Oberhalb des kleinen Fischerhafens von Kiveri stapeln sich Hotels, Ferienappartments und Tavernen mit Fernblick auf Nafplio. Die Promenade führt an den Klippen entlang in eine Sackgasse.
Der olle Kinderrollator steht da, wo er hingehört.
Die Lichter gehen an, Feierabend.
Morgens, kurz vor 7 Uhr. Immer noch dunkel….hm, komisch….Achja! Zeitumstellung! Sommerzeit, es wird eine Stunde später hell.
Wir brechen auf. Die Durchfahrt von Kiveri ist ziemlich eng, aber eigentlich unproblematisch. Es sei denn, ein Lkw kommt einem entgegen. Freundlicherweise weicht er zur Seite und hält. Wir zwängen uns ganz langsam vorbei, oh! Warte mal, das Stromkabel hängt auf unserer Seite zu tief über der Strasse! Eine Fußgängerin macht uns Zeichen, wir tasten uns langsam weiter voran….sie winkt, Daumen hoch, wir kommen durch. Das Kabel gleitet über die Rappeline.
Huch! Im Rückspiegel sehe ich, daß wir es doch irgendwo aus der Befestigung gerupft haben, nun hängt es noch tiefer über der Strasse….der andere Laster kann jetzt nicht mehr drunter durch. Peinlich….
Wir tuckern nach Korinth. Knietief stehen die Olivenbäume in hellem Gelb, zart rosa blühen Mandelfelder, Weinreben werden angebunden, hier wird Nemeawein angebaut.
In Korinth suchen wir als erstes den Waschsalon. Was für ein Glück, bewahrt er uns doch vor der nervigen Handwäsche.
Jetzt fehlt noch ein Platz zum Wäsche aufhängen. Das Wetter ist perfekt, Sonne mit Wind. Die Stadt ist, wie üblich, nicht besonders schön. Viele griechische Städte sind Erdbeben zum Opfer gefallen und wurden mehr funktionell als hübsch wieder aufgebaut. Immerhin gibt es eine große Fußgängerzone.
Der Strand von Korinth ist vermüllt, einer der Müllhaufen qualmt vor sich hin. Wir finden noch einen akzeptablen Platz und hängen die Leinen voll. Ein Paar führt seine drei Gänse spazieren, die Leitgans an der Hundeleine.
Nicht lange und alles ist trocken. Hier am Müllstrand wollen wir nicht bleiben. Gleich in der Nähe mündet der Kanal von Korinth ins Meer. Eine Piste führt entlang des Kanals, schnell ist ein schöner Platz gefunden.
Wir spazieren los, irgendwo soll eine Fußgängerbrücke sein, mit spektakulärem Kanalblick. Die Piste entlang, vom Kanal sehen wir noch nicht sehr viel. Gegenüber stehen einige alte Steyr im Depot. An jedem Abzweig Müllhaufen.
Unter einem Bunker wurde die Erde zum Teil abgetragen, er ragt über den Rand. Von unten betrachtet bleckt er die Zähne. Als mampft er den Erdhaufen in sich rein.
Kurz vor der Brücke landen wir auf einer Großbaustelle. Ende.
Im Januar 2021 kam es zu einem Erdrutsch, seitdem ist der Kanal für die Schifffahrt gesperrt. Das das auch die Fußgängerbrücke betrifft, haben wir nicht erwartet. Aus dieser Richtung erreichen wir sie jedenfalls nicht.
Also zurück. Wenigstens ein paar Ausblicke auf den Kanal können wir erhaschen. Laut blökend galoppiert eine große Schafherde auf uns zu, biegt aber kurz vor uns ab zum Stall.
Wir wandern vor zur Schwenkbrücke. Gruselig! Zwei schmale Fahrbahnen aus Holzplanken, in der Mitte ein Streifen für Fußgänger. Durch die Planken sehen wir runter aufs Wasser, es zittert, scheppert und klappert jedesmal, wenn Autos über die Brücke fahren….aber wir haben Blick.
Abends schreiben wir die türkische Reederei in Cesme an. Wir wissen immer noch nicht, ob sie Fahrzeuge in Rappelinegröße mitnehmen. Unser Plan von Piräus nach Chios zu schippern und von dort mit einer Fähre in die Türkei, steht noch. Fehlt nur noch diese Info.
Martin telefoniert mit unserer Kfz Versicherung. Der Steyr ist überraschenderweise nur im europäischen Teil der Türkei versichert. „Können Sie die grüne Versicherungskarte vielleicht für den asiatischen Teil erweitern?“ fragt Martin.
