telepeaje, sowas wie ein Telepass. Oh….
Rechts am Rand eine Containerbude, wir halten dort und schauen mal, ob uns jemand weiterhelfen kann. Der Schalter dieser Bude ist geschlossen, aber DinA4 Blätter mit aufgemalten Pfeilen zeigen uns den Weg. Dreimal um die Ecke, da steht wieder eine Containerbude.
Hinter einem vergitterten Fenster sitzt eine freundliche Dame. Martin spricht in den Telefonübersetzer und schildert unser Problem. „Ah! No ticket! No Problem.“ Sie zückt ihrerseits das Telefon und erklärt uns, ebenfalls per ÜbersetzerApp, das sie uns bei Telepeaje registrieren wird. Fahrzeugdaten, Reisepassdaten, alles wird eingegeben. Dauert etwas, hinter uns wird die Warteschlange länger….Schließlich fragt sie, wieviel sie aufladen soll? Jeder Mautstreckenabschnitt kostet 2,97€. Bis Paraiso Suizo brauchen wir nur einen. Von einer Rolle reißt sie ein Aufklebepickerl ab, das kommt hinter die Windschutzscheibe. Finish!
„Muchas gracias!“ Als wir uns bei der Warteschlange entschuldigen, lächeln alle freundlich „No problem!“
Das Leben ist so angenehm wenn alle freundlich sind….
Und ? Geht die Schranke auf?
Si claro!
Von dort ist es noch eine halbe Stunde Fahrt
bis zur Einfahrt ins Paraiso Suizo. Der Name ist Programm. Die Gassen tragen Namen wie Zürich, Bern oder Genf, wie es scheint haben hier Exilschweizer ihr Paradies gefunden.
Jorge öffnet die Torkette, wir finden unser Plätzchen, die meisten, die wir vom Hafen kennen, sind schon da. Sylvia, die Chefin, führt uns herum, wir schnappen uns zwei kalte Bierchen.
Angekommen.
Martin tankt 100 Liter Wasser, wir räumen ein bißchen in der Rappelkiste auf, dann unternehmen wir einen Kurzausflug mit der Dax. Eigentlich zum Meer, aber das geht von hier aus nur über die Hauptstrasse. Nee, das ist uns zuviel heute.
Feierabend.
Heute ist mein Geburtstag, der 62ste.
Eigentlich wollten wir auf Kuba feiern. 1962 während der Kubakrise geboren, meine Eltern waren damals sehr besorgt über die Weltlage. Dann kam es glücklicherweise doch nicht zum vierten Weltkrieg. Mein 62ster wäre ein schöner Anlass gewesen nach Kuba zu fliegen. Passt gerade nicht, wir holen das nach.
Martin deckt den Tisch in der Sonne und zaubert ein super Frühstück mit frischem Orangensaft.
Sehr guter Anfang, doch es wird ein etwas anderer Geburtstag als sonst.
Statt mit Freunden Party zu feiern, arbeiten wir uns durch die Rappelkiste. Erstmal alles aus den Stauräumen und Verstecken wieder raus, schnell ist das Chaos perfekt.
Im Laufe des Nachmittags wird dann alles ordentlich zurück in die richtigen Fächer verteilt. Das Gleiche passiert übrigens in jedem anderen Camper um uns herum auch. Überall werden Kisten ausgeräumt, Verstecke geöffnet – alle haben ihr Werkzeug so gut wie möglich vor potentiellen Dieben versteckt. Eine lustige Räumerei.
Zwischendurch machen wir erste Bekanntschaft mit der hiesigen Tierwelt.
Schluss mit Arbeit – Feierabend! Martin versorgt mich mit einem schönen Getränk, ich genieße die Sonne, während er schon mal ein paar Schmankerl für´s Abendessen vorbereitet. Um mich herum hüpfen Bem-te-vis, Rotschopftangaren und Rotbauchdrosseln. Keiner will aufs Foto, Mist….
Dann ein Boule-Match.
10:7 für das Geburtstagskind! Bravo!
Gian von gegenüber spricht uns an: „ich glaube, wir sind uns letztes Jahr schon einmal in Griechenland begegnet.“ Wir überlegen kurz…klar! In Methoni! Ihr Bucher stand neben uns auf dem Parkplatz! Sie sind aber dann weitergefahren. Das ist ja lustig! „Euren Lkw erkennt man ja leicht wieder“ sagt Gian. Ihren Duro auch.
Bis zur Dämmerung sitzen wir noch draußen, dann serviert Martin mir ein exzellentes Geburtstagsabendessen, sooo gut! Ein schöner Tag. Danke!
Zurück zur Arbeit, seit den frühen Morgenstunden wird gewaschen. Was dauert denn da so lange?
Endlich hängt alles auf der Leine. Wir starten die Rappelkiste und fahren 30 Kilometer zum Tienda Ingles zum einkaufen. Vorbei an Altwarenhändlern. Diese wunderschönen alten Fenster! Wir würden sie am liebsten gleich mitnehmen…
Im Tienda Ingles finden wir alles, was wir brauchen.
Wieder zurück im Paraiso packt Martin den größten Karton aus, den wir heute gekauft haben. Was mag wohl darin sein?
Jawohl, wir haben uns S…ink geleistet.
In Südamerika ist die Netzabdeckung miserabel und wir wollen auf jeden Fall online sein. Also hinauf zu den Sternen….
Jorge hilft uns beim installieren. Gar nicht so einfach. 1000 Schritte führen zum Ziel
Läuft! Danke Jorge! Ohne deine Hilfe – keine Chance!
Sylvia hat uns etwas Sprit für die Dax abgegeben. Einem Ausflug steht nichts im Wege, wir wollen ans Meer.
Kurz über die Hauptstrasse, vorbei an Müll und schönem Schrott
Was für ein Strand!
So sieht sie aus: die andere Seite vom Atlantik! Irgendwo da drüben liegt Afrika.
Erste Wassertemperaturproben
Ar…kalt!
Aber Martin hält nichts zurück! Ab ins Wasser!
Wow! „Sehr erfrischend“ meint er. Brrrrrr……
Neben uns ziehen zwei Angler den Fang des Tages an Land
Uruguay soll noch viel schönere Strände haben. Die schauen wir uns dann irgendwann auch noch genauer an.
Zurück im Paraiso verlädt Martin die Dax, wir wollen morgen weiter. Über uns kreisen quietschgrüne Mönchssittiche. Martin schaut mal nach dem Lkw von Sabine und Thomas, da gibt es ein Problem mit der Druckluft.
Die abendliche Boulerunde später kann Martin für sich entscheiden. Ein warmer Abend, das Sternbild Skorpion steht am Himmel, so deutlich haben wir das noch nie gesehen
Also so ungefähr…
Rappelkiste steht bereit, morgen verlassen wir das Paraiso. Es geht weiter!
Liebe Grüße, bis bald!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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