„Nein!“ ist die knappe Antwort. Vielen Dank! Und die Dax? Ist beim ADAC versichert, selbstverständlich auch im asiatischen Teil. Wir brauchen also eine Zusatzversicherung für den Steyr. Etwas Recherche, die günstigste wird uns 420,-€ kosten für 3 Monate. Hoppla! Mist…
Am nächsten Tag trödeln wir langsam weiter Richtung Piräus. Bisher keine Antwort von der Reederei in Cesme. Klappt das jetzt oder nicht?
Von der Strasse aus noch ein Blick auf den Kanal.
Unterwegs im Regen und in ziemlich scheußlicher Gegend, viel Industrie.
Zuerst parallel zur Autobahn, später dicht entlang der Küste.
Kurz vor Piräus halten wir. Was tun? Keine Nachricht von der Reederei. Wenn die uns nicht mitnehmen können, müssten wir von Chios wieder zurück nach Piräus schippern. Ein teures Vergnügen….
Zu unsicher. Unsere Entscheidung fällt, wir reisen über Land in die Türkei.
„Wo lang?“ fragt Martin. Oh! Die Navigatorin war kurz abgelenkt, muss schnell improvisieren und flux einen neuen Weg finden…“Ist eine Abkürzung“ sage ich auf den fragenden Blick von Martin, „jedenfalls könnte es eine sein….“
Dieses kleine Manöver beschert uns eine wunderbare Schluchtenfahrt zwischen schroffen Felsen, hinein in menschenleere, tiefe Wälder und bei Mandra auf eine Hochebene mit Blick.
Bis Erythres geht es durch das satte Grün hinunter
direkt in die Zerstörung durch die Waldbrände.
Wir schwenken nach Westen, weg von Piräus. Weingärten, Felder, die Strassen über weite Strecken geradeaus, selbst durch die Ortschaften. Im Gebüsch und an den Anhängern der Traktoren hängen Baumwollflocken. 80% der europäischen Baumwolle wird in Griechenland angebaut.
Am Horizont schimmert der Olymp. Wir sausen an Lavendelfeldern und am Abzweig zum Skigebiet vorbei.
19 Uhr 30, so langsam stellt sich die Frage, bis wohin wir heute fahren. Ich ziehe die Karte zu Rate. Lamia…da war doch was….ach ja! Heiße Quellen! Ein warmes Bad zum Feierabend? Perfekt!
Bald düsen wir auf breit ausgebauter Strasse zügig hinunter in die Ebene von Lamia.
Rechts kommt der Abzweig zu den heißen Quellen. Am Pistenrand einige geparkte Lkws, zwei Wachschutzleute stehen herum. Rechterhand ein heruntergekommenes Haus für Migranten oder Geflüchtete. Am oberen Ende vor dem Berg ein kleines Parkrondell.
Aus dem Felsen rauscht ein dampfender Wasserfall in ein aufgestautes Becken. Das Becken ist umzäunt, aber das Tor ist offen, zwei Frauen und ein Mann baden in der Strömung. Auf der Plattform lungern ein paar Spanner herum. Das lädt uns überhaupt nicht ein.
Aber zum übernachten ist es okay. Gleich nebendran ist ein riesiger, staubiger Parkplatz, auf dem mehrere Wohnmobile parken. Überal Dampf, um den halben Parkplatz herum läuft das warme Flüßchen. Wo stellen wir uns hin? Da hinten, etwas abseits.
Je näher wir kommen, desto mehr gehen uns die Augen auf: da ist ein Platz direkt vor einem Pool! Optimal!
Zack, parken wir dort. Nun fallen wir fast aus der Rappelkiste direkt ins warme Wasser! Eine Badewanne nur für uns alleine! Sofort die Badesachen an und hinein in die 38 Grad warme Wanne!!
Ein Paradies….
auch wenn über diesem Paradies der leichte Schwefelgeruch der Hölle weht….
Die Strömung ist stark, zieht einen regelrecht weg. Man kann dagegen anschwimmen oder sich festhalten, rumsitzen und genießen.
Später am Abend kommt die Sms der türkischen Reederei: – der Steyr ist eigentlich zu lang, aber man wird uns auf dem Schiff ankündigen und dann geht das schon – Das kommt zwar zu spät, ist aber eine gute Nachricht für die Zukunft.
Morgens um halb 9 sitzen wir schon wieder in der Dampfwanne.
Ich hab die wasserdichte Kamera dabei.
Es ist absolut herrlich…..
Stunden später steige ich mit Schrumpelfingern aus dem Pool, Martin hat Kaffee gemacht.
Bei all der Schwärmerei wollen wir nicht verschweigen, daß die Umgebung nicht besonders schön ist. Ein staubiger Riesenparkplatz direkt an der Hauptstrasse. Müll liegt am Ufer, den haben wir erstmal weggeräumt. Aber darüber sieht man gerne hinweg…
Mittags starten wir die Rappelkiste, genug gebadet. Der Weg bis zur türkischen Grenze ist noch weit.
Bis bald, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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